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Wind Der Zeiten

Wind Der Zeiten

Titel: Wind Der Zeiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanine Krock
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sondern er unter Amnesie. Also erzählte ich ihm, wie ich ausgeglitten und in den Bach gefallen war. Den eigentümlichen Wind am Steinkreis erwähnte ich nicht, und die Stelle, als ich nur in meiner Wäsche vor ihm gestanden hatte, ließ ich ebenfalls aus. Wenn er das vergessen hatte – umso besser.
    Nachdem ich meine Geschichte beendet hatte, schaute Alan nicht glücklich drein. »Eine Kopfverletzung könnte erklären, warum ich mich nicht mehr an alles erinnern kann.« Er rieb sich über den Hinterkopf. »Und auch diese Beule. Aber deinen seltsamen Akzent erklärt es nicht.«
    »Ich habe keine Ahnung, warum du plötzlich darauf bestehst, Gälisch zu sprechen. Dein Englisch war einwandfrei, als wir uns das erste Mal begegnet sind. Aber bitte, wenn du es unbedingt wissen willst. Ich habe diese Sprache in Irland gelernt. Ein paar schottische Brocken habe ich erst kürzlich aufgeschnappt, und ehrlich gesagt verstehe ich nicht einmal die Hälfte von dem, was ihr hier redet.«
    »Wenn es dir lieber ist«, er wechselte problemlos in ein perfektes Englisch, das nur ein klein wenig antiquiert klang, »dann können wir uns auch auf Englisch unterhalten. Wij konden het Nederlands spreken, où en français. Ganz wie es Mademoiselle belieben.«
    »Dein Akzent lässt ebenfalls ein wenig zu wünschen übrig«, sagte ich gehässig. »Schön, dass du Niederländisch und Französisch beherrschst, aber es ist nicht nötig, mir deine interkulturelle
Kompetenz zu beweisen. Es reicht, wenn du endlich aus dieser Chiefrolle schlüpfst und wieder ganz vernünftig mit mir sprichst.«
    »Was redest du da?«, grollte Alan. Er wirkte ehrlich verärgert. »Aber weil nun klar ist, dass du nicht dein Gedächtnis, sondern deinen Verstand verloren hast, werde ich morgen einen Boten zu deiner Familie schicken. Er wird sie über deinen Verbleib informieren, damit sie dich so rasch wie möglich abholen können.«
    Mit diesem Mann war nicht zu reden. Aber was er konnte, das konnte ich ebenfalls. »Das wäre mir außerordentlich recht, Mylord.« Blitzschnell versuchte ich mich zu erinnern, was Iain mir über die alten Clanstreitigkeiten erzählt hatte. Ich lächelte zuckersüß, die Chancen standen gut, dass man hier an der Westküste wenig Liebe für die Freunde der Engländer empfand, besonders, wenn sie aus den eigenen Reihen stammten. Mal sehen, wie er darauf reagierte: »Mein Oheim ist der Duke of Argyle.«
    Der Effekt war beeindruckend, und Alans Reaktion weitaus heftiger, als ich erwartet hatte. »Der Hund, warum schickt er mir zwei Frauen?« Er wurde kreidebleich und schenkte sich großzügig aus der Karaffe nach. Dann stürzte er den Whisky in einem Zug herunter.
    Allmählich ging mir auf, dass er wirklich glaubte, was er da redete. Dabei hatte ich ihn doch nur ein wenig auf den Arm nehmen wollten. »Welches Jahr haben wir?«, fragte ich misstrauisch.
    »1728. Hast du das auch vergessen?«
    Vor Furcht begann mein Herz wie wild zu klopfen. Und wenn ich wirklich in der Vergangenheit gelandet war? Alles sah so echt aus.

    Aber nein, das war unmöglich.
    »Alan, hör zu. Das ist alles Unfug. Wir leben im einundzwanzigsten Jahrhundert, und ich hatte noch nie etwas mit einem Herzog zu schaffen. Du hast dir heute Nachmittag den Kopf angeschlagen und vermutlich eine Amnesie erlitten. Dann kam dieser fürchterliche Wirbelsturm auf, und wir müssen beide eine Weile ohnmächtig gewesen sein, bevor deine Freunde uns gefunden haben.«
    »Das waren nicht meine Freunde«, sagte Alan leise, und er klang dabei so verloren, dass ich etwas ganz Ungewöhnliches tat.
    Ich klopfte auf die Matratze neben mir und sagte: »Ich bin hundemüde, wir sollten morgen weiterreden. Wenn das wirklich dein Zimmer ist, dann kannst du meinetwegen auch hier schlafen. Vorausgesetzt, du versprichst, deine Hände bei dir zu behalten«, fügte ich vorsichtshalber hinzu.
    Er schaute mich mit einem seltsamen Blick an, aber dann blies er die Kerzen aus und schlüpfte bald darauf zu mir unter die Decke. Es dauerte nur wenige Minuten, da hörte ich, wie sein Atem gleichmäßiger wurde.
    Die Stille wurde von eigentümlichen Geräuschen unterbrochen. Holz knackte, und über mir hörte ich Trippelschritte, die von winzigen Pfötchen herrührten. Zumindest hoffte ich, dass dort auf den Balken Mäuse und kein größeres Getier herumspazierte. Vor dem Fenster schrie ein Käuzchen, ich zuckte zusammen. Mit aufgerissenen Augen starrte ich in die Dunkelheit, aber natürlich war der Vogel längst

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