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Wind & Der zweite Versuch

Wind & Der zweite Versuch

Titel: Wind & Der zweite Versuch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Hammerschmitt
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bevor er schreien konnte, hatte Jojo ihn mit einer Nadel gestochen. Das Gefühl in seinem Arm verblüffte und verängstigte ihn so sehr, daß er das Schreien vergaß. Kalter Nebel rollte durch seine Adern, langsam und schnell, zuerst in seinem Arm, dann schon in seinem Hirn, zwei Herzschläge später dann überall. Er fühlte sich so angenehm leicht jetzt, daß er zu lächeln begann. Er sah in seinem Glück, wie auch Tinas Fesseln gelöst wurden, ihr Mund blieb zu, und Jojo setzte auch bei ihr die Nadel an, da zersplitterte die Welt. Jedenfalls hörte es sich so an, als eine riesige schwarze Struktur durch die Lagerbudenfront krachte, die dem Eingang des Wohlfahrtsausschusses genau gegenüberlag, malmende mannshohe Räder wühlten sich durch Sperrholz, Morphoplast und Wellblech. Eddie war durch und durch fröhlich und klar, er sah sich das Spektakel aus gebührender psychischer Distanz an und wußte schneller als alle anderen, was sich da so massiv auf sie zubewegte: ein Truppentransporter Daimler-Benz Mammut Light, ein sogenanntes »Babymammut«, Sechsradantrieb, 2500 PS, Platz für zwanzig Mann, ein leichtes Geschütz an der Stirn, eins im Arsch. Hatte schneller auf der Straße gewendet, als Jojo hatte »Ah« sagen und die Luft ablassen können, nachdem Tina ihn in die Eier getreten hatte. Geile Show, dachte Eddie. Hey, und was waren das für komische kleine Insekten, die jetzt so blitzschnell neben dem Transporter vorbeigezischt kamen, während sich die Seitentür des Transporters öffnete, um die ersten Staatsdiener auszuspucken? Zwei Motorradfahrer? Kamen so elegant und auf so abgezirkelten Trajektorien auf die Gruppe um Eddie und den Transporter zugerast, daß Eddie richtig Spaß hatte. Mann-oh-Mann, und wie Tina jetzt zu kämpfen begann, während Jojo immer noch »Ah« sagte, und seine Finger um seine geprellten Hoden krallte. Irgendwie dachte Eddie, er sollte Tina vielleicht helfen, aber er hatte keinen Befehl dazu, und der kühle Rauch in seinen Adern ließ ihn auf nichts anderes warten als auf einen Befehl. Scheinbar bekam Tina die Spraygun genau rechtzeitig aus dem Futteral, um Brauner II den Leichtbaukolben in die Fresse zu donnern, und scheinbar war der zweite Schläger, der aus Respekt vor dem Mammut ein wenig zur Seite getreten war, irgendwie gelähmt, nachdem einer der beiden Motorradfahrer sehr knapp an ihm vorbeigeschossen war. Dann zerfiel er in zwei Teile, als hätte man ihn kurz über dem Becken mit einem sauberen Schnitt durchtrennt. Mann. Mann. Eddie war sehr glücklich. Hier passierte einiges. Wenn man ihm den Befehl dazu gegeben hätte, hätte er sogar mitgespielt. Brauner II wollte sich ein zweites Mal, mit blutigem Maul, auf Tina stürzen, und er fiel genau in ihren ersten Schuß hinein. Eddies Wahrnehmung war nun so beschleunigt, daß er die winzigen Pfeile der Spraygun wie Schrapnell durch seinen Körper gehen sah, aus seinem Rücken lösten sich Fontänen von Textil- und Körpergewebe. Eddie hätte das gerne in Playback gesehen, während Brauner II zusammenbrach, aber da hinten, bei dem Mammut war auch noch was los. Die ersten fünf Bullen, die von dem Transporter abgesprungen waren, fielen wie Dominosteine, während sich der erste Motorradfahrer durch sie hindurchfraß. Neonbaby, dachte Eddie glücklich, das muß Neonbaby sein. Irgendwie fühlte Eddie sich den Bullen sehr nah. Auch sie konnten nichts ohne Befehl tun, und dabei wurden sie gerade abgeschlachtet. Lautes Zischen. Scheinbar machte sich Neonbaby mit seinem Messer schon an den unkaputtbaren Reifen des Babymammuts zu schaffen. Wieviel Sekunden waren vergangen? Eddie kam die Zeit sehr lang vor. Aber auch Tina brauchte so entsetzlich lange, um die Spraygun auf den heranrasenden zweiten Motorradfahrer zu richten. Dann das durchdringende, in den Magen kloppende »Polk«, mit dem mehrere hundert feine Iridiumnadeln bei Mach 3 aus dem Lauf geblasen wurden. Dann das Kreischen des Metalls auf dem Asphalt, als Motorrad und Fahrer an ihnen vorbeischlitterten. Dann der erlösende Befehl Tinas: »Lauf!« Eddie lief so schnell er konnte in die Richtung, in die sie gezeigt hatte, er bekam die Füße kaum vom Boden hoch, so langsam nahm er sich wahr, aber in dem rasend langsamen Lauf, in der Ausführung von Tinas Befehl war er so glücklich wie nie in seinem Leben bevor. Er raste auf den Eingang des Wohlfahrtssausschusses zu, dort standen dichtgedrängt Ausschüssler, und alle waren sie bewaffnet. Eddie fand das vorteilhaft in einer so

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