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Wind Der Zeiten

Wind Der Zeiten

Titel: Wind Der Zeiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanine Krock
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weitergeflogen. Schließlich verstummte sogar das Getrappel im Gebälk, und der Himmel färbte sich bereits rosa, als ich endlich einschlief.
    Irgendjemand blies in mein Ohr. Alan. Dieser unmögliche
Mensch lag dicht an mich geschmiegt. Sein Arm ruhte quer über meinem Bauch, und das Gesicht hatte er an meiner Halsbeuge vergraben, genau dort, wo die Haut dünn und empfindlich war. Er trug keinen Faden Stoff am Leib – wie hatte ich das gestern Abend nicht bemerken können – und schlief den Schlaf der Gerechten.
    Unglaublich.
    Behutsam versuchte ich, seinen Arm beiseitezuschieben und mich unter ihm fortzuschlängeln. Doch sein Griff wurde fester, und er begann zu allem Überfluss, mit weichen Lippen meinen Hals zu liebkosen. Ausgerechnet diese Stelle. Ich fluchte lautlos. Selbst eine Heilige hätte der Versuchung nur schwer widerstehen können, diesen Augenblick zu genießen … und ich war gewiss keine Heilige.
    Doch dann riss ich mich zusammen. »Alan?«
    Mit einem wohligen Laut hob er den Kopf und blickte mich unter halb geschlossenen Augenlidern an. Seine Hand versuchte derweil, einen Weg unter mein Hemd zu finden. »Guten Morgen, Kleines.«
    »Nenn mich nicht Kleines , ich bin eins achtundfünfzig, und ich habe einen Namen!« Halbherzig versuchte ich, seine warme Hand abzuschütteln.
    »Wie heißt du – Kleines?« Ich war sicher, dass er lachte.
    »Johanna.« Wie konnte er es wagen, sich über mich lustig zu machen und dabei so unglaubliche Gefühle in mir auszulösen?
    » Joanna .« Er ließ den Namen über seine Zunge gleiten, als sei er etwas besonders Köstliches.
    Die Schmetterlinge in meinem Bauch waren wie besoffen von dem Endorphinregen, der auf sie herniederging.
    »Darf ich dich küssen, Joanna?«

    Bevor ich überhaupt darüber nachdenken konnte, klopfte es an der Tür.
    »Später!«, flüsterte er, glitt geschmeidig aus dem Bett, griff seine Sachen und verschwand lautlos hinter dem Wandteppich.
    »Ja, bitte?«, krächzte ich schließlich und zog rasch die Bettdecke glatt. Die Stelle, an der Alan gelegen hatte, war noch ganz warm.
    Dolina kam herein, schwer beladen mit einem riesigen Tablett. »Frühstück«, rief sie fröhlich. Ihr folgte eine ganze Prozession. Zwei Männer schleppten eine Badewanne herein und bemühten sich angestrengt, nicht in meine Richtung zu schauen. Dann kamen fünf oder sechs Mädchen mit schweren Wassereimern, die sie in den Zuber entleerten. Schließlich tauchte Mòrag auf. Sie trug ein Bündel unter dem Arm, aus dem eine Bürste lugte, hängte zwei Leinentücher über das Gestell am Kamin und richtete danach Töpfchen und Tiegel auf dem Waschtisch an.
    »Was habt ihr vor?«
    »Der Chief hat angeordnet, dass es dir an nichts mangeln soll«, sagte Dolina und zwinkerte mir zu. »Mòrag wird dir beim Baden helfen.« Und damit zog sie die Tür hinter sich zu.
    Das Mädchen stellte einen Paravent auf, hinter dem sie den Nachttopf platzierte. Mehr Privatsphäre konnte ich mir vermutlich nach dem gestrigen Fluchtversuch nicht erhoffen, und so fügte ich mich widerstandslos meinem Schicksal, während Mòrag den Kamin kehrte und ein neues Feuer entfachte. Die Wasserträger erschienen erneut, und als sie fort waren, wagte ich mich hervor und tunkte vorsichtig meinen Zeh in die Wanne. Das Badewasser hatte gerade die richtige Temperatur, es duftete herrlich.

    »Darf ich Euer Haar waschen, Mylady?«
    »Mòrag, hör zu. Wie du sehr wohl weißt, bin ich keine Lady. Bitte nenne mich Johanna.«
    »Wie Ihr wünscht, My…«
    Ich hielt ihre Hand fest und schaute sie an. »Johanna.« Sie lächelte zurück. » Aye , Joanna .« Mit dem H in meinem Namen hatte offenbar nicht nur Alan ein Problem. Doch damit konnte ich leben.
    Mit dem Rücken zum Wandteppich, hinter dem ich ihn immer noch vermutete, ließ ich mich ins Wasser gleiten und zog das Leinenhemd erst im letzten Augenblick aus. Dabei stellte ich mir vor, wie Alan vergeblich versuchen würde, den Raum ungesehen zu verlassen. Eine gerechte Strafe dafür, dass er mich in Versuchung geführt hatte.
    Zufrieden lehnte ich mich zurück und genoss, wie das warme Wasser allmählich den teuflischen Muskelkater beschwichtigte. Wenn ich schon in die Vergangenheit gereist war, hätte der auch gern in der Zukunft zurückbleiben können. Wie wirr war das denn? Ich befahl mir, nur an den Augenblick zu denken und das Bad einfach zu genießen. Ich dusche für mein Leben gern, aber ein heißes Bad ist der Gipfel des Genusses – auch wenn ich dafür in

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