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Wind Der Zeiten

Wind Der Zeiten

Titel: Wind Der Zeiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanine Krock
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später die flachen Stufen zum Salon hinab. Meine Röcke schleiften raschelnd hinter mir her. Gerade noch rechtzeitig fiel mir ein, die letzten Meter würdevoll zu schreiten, und mit einem Lächeln dankte ich dem Ghillie, der die Tür zum Salon weit aufriss und in schauerlichem Englisch ankündigte: »Miss Joanna Edgeworth aus Drogheda in Irland, Nichte von Lady Keriann, Gott sei ihrer Seele gnädig, und Cousine des Gleanngrianach selbst.«
    Gleich darauf beugte sich ein dunkel gekleideter Gentleman schnaufend über meine Hand und linste mir dabei unverfroren ins Dekolleté.
    Das ist also der Priester , dachte ich belustigt. Der Mann entsprach einigen gängigen Klischees, die über katholische Geistliche existierten. Lüstern und übergewichtig passte schon einmal, und dem Atem nach zu urteilen, war er einem nachmittäglichen Drink nicht abgeneigt; ich war gespannt, was noch kommen würde.
    Linkisch erhob sich auch der junge Lehrer und blickte mich dankbar an, als ich ihn freundlich begrüßte. Wahrscheinlich hatte er nach meinem Besuch in der Schule befürchtet, dass ich nicht gut auf ihn zu sprechen sei. Alans Erklärungen waren jedoch inzwischen auf fruchtbaren Boden gefallen, und ich hatte eingesehen, dass man behutsam vorgehen musste, wollte man eine so archaische Gesellschaftsordnung wie das Clansystem erfolgreich reformieren. Dem jungen Lehrer mochte die Weitsicht fehlen, doch er gab sich alle Mühe, es seinem Arbeitgeber recht zu machen und war lernwillig.
    Mary saß auf der vorderen Kante des Sofas und warf mir einen bittenden Blick zu.
    Hatte sie etwa den Auftritt, den sie nach Lachlans Kampf
hingelegt hatte, der gestrengen Gesellschafterin verschwiegen? Ich zwinkerte ihr zu, und Erleichterung zeichnete sich auf dem jungen Gesicht ab.
    Anabelle hatte diesen kurzen Moment gegenseitigen Einverständnisses glücklicherweise nicht bemerkt. Sie bemühte sich erstaunlicherweise um eine freundliche Miene, als sie mich begrüßte und gleich darauf dem Mädchen ein Zeichen gab. »Servier den Tee.«
    Mary gab wenig später Milch und Honig in eine flache Porzellantasse und schenkte den duftenden Tee überaus elegant ein. Sie reichte uns die Tassen, ohne einen Tropfen zu verschütten. In solchen Dingen war sie wirklich sehr geschickt, und entsprechend selbstbewusst wirkte sie dabei.
    »Ihr stammt aus Irland?« Der Priester beugte sich interessiert vor. »Dann nehme ich an, Ihr gehört ebenso wie die verstorbene Lady Keriann, Gott sei ihrer Seele gnädig, zur heiligen katholischen Kirche?«
    »So ist es.« Artig faltete ich die Hände im Schoß. Was würde jetzt kommen?
    »Ich habe Euch beim Gottesdienst vermisst.«
    Das ließ sich leicht erklären. »Ich war verletzt und konnte den Weg ins Dorf nicht zurücklegen.«
    »Sehr bedauerlich, aber wie ich sehe, geht es Euch nun besser. Darf ich Euch dann demnächst zur Messe erwarten?«
    Mir blieb nichts anderes übrig, als erfreut zu tun. »Selbstverständlich. « Eigentlich hätte mich der Blitz treffen müssen, denn ich log, ohne mit der Wimper zu zucken. Welch ein Glück, dass ich in religiösen Dingen einigermaßen sattelfest war, zumindest, was die Kirche betraf, deren Repräsentant gerade ein weiteres Törtchen in sich hineinschlang. Zehn Jahre Klosterschule hatten dafür gesorgt. Bei der Vorstellung,
welches Gesicht er machen würde, wenn ich womöglich eine Beichte ablegte, musste ich beinahe kichern. Ob Alan zur Messe ging?
    »Die MacCoinnaichs sind kein sehr gottesfürchtiger Stamm«, wandte sich der Priester nun an Mary. »Doch immerhin hat die Kirche seit meinem letzten Besuch hier diesen wunderbaren neuen Taufstein bekommen, und die braven Leute tauschen so häufig das Wasser darin aus, dass ich mit dem Weihen kaum nachkomme.« Ein Rest Sahne tanzte auf seiner pockennarbigen Wange. »Euren zukünftigen Gatten habe ich schmerzlich vermisst. Ich zähle auf Euch, dass Ihr dies bald ändern werdet, liebes Kind.« Er beugte sich vor, um Marys Hand zu tätscheln, und die Arme zuckte erschrocken zusammen. »Lord Kensary hat mir leider bisher noch keinen Termin genannt. Sicherlich war er nur zu beschäftigt?« Erwartungsvoll lehnte er sich noch weiter vor.
    Marys Gesicht überzog eine leichte Röte, und die Teetasse klirrte in ihrer Hand.
    »Gib schon her!« Anabelle übernahm das Einschenken. Mary tat mir leid.
    »Zweifellos wird er das bald nachholen«, sagte ich. Und da mir nichts Besseres einfiel, fragte ich den Gottesmann, während ich Anabelle mit einem

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