Wind Der Zeiten
dieser antiken Wanne hocken musste.
Später bestand Mòrag darauf, dass ich mich vor den Kamin setzte, damit sie mein Haar so lange bürsten konnte, bis es trocken war und glänzte.
»Leider haben wir kein anderes Kleid für dich«, sagte sie entschuldigend, während sie das Mieder geschickt schnürte, bis ich ein erstaunlich üppiges Dekolleté bekam.
»Mòrag, welchen Tag haben wir heute?«
»Di-Màirt.«
»Was? Oh, Dienstag. Und welches Jahr?«
Sie schaute merkwürdig, bevor sie antwortete: »Wir leben im Jahr des Herrn 1728.«
Natürlich, was hatte ich erwartet? Die Leute hier waren überzeugt, im achtzehnten Jahrhundert zu leben, und ich konnte ihnen nicht das Gegenteil beweisen, solange ich eingesperrt in diesem Zimmer festsaß.
Dienstleute kamen, die mein Bad wieder hinaustrugen, und Mòrag zeigte auf einen Glockenzug. Wenn ich etwas brauchte, solle ich einfach nur daran ziehen, dann würde sie kommen. Bei aller Freundlichkeit vergaß sie dennoch nicht, die Tür hinter sich wieder gründlich zu verschließen.
Ärgerlich ging ich im Zimmer auf und ab. Caitlynn und Iain erwarteten mich heute zurück und würden sich Sorgen machen, wenn ich nicht auftauchte. Und was würden sie erst denken, wenn sie meine Kleidung und das Packpferd am Feenkreis fanden, aber von mir selbst keine Spur zu entdecken war? Ich muss hier raus.
Die Zimmertür war zwar verschlossen, aber es existierte mit Sicherheit ein zweiter, geheimer, Ausgang. Sehr unwahrscheinlich, dass Alan sich immer noch hinter dem Wandteppich verbarg. Sicherheitshalber sah ich dennoch nach. Kaum hatte ich das schwere Ding beiseitegeschlagen, öffnete sich die Wandvertäfelung dahinter wie von Geisterhand, und Alan stand vor mir.
»Schon wieder auf der Flucht?«
Offenbar hatte man ihm von meinem gestrigen Versuch, aus dem Haus zu schleichen, berichtet.
»Und selbst? Erneut auf Abwegen?«
»Hat dir noch niemand erzählt, dass ich der Sohn des Teufels bin?« Ein schmerzhafter Ausdruck huschte über sein Gesicht.
»Ich komme und gehe, wie es mir beliebt. Sie nennen mich nicht umsonst den schwarzen Chief und drohen ihren Kindern damit, dass ich nachts in ihre Häuser schleiche, um sie zu holen, wenn sie nicht folgsam sind.«
So grimmig, wie er mich jetzt ansah, fand ich es nicht weiter verwunderlich, dass sich manche Leute vor ihm grausten. Ich gehörte nicht dazu. »Jetzt ist aber helllichter Tag, und ein Kind bin ich auch nicht mehr. Wenn du mir Angst einjagen willst, dann beweise mir, dass wir das Jahr 1728 haben«, forderte ich ihn heraus. »Mir ist es gleich, was die Leute sagen, oder ob du dem Teufel oder auch deinem Vater ähnlich siehst …« Verdammt! Ich hatte nicht vorgehabt, meinen Finger in diese Wunde zu legen.
Alan ließ sich in einen Sessel fallen. »Aha, diese Geschichte kennst du also auch schon. Du bist ein seltsames Mädchen. Du solltest dich vor mir fürchten, so wie alle anderen auch. Stattdessen lädst du mich in mein eigenes Bett ein und behauptest, aus der Zukunft zu kommen.«
»Wir beide kommen aus der Zukunft. Ich meine, wir leben beide in der gleichen Zeit und sind hier in der Vergangenheit gelandet. Quatsch. Was rede ich da?« Verwirrt setzte ich mich in den anderen Sessel. »Es gibt keine Zeitreisen. Das muss alles ein großes Missverständnis sein.« Das klang selbst in meinen Ohren ziemlich lahm. Waren womöglich Drogen im Spiel?
»Joanna, ich weiß nicht, was dort oben im Wald geschehen ist. Ich habe keine Ahnung, was ich am Feenkreis wollte und wie ich dorthin gelangt bin. Du bist eine Fremde und dürftest nicht einmal von seiner Existenz wissen.«
»Iain hat mir davon erzählt, und ich habe eine Ausflug gemacht, um mir die Steine anzusehen.«
»Und wer ist dieser Iain? Auch so ein verdammter Campbell? «
»Was auch immer du damit meinst.«
»Ein Verwandter des Herzogs …«
Ich unterbrach ihn: »Ist er nicht, und außerdem lebt er zusammen mit meiner besten Freundin nicht weit von hier – die beiden sind verheiratet.« Letzteres war zwar geschwindelt, klang aber seriös. »Sie lieben sich«, fügte ich mich Nachdruck hinzu. Keine Ahnung, warum ich es so wichtig fand, ihn wissen zu lassen, dass ich kein romantisches Interesse an Iain hegte.
Alan strich sich eine dunkle Haarsträhne aus dem Gesicht. »Wie auch immer. Solange du nicht weißt, wer deine Familie ist, stehst du unter meinem Schutz. Ich kann nicht erlauben, dass dir etwas zustößt. Deshalb hast du die Wahl: Entweder du bleibst eingesperrt, oder
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