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Wind Der Zeiten

Wind Der Zeiten

Titel: Wind Der Zeiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanine Krock
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demonstrieren. Prächtige Flügeltüren waren fest verschlossen, die Türklinken in Augenhöhe angebracht. Wohnten hier Riesen? Aber nein, das war damals so Mode, erinnerte ich mich vage an Schlossbesichtigungen in der Vergangenheit. Gern hätte ich gewusst, was sich hinter ihnen verbarg, aber ich wagte nicht, eine davon zu öffnen, aus Angst, jemandem zu begegnen. Doch genau das blühte mir jetzt hier draußen. Schritte erklangen in der Eingangshalle, und mir blieb nichts anderes übrig, als schnell ein Versteck zu suchen. Kurz fasste ich den Kamin ins Auge, aber der würde mich bestenfalls hübsch einrahmen, verbergen würde er mich nicht.
    Die Schritte waren nun schon auf der Treppe zu hören. Mit klopfendem Herzen hoffte ich, dass der nächstbeste Raum leer sein würde, drückte blitzschnell die Klinke herunter und schlüpfte durch die Tür.
    »Da bist du ja endlich«, empfing mich eine arrogant näselnde Frauenstimme in gestelztem Englisch. »Gib in der Küche Bescheid, dass Mylady neuen Wein wünscht.«
    Ich knickste, wie ich es bei Mòrag gesehen hatte, und murmelte mit gesenktem Kopf: » Aye .«
    »Steh nicht dumm rum, Mädchen, nimm das Geschirr mit.«
Während ich die Überreste einer Teemahlzeit auf das Tablett räumte, betrachtete ich die Frau, die mich so unhöflich behandelte, aus dem Augenwinkel. Sie stand hinter einer Chaiselongue, auf der ein junges Mädchen lagerte. Die Kostüme der beiden waren äußerst authentisch, soweit ich das beurteilen konnte. Tief dekolletiert, mit schmaler Taille und weiten Röcken, schienen sie direkt einem der Gemälde entsprungen zu sein, wie ich sie in großen Museen schon bewundert hatte.
    Wie die Frauen es damals in einem dieser schrecklichen Korsetts ausgehalten hatten, war mir ein Rätsel. Mein eigenes Mieder saß schon eng genug, und es war nicht einmal mit Fischbein versteift. Nie im Leben wäre es mir eingefallen, mich für so ein Spiel einschnüren zu lassen.
    Doch vorerst spielte ich mit, neugierig, was geschehen würde. Der blonden Frau machte die unbequeme Enge offenbar auch zu schaffen, denn ungeduldig sprang sie auf und zerrte an ihrem Ausschnitt. »Anabelle, schnür mir das Ding auf, es macht mich wahnsinnig. Warum quäle ich mich überhaupt für diese Hinterwäldler? Hast du gesehen, in welchen Säcken ihre Frauen herumlaufen?«
    »Weil du eine Lady bist, Mary, und kein loses Frauenzimmer. Dein Zukünftiger hat dich nicht verdient. Er war ja nicht einmal zur Begrüßung hier, und ich möchte wetten, er selbst war der Kerl, der bei unserer Ankunft eine seiner Huren ins Haus geschleppt hat. Noch dazu im Kilt!«
    »Man sollte glauben, dass der Teil mit der Hure eine Dame mehr aufregen müsste, als einen Mann im Rock zu sehen, Anabelle.«
    »Verschließ nicht die Augen vor der Wahrheit. Dein Onkel hat dich dazu verdammt, einen Highlander zu heiraten,
und er wird sich nicht umstimmen lassen. Immerhin ist der ein Baron, auch wenn er keinen Wert auf den Titel zu legen scheint, und ein ungewöhnlich wohlhabender noch dazu. Du hättest es schlechter treffen können, er ist keine dreißig und wirkt ganz gesund. Denk einfach an die schönen Kleider, die er dir schenken wird, und mach die Beine breit, sooft du kannst. Wenn du ihm erst einmal ein paar Söhne geboren hast, lässt du dir ein Haus in London einrichten. Er gehört nicht zu den Peers, die einen Sitz im Parlament haben, und man sagt, er hat sich noch nie bei Hofe sehen lassen. Mit etwas Glück wird er irgendwann von einem anderen Barbaren erschlagen, dann bist du frei und kannst das Leben genießen.«
    »O Anabelle, wie kannst du so etwas sagen. Und wenn er mich überhaupt nicht will? Er ist nicht ein einziges Mal in all den Jahren bei uns vorstellig geworden.«
    Anabelle trat vor und strich der blonden Schönheit über das Gesicht. Dabei erschien kurz ein hässlicher Zug um ihren Mund. Doch dann lächelte sie und flötete: »Wie kann er dich nicht wollen? Schau in den Spiegel. Du hast noch alle Zähne und sogar zartere Haut als deine jüngeren Schwestern. Niemand, der dich ansieht, würde glauben, dass du im Herbst achtzehn wirst. Dein zukünftiger Mann mag ein ungehobelter Bursche sein, aber das kann im Bett durchaus seine Vorteile haben.« Sie lachte anzüglich, als erinnerte sie sich selbst an Begegnungen dieser Art. »Sein Bruder, das gebe ich zu, der war sehr manierlich, als er uns die Eskorte in Edinburgh zu Verfügung stellte. Der Kerl, den dein Vater mitgeschickt hat, wäre mit Sicherheit eher

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