Wind & Der zweite Versuch

sie an.
     
    »Komm runter, komm schon runter.« Cozmic winkte sie herab mit einer zornigen Müdigkeit. Eddie war vorsichtig. Als sie die Treppe heruntergekommen waren, standen sie in einem hell erleuchteten Saal von der Größe eines kommunalen Wasserreservoirs, auch die konisch geformten Säulen, die die Decke trugen, paßten zu dieser Assoziation. Das Strahlungenbolo war vollzählig versammelt, bis auf die Leute, die oben alles wieder begehbar machten. Es war kühl hier unten, man konnte seinen Atem sehen. Der Kreis um Cozmic öffnete sich, Eddie trat hinein, Tina wurde hineingetragen. Cozmic hatte ein blaues Auge, das an seinem Rand zur rechten Schläfe hin in eine häßliche Platzwunde überging. Eschenholzknüppel, einmal quer. Cozmic rauchte. Er sah im Moment nicht so furchtbar wütend aus, und dennoch befürchtete Eddie für einen Moment lang, er solle auf der Stelle gelyncht werden. Cozmic sagte:
    »Also ihr habt ja da oben gesteckt wie die Küken im Ei, während hier die Wildschweine getobt haben. Waren fünfhundert, plus SEK, plus Innenministeriale. Immer noch einige Schützenpanzer vor der Tür. Reingekommen, Zimmer durchsucht, alles kurz und klein geschlagen. Nette Leute. Netter Besuch. Hab den Kommandanten gefragt, was sie eigentlich hier wollen.«
    Cozmic ging sehr langsam hin und her. Eddie spürte, daß etwas nicht stimmte. Cozmic redete sich mehr und mehr in eine Wut hinein, was ihn offenbar sehr anstrengte. Er hörte sich für Eddie eher wie jemand an, der seine Wut erst noch erzeugen mußte, bevor er sie abläßt. Eddie suchte in den Gesichtern um ihn herum nach Bestätigung. Niemand ließ sich in die Augen sehen. Auch der Tätowierte nicht, der seinen Kopf senkte, als Eddie ihn ansah und dessen Tätowierungen in dem kalten Neonlicht fluoreszierten. Die Ärztin war unbemerkt auch in den Kreis getreten, sie senkte die Augen nicht.
    »Hörst du mir zu, Arschloch?« fragte Cozmic und zog an seiner Zigarette. »Der Kommandant hat mir die verbindliche Auskunft erteilt, daß die zwei Bolowichser – so drückte der gute Mann sich wörtlich aus –, die vorgestern bei der Straßenkontrolle vor Hannover zwei seiner Kollegen ermordet hätten, bald diese unvernünftige Handlung bedauern würden, ob sie wohl bei mir hier Unterschlupf gefunden hätten? Ich könne mir die Zertrümmerung des Bolos ersparen, wenn ich die zwei Pisser gleich rausrücken würde. Ich bestritt, hier Flüchtlinge zu beherbergen. Der Kommandant hat sich bei mir bedankt, und dann einem seiner Untergebenen befohlen, mir eine zu knallen. Der junge Beamte war sichtlich irritiert, hat dann aber dennoch gehorcht. Wie du siehst.«
    Noch ein Zug an der Zigarette. Zwei Schritte auf, zwei Schritte ab. Cozmic spielt Mafiaboß, dachte Eddie, aber irgendwo ist er mit der Entwicklung ganz zufrieden.
    »Wart ihr das mit den Bullen?«
    »Nein.«
    »Du hast deine Kanonen erst kürzlich benutzt.«
    »Hab dir doch erzählt warum.«
    Cozmic nickte und brummte dazu, eine noch nicht ganz perfekte Mafiaboßimitation.
    »Was soll ich jetzt mit euch machen?«
    Eddie dachte nach. Zwei tote Bullen. War das real? Konnte Brauner II so eine Nachricht oder sogar das Ereignis inszenieren? War er fähig, zwei Bullen umzunieten, damit bei der zu erwartenden großen Sause vielleicht Eddie und Tina ins Netz gingen, so ganz nebenbei entwaffnet wurden, damit Papa Brauner sie nur noch abzuholen brauchte? Zuviel Staub, zu wenig Effekt. Eddie glaubte eher an einen Zufall.
    »Ich weiß, was ich mit euch mache. Ihr bleibt jetzt noch einige Tage hier, bis die Luft wieder rein ist. Und dann verpißt ihr euch. Und dann will ich euch zwei nie wiedersehen, nicht früher und nicht später.«
    Dann warf er seine Zigarette weg und baute sich vor Eddie auf. Er zog etwas aus der Tasche, das einem Schlagring bemerkenswert ähnlich sah. Auf ein Nicken hin drehten zwei der Strahlungen, die Eddie am nächsten standen, ihm die Arme auf den Rücken. Cozmic schob umständlich seine Finger in den Schlagring hinein, ballte seine rechte Faust und testete die Paßform durch ein paar leichte Schläge in die hohle Hand.
    »Und dir, lieber Eddie, möchte ich noch persönlich etwas mitteilen. Deine kleine Rede heute morgen war sehr amüsant. Du solltest Politiker werden. Deine Scheißwindräder hab ich schon lang wieder vom Dach runtergeholt.«
    Und dann schlug er Eddie in die Fresse.
     
    Die nächsten beiden Tage waren Tage des Lernens. Eddie lernte zum Beispiel, daß die Nachwirkungen eines