Wind der Traumzeit (German Edition)
aus schätzungsweise zwanzig Metern Entfernung und sagt mir ganz ruhig, was wir erwarten.«
Nora lächelte unwillkürlich. »Das hat Dr. Morrison natürlich schwer in seiner ärztlichen Überlegenheit getroffen, nicht wahr?«
Tom schüttelte den Kopf. »Ach, ich weiß auch nicht. Aber der Alte hat das bei verschiedenen Anlässen schon öfter mit mir gemacht, und er scheint einen Riesenspaß dabei zu haben, mich aus dem Konzept zu bringen.«
Nora nahm seine Hand und zog ihn zu sich heran. »Den hätte ich auch, das kann ich dir sagen.« Ihre Augen blitzten übermütig, während sie seine Hand drückte. »Also, heraus damit. Was bekommen wir? Einen Sohn oder eine Tochter?«
35
O bwohl der Wagen langsam fuhr, wirbelte er eine Menge Staub auf. Fluchend drosselte Sam das Tempo noch mehr und hielt schließlich hinter einem großen Busch an, der in einer Kurve des Weges stand. Er stieg aus. Vielleicht konnte man ja von hier aus schon das Haus sehen.
Er schaute sich um. Weit und breit war niemand unterwegs. Er streckte sich müde, denn der Flug und die anschließende Fahrt mit dem Mietwagen waren anstrengend gewesen. Er stapfte den Weg hinauf und blieb auf der kleinen Anhöhe hinter einem Baum stehen. Das Haus lag friedlich in der Nachmittagshitze. Niemand war zu sehen. Verdammt, wo waren alle? Selbst wenn sein Schwager Dienst hatte, müssten doch die Kinder umherlaufen. Wo steckte sein Sohn? Und wo war Caroline? Unruhig warf er wenig später einen Blick über die Schulter zurück. Der Weg hier schien die einzige Zufahrt zum Haus zu sein. Wenn jemand käme, würde er sein Auto sofort sehen. Er durfte keine Fehler machen, also wandte er sich um und beschloss, den Wagen so zu parken, dass ihn niemand entdecken konnte. Die Überraschung sollte auf seiner Seite sein. Er hatte zwar noch keine Ahnung, was er eigentlich tun würde, aber die Wut und die Enttäuschung, dass seine Frau einfach so mit Josh fortgegangen war, brodelten in ihm.
Mit einer Flasche Wasser bezog er wieder seinen Beobachtungsposten, wo er schwitzend beinahe zwei Stunden zubrachte. Dann duckte er sich ins Gebüsch, als er hinter sich ein Motorengeräusch vernahm. Ein Wagen rumpelte langsam an ihm vorbei und hielt vor der Veranda. Eine Frau und ein kleines Mädchenstiegen aus. War das seine neue Schwägerin? Die beiden lachten und scherzten miteinander. Gleich darauf lief die Gartenberegnung. Während die Frau mit einer Gießkanne die Blumen auf der Veranda versorgte, war das Mädchen im Haus verschwunden und kehrte mit einigen Büchern zurück. Beide setzten sich dann in den Schatten und blätterten in den Büchern. Sam verspürte Unruhe. Was, wenn er den weiten Weg umsonst gemacht hatte? Wenn Caroline und Josh überhaupt nicht hier in Cameron waren, sondern in Perth bei Catherine? Er zwang sich zur Ruhe. Jetzt war er schon einmal hier, nun würde er auch abwarten. Er duckte sich erneut, als die Frau nach einer halben Stunde aufstand und die Beregnung ausstellte. Dann schloss sie die Haustür ab, die beiden stiegen in den Wagen und fuhren wieder fort.
Erschöpft ließ Sam sich auf dem Boden nieder und lehnte sich gegen einen Baumstamm. Seine Augen brannten, und er nahm einen großen Schluck Wasser. Verdammt, er konnte hier nicht einmal ein Hotelzimmer nehmen. Das würde sich in diesem Kaff sofort herumsprechen.
Die Aussicht, womöglich die Nacht hier draußen verbringen zu müssen, stimmte ihn nicht gerade froh. Irgendwann mussten sie schließlich nach Hause kommen. Dann würde er sehen, ob Josh und Caroline dabei waren.
Doch als er mit schmerzendem Nacken am Morgen erwachte, hatte sich immer noch nichts getan. Still und verlassen lag das Haus unter den beiden großen Bäumen. Müde und verärgert musste Sam sich eingestehen, dass er umsonst hergekommen war. Seine Wut darüber wuchs mit jedem Kilometer, den sein Wagen auf der Straße zurücklegte. Dann waren sie also in Perth bei Catherine.
36
N ora saß neben Tom im Auto und sah aus dem Fenster, während der Geländewagen der schier endlos erscheinenden roten Piste folgte. Immer noch faszinierte sie das Outback und zog sie die Weite dieses Kontinents in ihren Bann. Und sie konnte nicht umhin, es auch immer noch lustig zu finden, dass diese halbwegs geglätteten roten Sandbahnen als Straßen bezeichnet wurden. Grüne Büsche und dünn belaubte kleine Bäume zu beiden Seiten des Weges säumten den Blick zum Horizont, wo sie ein knallblauer Himmel erwartete.
Sie dachte an den gestrigen Tag zurück
Weitere Kostenlose Bücher