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Wind & Der zweite Versuch

Wind & Der zweite Versuch

Titel: Wind & Der zweite Versuch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Hammerschmitt
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preisgünstig. Unsere Wissenschaftsabteilung hat in fünf Versuchsreihen …«
    »Leider nicht herausgefunden, daß sich C-Flex für Raumanzüge genausogut eignet wie getrocknete Hühnerkacke. Ich kenne Ihre Hypernet-Werbung. Bringen Sie die Anzüge in Schuß, oder lassen Sie Ihre Finger von dem Projekt.«
    Ron war jetzt wirklich in Fahrt, es machte ihn rasend, wenn jemand seine blanken Wahrnehmungen bestritt. Herrgott, die Helme waren so beschlagen gewesen, daß man Zeit genug hatte, sie seelenruhig abzunehmen, um das Kondenswasser zu filmen, und dieser Fatzke kannte die Aufnahmen ganz genau!
    »Okay, Ron …«, sagte Warren, aber Ron hatte auf Beschwichtigungen nicht die geringste Lust.
    »Nein, gar nicht okay, Warren, absolut nicht. Ist euch in der Kontaktgruppe eigentlich schon mal die Idee gekommen, danach zu fragen, warum Apollo II so baden gegangen ist? Zufälligerweise habe ich mir in den letzten Tagen die Funksprüche zwischen Houston und Apollo II noch einmal angesehen, und zwar alle, und ich muß sagen, seitdem bin ich gegen Begriffe wie ›Schwitzwasser‹, ›Computerfehler‹ und ›Tanklecks‹ ziemlich allergisch. Könnt ihr lesen? Manchmal frage ich mich das wirklich. Nachdem Grissom, Chaffee und White damals verbrannt waren, machte man einfach so weiter, weil man vor den Russen auf dem Mond sein wollte. Das Ergebnis davon ist, daß Armstrong und Aldrin jetzt immer noch gut mumifiziert im Mare Tranquillitatis herumliegen, und ihr kommt mir mit einem Gewäsch daher, daß ich glauben muß, ihr haltet uns für Vollidioten.«
    Er wandte sich an den Duvalier- Mann.
    »Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie wenig Lust ich darauf habe, den beiden da oben für die nächsten paar Millionen Jahre Gesellschaft zu leisten, nur um Ihrer Firma kostenlose Werbeminuten im Hypernet zu verschaffen. Wenn Sie auf Ihrem beschissenen C-Flex bestehen, dann fliegen Sie doch selbst damit zum Mond. Ich hoffe, ich habe mich klar genug ausgedrückt.«
    »Es war menschliches Versagen«, sagte der Firmenvertreter mit zitternder Stimme. »Die MacDonnell-Kommission hat eindeutig festgestellt, daß das Scheitern von Apollo II zum überwiegenden Großteil auf menschliches Versagen zurückzuführen ist.«
    Wie wäre es, dachte Ron, ihn einfach niederzuschlagen? Einmal alle guten Sitten zu vergessen und ihm seine eigenen Zähne zum Fressen zu geben?
    »Wissen Sie, was ein menschliches Versagen ist?« sagte er statt dessen, »Sie sind ein menschliches Versagen, und zwar vom Scheitel bis zur Sohle. Schönen Tag noch, die Herren.«
    Keine Tür zum Zuschlagen. Schade.
     
    Verena Reichert dachte selten über ihren Beruf nach, und wenn sie es tat, kam sie meistens nach kurzer Zeit zu dem Schluß, daß damit alles in Ordnung war. Es machte ihr nichts aus, Gerichtsvollzieherin zu sein, denn sie war ein ordentlicher Mensch, und wenn die Legalität des Vollstreckungsbefehls feststand, ging sie hin und vollstreckte ihn. So einfach war das. Es machte ihr nicht einmal etwas aus, daß sie in ihrer Behörde mittlerweile als Spezialistin für »Spanner« galt, wie illegale Rundfunkempfänger im Volksmund hießen, obwohl das eindeutig der dreckigste Job war, dem man einem Gerichtsvollzieher an den Hals hängen konnte. Die meisten Spanner sahen fern und hörten Radio, obwohl sie sich das nicht leisten konnten, weil sie schlicht und ergreifend zu arm dafür waren, aber anstatt das einzusehen, versuchten sie die Behörden auszutricksen, indem sie Mahnbescheide ignorierten, so taten, als könnten sie nicht lesen, unbekannt verzogen, und was dergleichen Tricks mehr waren. Manche machten sich sogar die Mühe und versuchten sich diese illegalen amerikanischen Fernsehgeräte zu besorgen, mit denen man angeblich fernsehen konnte, ohne aufzufallen, aber meistens saßen sie einem billigen Betrug auf, und wunderten sich dann auch noch, wenn man ihnen den Vollstreckungs- und den Haftbefehl unter die Nase hielt. Als hätten ihnen die Schwarzhändler eine Garantie auf die Windeier gegeben. Der Staat hatte nun einmal die Beitreibung von Rundfunkgebühren auch für die privaten Sender übernommen, die sich seit dreißig Jahren schon nicht mehr voll durch Werbung finanzieren konnten, weil es so viele davon gab, daß die Werbeminuten sehr billig geworden waren, es sei denn, ein Sender zeigte pausenlos nichts außer Werbung. Verena war durch kaum etwas zu beeindrucken, sie kannte sich mittlerweile mit Spannern aus, weder Gebrüll noch Gewinsel machten ihr groß Angst, und

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