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Wind Der Zeiten

Wind Der Zeiten

Titel: Wind Der Zeiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanine Krock
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abstellen sollte, hatte sie die Milch ausgetrunken und alles aufgegessen. Die anderen Frauen waren entsetzt, aber am Ende erhielten sie doch das Feuer und machten sich eilig auf den Heimweg.« Mòrag machte eine dramatische Pause. »Als sie das Dorf erreicht hatten, fehlte die junge Frau. Es gab große Aufregung, und Alexander MacCoinnaich, der damalige Gleanngrianach , schickte einen Suchtrupp los.«
    »Alans Vater?«
    »Ich glaube, es war sein Urgroßvater.« Sie überlegte einen Moment lang und schüttelte dann den Kopf. »Ich weiß es nicht.«
    Ungeduldig zupfte ich an der gehäkelten Spitze, die ein Stück aus meinem Ärmel herausragte. »Und weiter, was passierte dann?« Nicht nur die Schotten liebten gute Geschichten, auch ich wollte nun unbedingt wissen, wie die Sache ausgegangen war.
    »Verschwunden. Sie blieb verschwunden. Nichts haben sie gefunden.« Theatralisch rang Mòrag die Hände. Sie hatte wirklich das Zeug zu einer brillanten Interpretin dramatischer Erzählungen.
    »Wie traurig«, sagte ich bewegt. »Sie muss sich verlaufen haben und ist vielleicht irgendwo abgestürzt.« So zerklüftet hatte ich die Gegend zwar nicht in Erinnerung, aber die Arme konnte auch einfach nur gefallen sein. Vielleicht hatte sie sich dabei verletzt und konnte nicht mehr laufen. Mitten im Winter dauerte es nicht lange, bis man erfroren war.
    »Das Beste kommt noch. Achtzehn Jahre später wurde ein junger Mann im Wald aufgegriffen. Er sprach nicht und betrug sich wild und ungebändigt. Niemand wollte etwas mit
ihm zu tun haben, nur die Hebamme hatte Mitleid. Sie badete ihn und schnitt sein Haar, dann brachte sie ihm bei, wie er sich zu benehmen hatte.« Mòrag senkte die Stimme zu einem Flüstern. »Dieser Adhamh, wie sie ihn nannte, war der verschollenen Frau wie aus dem Gesicht geschnitten. Augen wie das Meer an einem Sommertag, schwarze Haare und ein Körper …« Sie schluckte. »Wie die Sünde selbst soll er ausgesehen haben. Alle Frauen verzehrten sich nach ihm. Die Männer hassten ihn natürlich dafür, aber die Hebamme war geachtet und auch ein bisschen gefürchtet. Deshalb wagte es niemand, ihm ein Leid anzutun.«
    »Da hat er aber Glück gehabt.«
    »Das finde ich auch. Aber zum Dank für all die Güte, die er erfahren hatte, verführte er ihre Tochter. Kenna. Sie war gerade erst sechzehn geworden.«
    »Unglaublich, wie konnte er das tun?« Die Geschichte hatte mich aufgewühlt. »Natürlich musste er sie heiraten.«
    Meine Freundin wischte sich schnell mit dem Handrücken eine Träne aus dem Augenwinkel. »Das hat er auch getan. Doch als ihr erstes Kind keine acht Monate später geboren wurde, nahm er es und verschwand auf Nimmerwiedersehen in die Berge.«
    Ich war ebenso erschüttert. »Und Kenna? Sie muss doch furchtbar unglücklich gewesen sein.«
    »Das war ja das Merkwürdige. Sie weigerte sich, darüber zu sprechen. Als ihre Mutter, von der inzwischen alle glaubten, sie sei selbst eine Sìthiche aus den Bergen, ein paar Jahre später starb, übernahm sie deren Position als Hebamme.«
    »Hat sie danach wieder geheiratet?«
    »Nein.« Mòrag wurde rot. »Aber sie hatte noch ein weiteres Kind. Der Junge war Adhamh wie aus dem Gesicht geschnitten
… und er ist in seinem sechzehnten Jahr verschwunden. Kenna hat niemals auch nur ein einziges Wort darüber verloren. «
    »Nein.« Die Geschichte hatte mich vollkommen gefangengenommen. Ich ließ mich rücklings auf das Bett fallen, auf dem wir die ganze Zeit gehockt hatten. Jede von uns hing ihren eigenen Gedanken nach. Schließlich setzte ich mich wieder auf. »Willst du damit sagen, dass Kenna mit einem Elf verheiratet war … oder besser gesagt: ist?«
    Sie seufzte. »Ich habe keine Ahnung. Aber sie weiß Dinge über das Stille Volk , die ein normaler Mensch nicht wissen kann .«
    Auf dem Tisch stand wie immer eine Karaffe mit Wein bereit. Ich ging hinüber, schenkte zwei Becher randvoll und reichte Mòrag einen davon.
    Sie trank ihn in einem Zug aus.
    »Und was hat das mit mir zu tun?«, fragte ich, nachdem ich selbst einen großen Schluck genommen hatte.
    »Die Magie am Feenhügel kommt und geht, sagt Kenna. Duncan hat mir erzählt, wie sie dich gefunden haben. William glaubt natürlich, dass der Gleanngrianach mit dir dort oben nur sein Vergnügen gesucht hat, aber Duncan sagt, er habe einen seltsamen Wind gespürt. Und James wollte schwören, dass etwas Magisches vor sich ging.«
    »Die beiden waren auch dort? Ich kann mich nicht daran erinnern, sie gesehen

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