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Wind Der Zeiten

Wind Der Zeiten

Titel: Wind Der Zeiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanine Krock
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Deut weniger gefährlich aus als im Kilt. Und nun beugte sich diese Mensch gewordene Versuchung auch noch über mich. Blaue Augen funkelten mutwillig.
    »Geh nicht fort, bitte.« Seine Lippen streiften sanft meine Wange, und weg war er.
    Das kleine Wort gab den Ausschlag, und ich blieb, wo ich war. Was für ein Mann.
     
    »Der Chief mag dich, Mädchen.« Dolinas Worte rissen mich aus meinem verzückten Tagtraum. Die Frau hatte ein Tablett mit Brot, Käse und einem Krug Wein mitgebracht, das sie jetzt auf dem kleinen Tisch vor einem der Fenster abstellte. Hinter ihr kam ein Mädchen mit zwei Eimern herein, aus denen sie dampfendes Wasser in die Schüssel neben dem Bett goss. Anschließend ging sie lautlos – und auf bloßen Füßen – wieder hinaus, um wenig später mit ein paar Kleidungsstücken über dem Arm zurückzukehren. Sie knickste und verschwand endgültig; nicht, ohne einen neugierigen Blick in meine Richtung geworfen zu haben.

    »Mrs. …?«
    »Dolina. So nennen mich hier alle, Mädchen.«
    Dolina, also. Ich setzte mich vorsichtig auf die Bettkante. Mir war immer noch ein wenig schwindelig, sobald ich mich zu schnell bewegte. » Dolina, wo bin ich hier?«
    Die Frau schaute mitleidig und fing an, meine Stirn mit einem feuchten Tuch abzutupfen. »Du hast dir den Kopf angeschlagen. «
    Blut. Alans Blut. Oder hatte ich mich in dem verdammten Sturm ebenfalls verletzt?
    Während Dolina begann, mein Gesicht zu waschen, als wäre ich ein hilfloses Kind, sprach sie weiter: »Der Chieftain hat dich in den Wäldern gefunden, und wir können Gott dafür danken. Du warst ohnmächtig, und ihm blieb nichts anderes übrig, als dich nach Castle Grianach mitzunehmen. Er sagt, du bist seine irische Cousine und kannst dich nicht mehr erinnern, wie du in diese Situation geraten oder warum du hierhergekommen bist. Es hat doch nicht etwa jemand …?« Misstrauisch schaute sie auf meine nackten Beine.
    Ich spürte, wie mir Hitze ins Gesicht stieg, als ich mir vorstellte, Alan oder einer seiner Kumpane dort oben hätten mehr getan, als nur einen Blick auf meine Blöße zu werfen. Rasch schüttelte ich den Kopf.
    »Gott sei Dank. Sieh sich nur einer deine Haut an. So fein und weich, wie bei einer echten Lady.« Dolina strich über meine Hand. Ihre eigenen Finger waren gerötet und sehr rau – wie von jahrelanger Arbeit. An den Armen sah ich Flecken eines schuppigen Ausschlags. Sie seufzte. »Egal, was die Leute sagen, er ist ein guter Mann.«
    Der so gelobte Alan hatte offenbar keine Zeit vergeudet, seine Freunde über meine Herkunft zu belügen, dachte ich
entrüstet. Das könnte ihm so passen. Ich wollte gerade Luft holen, um der vertrauensseligen Dolina gründlich die Augen zu öffnen, da sprang die Tür auf, und eine junge Frau kam atemlos hereingestürmt. »Mama, komm schnell. Die Köchin hat einen Wutanfall und will das ganze Abendessen den Hunden vorwerfen.«
    »Nicht schon wieder.« Hastig wischte sich Dolina die feuchten Hände an ihrer Schürze ab und lief zur Tür. »Tut mir leid, Mädchen. Die Kleider müssten dir passen, sie gehören meiner Nichte, die Kleine ist schon wieder gewachsen.« Damit war sie auch schon fort.
    Deutlich hörte ich, wie ein Schlüssel im Schloss umgedreht wurde. Ich war eingeschlossen. Wütend lief ich zur Tür und hämmerte mit der Faust dagegen. »Lasst mich hier raus!«
    Niemand antwortete.
    Irgendwann sah ich die Nutzlosigkeit meiner Versuche ein und schaute mich genauer im Zimmer um. Ein Himmelbett aus dunklem Holz mit roten Samtgardinen an den vier Ecken, die man offenbar tatsächlich zuziehen konnte, bestimmte den Raum. Rechts davon hing ein Wandteppich, der allein seiner Größe wegen schon äußerst wertvoll gewesen sein dürfte. Zudem zeigte er wundervolle Motive, Jagdszenen, Tiere und Landschaften. Wenn ich mich nicht sehr täuschte, dann stammte dieses einmalige Kunstwerk aus der Renaissance. Die paar Semester Kunstgeschichte reichten nicht aus, um den Raum eindeutig zu datieren, aber es war ohnehin wahrscheinlich, dass man im Laufe der Zeit Möbel aus verschiedenen Epochen hineingestellt hatte. Ein Schreibtisch mit Stuhl, der kleine Beistelltisch, auf dem Dolinas Tablett stand, zwei Sessel – mehr Möbel gab es außer dem Waschtisch und einer riesigen Truhe nicht. Der Raum wirkte streng und ein wenig
düster. Offenbar befand ich mich im älteren Teil des Herrenhauses. Die Wände waren zu zwei Dritteln holzvertäfelt, der Rest weiß verputzt. Die Decke bestand aus dunklen

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