Wind & Der zweite Versuch
Raketen klar. Die Copter, die die COPROPE-TROL benutzte, waren eigentlich für die Seenotrettung entwickelt worden, und die Raketen, die sie senkrecht nach oben verfeuern konnten, waren früher Signalraketen gewesen, aber für die Zwecke der COPROPETROL waren sie mit kleinen Phosphorsprengköpfen ausgerüstet worden, die beim Niedergehen an Fallschirmen die Ölseen in Brand setzten. Erdöl war unberechenbar. Es konnte sein, daß es sich nur schwer entzünden ließ, es konnte aber auch genausogut sein, daß die Dämpfe, die über der Oberfläche waberten, explosionsartig hochgingen, und wenn man dann mit seinem Copter noch nicht außer Reichweite war: gute Nacht. Bessie bereitete die Maschinen auf einen automatischen Jumpstart nach dem Abfeuern der Raketen vor, es konnte gut sein, daß sie durch den G-Andruck nicht in der Lage war, die Maschine zu steuern, trotz des Netzes.
»Computer?«
»Kommandant!«
»Countdown für den Abschuß auf zwanzig Sekunden. Danach bringst du uns sofort aus dieser Scheiße raus, ich will mindestens fünf Kilometer Abstand vom Öl, wenn die Party losgeht.«
»Zu Befehl, Kommandant.«
Warum können die das Ding eigentlich nicht darauf programmieren, daß ich eine Frau bin? fragte sich Bessie zum x-ten Mal, während sie tief ein- und ausatmete, ihre Hände aus den Steuerungsstulpen herauszog und den Kopf so locker wie möglich in das Netz zu hängen versuchte. Fünf, vier, drei, zwei, eins, go.
Warren sah besorgt aus. Er sah immer besorgt aus, wenn es ein Problem gab, und gerade heute hatte er seine Laßt-uns-das-Problem-sachlich-besprechen-und-dann-konstruktiv-lösen-Miene so glaubhaft aufgesetzt, daß sogar Ron versucht war, darauf hereinzufallen. Zum Glück hatte Ron die Warren F. Brewster – Problemlösungsshow schon öfter gesehen und wußte, daß sich dahinter im Grunde nichts als tiefe Inkompetenz verbarg. Warren hatte diesen Job inne, weil er ein bestimmtes Gesicht hinhängen konnte, aber er war für die Astronauten die Schnittstelle zur Kontaktgruppe. Er war der einzige, bei dem eine gewisse Chance bestand, daß er Probleme wenigstens halbwegs sachlich richtig weiterleitete, weil er sich während der Gespräche immerhin Notizen machte.
»Okay Ron«, sagte Warren, »wir haben da also ein Problem mit den Raumanzügen. Du sagst, ihr bekommt das Schwitzwasser nicht in den Griff, wenn ihr euch länger als eine Viertelstunde darin bewegt. Ich frage mich …«
Aber er kam nicht mehr dazu, sich was auch immer selbst zu fragen, weil der Herr von Duvalier Chemical an dieser Stelle aufgeregt einhakte. Ron bemerkte mit einer gewissen Befriedigung, daß er sogar den Namen von dieser Person schon wieder vergessen hatte.
»Das ist unmöglich! Wir haben die Anzüge extensiv getestet, nachdem wir sie mit C-Flex ausgerüstet hatten, und keine der Versuchspersonen hat je über Probleme mit Schwitzwasser geklagt. Mir ist das völlig unbegreiflich.«
»Es hat sich auch niemand über Ombre- UV-Filterschutzcreme beklagt, bis die Leute reihenweise an Hautkrebs eingegangen sind«, sagte Ron.
»Ombre« war der Industrieskandal der Saison gewesen: ein kleines Tochterunternehmen von Duvalier Chemical hatte jahrelang bewußt einen UV-Filter verkauft, der das Krebsrisiko nicht nur nicht minderte, sondern im Gegenteil drastisch erhöhte, das war aber erst nach statistischen Untersuchungen herausgekommen, die die Betroffenen selbst hatten bezahlen müssen. Der Firmenvertreter wurde puterrot im Gesicht, was Ron ihm hoch anrechnete, aber bevor er unterbrochen werden konnte, setzte er hinzu:
»Nein, jetzt rede ich, und Sie hören zu. Nachdem Ihre Firma die Ausrüstung der Anzüge übernommen hat, hat sich ab einer gewissen Innentemperatur jedesmal Schwitzwasser in den Anzügen gebildet, und die Sichtfenster der Helme sind von innen beschlagen. Ihre extensiven Tests waren einen Scheißdreck wert, wenn Sie das nicht bemerkt haben. Ich verlange von Ihnen und Ihrer Firma, daß Sie uns saubere Arbeit abliefern. Nehmen Sie Ihren Mist aus den Anzügen raus und sorgen Sie dafür, daß diese Panne behoben wird, oder ich steige heute noch aus dem Programm aus und werde, wenn die Mission baden geht, jedem Reporter, der mir ein Mikrofon vor die Nase hält, erzählen, daß Duvalier Chemical daran schuld war.«
»Das muß ich mir nicht sagen lassen. C-Flex ist einer der modernsten Kunststoffe überhaupt, es ist anpassungsfähig, extrem dauerhaft, sehr leicht zu verarbeiten und außerdem konkurrenzlos
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