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Wind & Der zweite Versuch

Wind & Der zweite Versuch

Titel: Wind & Der zweite Versuch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Hammerschmitt
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Bewegungen so hinter Hermann, daß er die Tür nicht mehr ohne weiteres erreichen konnte. Weihnachtsmann 1 stand von seinem Stuhl auf und sagte dabei:
    »Was ist los, Hermann? Vergiß deine Pflichten nicht. Hier unten sind zwei Weihnachtsmänner, die hier nichts zu suchen haben, und ich denke, Basis grün sollte darüber Bescheid wissen.«
    Hermann konnte keinen Finger rühren, so gelähmt war er.
    »Bist du taub?« fragte sein Gegenüber. »Mach Meldung nach oben, aber fix. Und vergiß nicht, Alarm rot zu geben, wie es in deinen Dienstanweisungen so sauber drinsteht, na los, oder ich mach aus dir Pudding!«
    Er hielt plötzlich eine fremdartig geformte Schußwaffe in der Hand. Hermann gehorchte mit zitternder Stimme.
    »Basis Grün. Alarm. Alarm rot auslösen. Eindringlinge im System. Alarm rot.«
    »Verstanden Walterspiel«, kam es zurück, »Gruß an die Weihnachtsmänner.«
    Hermann wurde es schrecklich heiß. Er wußte nicht mehr, was er sagen oder tun sollte, und beschränkte sich aufs Atmen. Es gab nichts zu sagen. Diese Leute – wer immer sie waren – hatten ihn und den Tunnel völlig in der Gewalt, Basis grün war von ihnen besetzt worden, sie waren zu ihm heruntergekommen, um zu tun, was immer sie hier unten tun wollten, und er war dagegen absolut machtlos. Zuckend fiel ihm die Routinemeldung nach Bern, in die Zentrale der SIMPEX, ein, die in zwanzig Minuten fällig war, möglicherweise hatten sie hier einen Fehler gemacht. Wenn sie ihn töten würden, was ohne Frage ihre Absicht war, fiel diese Routinemeldung ins Wasser. Für diesen Fall ließ sich der Diensthabende in Bern mit dem Oberkommandierenden der Armee verbinden und bat ihn um Klärung der Angelegenheit. Die Computer der Zentrale waren für Stimmuster sehr sensitiv, und sie würden sich nicht von einer bloßen Stimmimitation täuschen lassen.
    »Weißt du Hermann«, sagte Weihnachtsmann 1, »ich zähle jetzt ein bißchen auf deine Mitarbeit. Wie du weißt, mußt du in neunzehn Minuten in Bern anrufen und deinen Kollegen dort mitteilen, daß hier unten alles in Ordnung ist.« Seine Stimme nahm einen besorgten Tonfall an. »Und ich habe mir gedacht, tja lieber Weihnachtsmann, habe ich mir gedacht, wie wird der Hermann reagieren, wenn wir ihn dazu zwingen, das nach Bern zu senden, und dazu nett zu lächeln? Na? Und ich konnte einfach nicht ausschließen, daß der kleine Hermann der Welt von diesen bösen Männern erzählt, die in seinen Schrebergarten eingebrochen sind und die Gartenzwerge durcheinanderbringen. Das wäre nicht gut, denn dann käme die Armee und würde uns nicht mehr von hier fortlassen. Also brauche ich jetzt deine Unterstützung. Ich brauche dein Stimmuster. Du wirst uns eine Geschichte erzählen, meinetwegen die Geschichte vom Rotkäppchen, damit wir daraus eine schöne kleine Routinemeldung an die Zentrale machen. Sprich ruhig und gelassen, versuch keine dämlichen Tricks und stell dich nicht quer, sondern erzähl uns in deinen Worten eine nette, kleine Geschichte, ungefähr fünf Minuten lang.«
    Hermann wußte gar nicht richtig, was er sagte, als er entgegnete: »Warum sollte ich das tun?«
    »Weil«, sagte Weihnachtsmann 1, rückte näher und hielt ihm die Mündung seiner Waffe genau vor die Sichtscheibe seines Helms, so daß Hermann hineinsehen konnte, »weil ich dich dann vielleicht nicht erschieße. Los jetzt! Märchenstunde!«
    Hermann sah reflexartig nach oben, und erst da bemerkte er, daß, von Weihnachtsmann Nummer 2 gehalten, ein Gegenstand über seinem Kopf baumelte, den er nach kurzem Überlegen als eine Art Mikrofon erkannte. Sie werden mich töten, dachte er. Ich werde mit einem Loch im Kopf danebenliegen, wenn sie die in Bern verarschen.
    »Wir sind auf Sendung, Hermann«, sagte Weihnachtsmann 1 und brachte durch eine Daumenbewegung an seiner Waffe eine rote Diode zum Leuchten.
    »Es war einmal ein kleines Mädchen«, begann er unsicher, »das hatte eine Großmutter. In einem tiefen Wald.«
     
    Belinda lehnte sich an den Betonpolier, an dem die Ausflugsboote festgemacht hatten, bis der See umgekippt war, und sah bedrückt auf das stinkende Wasser hinaus. Ihr Kollege am limnologischen Institut war Optimist und rechnete damit, daß der See in zwei bis drei Jahren wieder biologisch aktiv sein würde, und er arbeitete hart an diesem Ziel. Als Belinda ein kleines Mädchen gewesen war, hatte es hier noch Schwäne gegeben, der See war berühmt gewesen für seinen Reichtum an Wasservögeln, auf alten Speichern aus dem

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