Wind der Traumzeit (German Edition)
bestürzt.
»Wir müssen ihn suchen. Womöglich ist er mit dem Jungen schon auf dem Weg nach Cairns. Wer weiß, wie es in Queensland für Caroline mit dem Sorgerecht aussieht.« Er machte eine Pause. »Pass auf, Nora. Ich sehe zu, dass ich Jason zu Hause erwische. Vielleicht kann er mich hier eher ablösen. Du sagtest, Marie hätte das Auto gesehen? Kann sie den Wagen beschreiben? Wenn wir auch keine offizielle Polizeiaktion daraus machen können, so kann ich doch über den RFDS einen Funkspruch absetzen, dass die Flugzeuge der Umgebung Bescheid geben sollen, wenn sie ihn entdecken. Es ist schließlich keine Saison für Touristen und wenig los auf den Straßen. Wir könnten also Glück haben.«
Nora gab ihm Maries Beschreibung des Fahrzeugs und verabschiedete sich. Immer noch ernst, aber doch schon etwas zuversichtlicher griff sie nach ihrer Jacke und zog sie an. Ihr Schwangerschaftsbauch ließ es mittlerweile nicht mehr zu, sie zu schließen, also blieben die unteren Knöpfe offen. Sie sah sich im Spiegel und seufzte unwillkürlich. Dann straffte sie die Schultern und ging zur Tür. Bald war es geschafft.
Der Wagen fuhr immer weiter, und Josh setzte sich plötzlich unruhig auf. Cameron Downs hatten sie schon weit hinter sich gelassen.
»Dad, wohin fahren wir denn?« Er sah auf die Uhr. »Ich muss doch um vier zurück sein, wenn alle zu meiner Party kommen.« Sam unterdrückte seinen Unmut darüber, dass es Josh bereits jetzt schon nach Hause zog. »Freust du dich denn gar nicht, dass ich da bin und wir was unternehmen?«
Josh biss die Zähne zusammen und nickte. »Doch, natürlich.« Er sah aus dem Fenster. Sie fuhren in Richtung Broken Hill. Wenn sein Vater dorthin wollte, würden sie es nie pünktlich zurück zur Party schaffen.
Er schwitzte plötzlich, als ihm klar wurde, dass seine Mutter nichts von diesem Ausflug wissen konnte, denn die Party hätte sie niemals sang- und klanglos platzen lassen. Verstohlen musterte er seinen Vater, der ihm mit einem Mal ganz fremd vorkam. An der nächsten Tankstelle blieb er bewusst im Wagen, alssein Vater zur Toilette ging. Nachdem dieser außer Sichtweite war, nahm er sein Handy und wollte seine Mutter anrufen. Gleich darauf entdeckte er enttäuscht, dass der Akku noch nicht betriebsbereit war. Hektisch steckte er das Mobiltelefon wieder ein und sah sich um. Noch während er überlegte, ob er von der Tankstelle aus telefonieren könnte, kam sein Vater zurück. Sam beugte sich durch das geöffnete Fenster und sah Josh fragend an. »Willst du dir gar nicht die Beine vertreten?« Der Junge schüttelte den Kopf.
»Und Hunger hast du auch nicht? Wir könnten eine Kleinigkeit essen. Es sieht sehr nett da drinnen aus.«
Josh überlegte nicht mehr lange und stieg aus. »Doch, Hunger hab ich.«
Sam lachte und fuhr ihm durchs Haar. »Na dann komm. Du hast die freie Auswahl.«
Sie ließen sich an einem Tisch in einer Fensternische nieder und gaben schon nach kurzer Zeit ihre Bestellung auf. Während sie auf das Essen warteten, kam die Unterhaltung zwischen ihnen nur schleppend in Gang. Josh fühlte sich unwohl. Auf der einen Seite trauerte er in durchaus kindlicher Manier seiner Party nach, auf der anderen Seite spürte er fast so etwas wie Gefahr, die von Sam ausging. Wenn es auch keine körperliche Gefahr war, so hatte sein Vater doch dafür gesorgt, dass er, Josh, nicht mehr bei seiner Mutter war, bei der er sich immer sicher gefühlt hatte. Instinktiv ahnte er jedoch, dass es besser war, jetzt nicht nach ihr zu jammern. Er wusste durchaus noch, dass sein Vater sehr aufbrausend sein konnte.
Sie schauten auf, als ein riesiger Roadtrain ein wenig abseits anhielt. Der Fahrer, ein kräftiger Mann in Jeans und Cowboystiefeln, schlenderte auf das Lokal zu. Plötzlich blieb er stehen undbetrachtete Sams Wagen. Sam sah es und wurde aufmerksam. Dann ging der Fahrer weiter. Ehe Sam noch darüber nachdenken konnte, was das zu bedeuten hatte, wurde das Essen serviert. Hungrig machte sich Josh über seine Pommes frites her. Der Fahrer des Roadtrain kam herein und grüßte die Bedienung hinter der Theke. Sie schienen sich zu kennen und scherzten miteinander. Der Mann lümmelte sich auf einen Barhocker und bestellte etwas zu essen.
Sam hatte zwar bemerkt, wie still Josh geworden war, aber er hatte keine Ahnung, wie er die fröhliche Anfangsstimmung ihres Ausflugs wiederherstellen konnte. Zunehmend empfand er auch Verärgerung darüber, dass Josh es nicht mal ein paar Stunden ohne seine
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