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Wind & Der zweite Versuch

Wind & Der zweite Versuch

Titel: Wind & Der zweite Versuch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Hammerschmitt
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hören, was unten vorgeht?«
    Willy nickte.
    »Wenn die unten klar sind, sagen sie Ihnen Bescheid.«
    »Und der Typ?«
    »Ernst Müller. War mal Soldat.«
    »Das weiß ich schon. Irgendwelche Besonderheiten, Vorlieben, Abneigungen, sowas in der Art.«
    »Ist uns niemals aufgefallen. Wird in den Dateien nur als einfacher Bürger geführt. Keine Straftaten, keine Ordnungswidrigkeiten, nicht einmal Falschparken. Eine Reise nach Peru, vor vierzehn Jahren. Danach hat er seine Sekte gegründet, den ›Sonnenorden‹. Was das Strafregister angeht, ein völlig unbeschriebenes Blatt. Viel Glück.«
    Während Willy von dreien seiner Leute eine schmale und hohe Treppe hinaufgeführt wurde, blieb der Offizier zurück. Willy fühlte sich seltsam. Ihm war so deutlich Glück gewünscht worden, vielleicht hatte auch der SG-Offizier Angst, das war bei diesen Typen relativ selten. Licht am Ende des Gangs.
    »Herr Müller?« rief Willy in den Gang hinein, »Herr Müller? Hier ist Willy Dammbach. Ich bin Psychologe.«
    »Kommen Sie«, rief eine sanfte und männliche Stimme vom Ende des Gangs, »kommen Sie her.«
    Als Willy in den Raum trat, aus dem es gerufen hatte, verschlug es ihm die Sprache. Der Raum war ein halbrunder Saal, in dem es keine rechten Winkel zu geben schien, von der Decke hing eine Scheibe herab, die sehr nach echtem Gold aussah, ansonsten lagen nur flache Kissen um niedrige Tische auf dem Boden herum, ausgesucht schönes Parkett. Aber was Willy wirklich verrückt machte, worüber er beinahe spontan gelacht hätte, wenn die Situation nicht so ernst gewesen wäre, war das Arrangement, das Ernst Müller sich selbst und Fehrenbach auferlegt hatte. Müller saß auf einem flachen Thron, dessen Lehnen in Raubkatzenköpfen endeten, er saß so niedrig, daß seine Beine wie im Schneidersitz übereinandergelegt waren. Angetan war er mit einer Garnitur, die Willy schon kannte: die notorische schachbrettgemusterte Kutte, eine Federkrone auf dem Kopf; in der Hand hielt er einen Gegenstand, den Willy zunächst für eine Art Zepter hielt, bis er erkannte, daß es sich dabei um den Zünder für die Bombe handeln mußte. Am meisten wunderte er sich über das Gesicht: Müller mußte lange Jahre daran gearbeitet haben, wie ein Indio auszusehen, von dem Geld für all die plastische Chirurgie ganz zu schweigen. So in etwa hatte sich Willy immer einen indianischen Fürsten des präkolumbianischen Südamerika vorgestellt: mandelförmige Augen, eine vorspringende Nase, hohe Wangenknochen, satinbraune Haut. Unzweifelhaft ging von diesem Mann eine gewisse Autorität aus, auch wenn er sie sich nur anmaßte. Auf dem geometrisch gemusterten Tuch vor seinen nackten Füßen stand ein Schachbrett, komplett mit Figuren, an dessen anderem Ende Klaus Fehrenbach saß, sichtlich unzufrieden mit seiner Lage. Er saß nicht auf einem Thron, seine Kleidung bestand aus der einfachen schwarzen C-Flex-Garnitur eines SG-Offiziers (drei Sterne auf den Schulterwülsten), und er wußte offenbar nicht so recht, was er tun sollte. Willy und Fehrenbach haßten sich, seit dieser vor seinen Augen einen Gefangenen exekutiert hatte, der längst kampfunfähig gewesen war, wahrscheinlich weil der Gefangene Fehrenbach während der Verhandlungen ein »Bullenschwein« genannt hatte. Willy hatte es damals nicht gewagt, gegen Fehrenbach auszusagen, weil der SGler gedroht hatte, ihn auch noch zu erschießen. Ein Wort, und ich komme ganz privat zu dir, hatte Fehrenbach damals gesagt, und Willy träumte in letzter Zeit wieder davon. Alles war vertuscht worden, Gras war darüber gewachsen, und seitdem funkt es, wenn beide zusammen in einem Raum waren. Für Willy war Fehrenbach mindestens genauso gefährlich wie jeder andere der Psychopathen, Geiselnehmer und Selbstmörder, mit denen er täglich zu tun hatte, und diese Situation hier, das sah er mit einem Blick, roch nach Tod.
    »Herr Dammbach«, sagte der Indianerfürst, »bitte ziehen Sie Ihre Schuhe aus.«
    Diese Stimme! Willy sah an sich herab, stellte fest, daß er dicke braune Streifen Erde hinter sich hergezogen hatte, und er fing sofort an, sich die Schuhe auszuziehen. Der Fürst sagte:
    »Ich bin Atahualpa. Haben Sie Geschichtskenntnisse? Wissen Sie, wer Atahualpa ist?«
    Willy warf seine Schuhe mit einem einzigen Schwung aus dem Raum hinaus.
    »Ein Indianerfürst, Euer Hoheit.«
    »Bemerkenswert richtig, Herr Dammbach. Kommen Sie und setzen Sie sich.«
    Willy trat so ehrerbietig näher, wie er nur konnte, und ließ sich bei

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