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Wind des Südens

Titel: Wind des Südens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Shaw
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Als Nächstes kam Mrs. Plummer, um Esme abzuholen. »Ich habe ein hübsches, luftiges Zimmer für sie vorbereitet, Mrs. Kassel. Also bleibe ich einfach hier und warte, bis sie zurück ist. Wenn Mr. Kassel dann so nett wäre …«
            »Natürlich fährt er Sie nach Hause, meine Liebe. Kein Problem. Wir sind so froh, dass Sie sie bei sich aufnehmen. Das arme Ding. Der Schreck sitzt mir immer noch in den Gliedern, und ich werde ihrem verstorbenen Mann – Gott sei seiner Seele gnädig – ewig dankbar sein. Wissen Sie, wann die Beerdigung ist?«
            »Ich fürchte nein. Vielleicht kümmert sich Mrs. Caporn gerade darum. Das muss es sein.«
            »Ja, ganz bestimmt. Die Mädchen sollen Ihnen einen Stuhl in den Hof stellen, Mrs. Plummer, damit Sie dort warten können. Hier drinnen ist es viel zu staubig und zu schmutzig.«
            Seufzend wischte sie sich die Tränen weg, die ihr plötzlich in die Augen getreten waren. »Unser schönes Hotel! Jetzt reißen sie es ab …«
            Dann traf Mr. Willoughby ein, der ebenfalls Mrs. Caporn suchte.
            »Die Beerdigung ist heute Abend um sechs«, teilte er den Damen mit. »Die Einzelheiten erkläre ich Ihnen später.«
            Da der Vordereingang des Hotels geschlossen war, verließ Mal das Haus durch den Hintereingang, und zwar gerade in dem Augenblick, als Clive Hillier den Hof betrat.
            »Was willst du denn hier?«, fragte Mal ärgerlich.
            »Ich möchte Mrs. Caporn sprechen. Obwohl dich das eigentlich gar nichts angeht. Außerdem wäre ich dir dankbar, wenn du dich von meiner Frau fern halten würdest. Ich habe gehört, dass du vorhin im Krankenhaus warst. Du kannst wohl nicht lockerlassen, was, Mal? Mir war klar, dass du dich an Emilie ranmachen würdest.«
            Mal hatte keine Lust, sich mit ihm herumzustreiten. Er hatte Clives kühlen Blick und die widerwillige Begrüßung bemerkt und sich darüber gewundert, als er ihm, zum ersten Mal nach so vielen Jahren, im Hotel begegnet war. Und dabei waren sie einmal Freunde gewesen. Er selbst hatte Clive mit seiner Freundin Emilie bekannt gemacht und sie an ihn verloren. Dennoch hegte er keinen Groll gegen Clive, und dieser hatte weiß Gott auch keinen Grund dazu. Doch ganz gleich, was dahinter stecken mochte, es ging ihm auf die Nerven. Mal hielt sich vor Augen, dass er Jesse versprochen hatte, nichts gegen Clive, den Schweinekerl und Frauenschläger, zu unternehmen.
            Allerdings hatte er nicht vor, mit ihm zu debattieren.
            »Verzeih mir, Jesse«, sagte er und versetzte Clive einen Kinnhaken. Und zwar einen festen. Einen sehr festen, so dass sein Gegner rücklings zu Boden stürzte.
            »Gütiger Himmel!«, rief Mrs. Plummer, als sie sah, dass Mal Willoughby Mr. Hillier niederschlug und dann davonmarschierte.
            Mrs. Kassel beobachtete, wie Mr. Hillier sich taumelnd aufrappelte. »Was ist denn mit ihm passiert?«, erkundigte sie sich.
            »Ich habe nicht die geringste Ahnung«, erwiderte Mrs. Plummer taktvoll.
             
            Emilie freute sich zwar auf Mals Rückkehr, hatte aber auch Angst davor.
            Sie hatte Clive gegenüber zugegeben, dass sie sich, was die Firmenanteile anging, geirrt hatte – auch wenn es ihr lieber gewesen wäre, das Geld zur Bank zu bringen. Nun war Clive losgegangen, um die Anteile zu verkaufen, und behauptete, sie seien inzwischen viel mehr wert als die fünfhundert Pfund, die er dafür bezahlt hatte. Allerdings löste das Emilies Problem nicht: Sie würde nicht zu ihm zurückkehren.
            Er hatte eine »Unterkunft« für sie im Wohnheim der Telegrafengesellschaft gefunden. Früher hatten dort die Männer gelebt, die die Telegrafenleitungen warteten. Zwar räumte er ein, dass es zwar nicht sehr komfortabel sei, doch in der zerstörten kleinen Stadt gebe es eben keine große Auswahl. Wieder hatte er mit ihr gesprochen, als ob nichts geschehen wäre, bis sie fast selbst glaubte, dass sie den gebrochenen Arm und die Striemen am Rücken beim Einsturz der Hütte davongetragen hatte. Aber nur fast.
            Es war Emilie schrecklich peinlich gewesen, dass die Oberschwester die Ursache einiger ihrer Verletzungen erkannt hatte. Dass sie den gebrochenen Arm ebenfalls Clive verdankte, ahnte die Frau zum Glück nicht. Dennoch hatte ihr die Unverblümtheit der Oberschwester Mut

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