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Wind des Südens

Titel: Wind des Südens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Shaw
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Unternehmen wieder flottmachen und würde noch jede Menge Geld übrig haben. Wunderbar! Er war gerettet.
             
            Das lang gezogene, niedrige Krankenhaus hatte den Sturm mit nur kleinen Schäden an den Veranden und dem Dach überstanden, das bereits von Handwerkern repariert wurde.
            Der Morgen war feucht, und auf den Straßen lag noch ein Teppich aus verwehtem Laub. Doch die Sonne tat bereits ihr Bestes und schimmerte schwach durch eine Decke aus grauen Wolken.
            Mal, der auf dem Weg zum Bestattungsunternehmer war, verlangsamte seinen Schritt, als er am Krankenhaus vorbeikam. Er fühlte sich bedrückt und allgemein niedergeschlagen. Sicher wäre es das Sinnvollste gewesen, seine Siebensachen auf ein paar Pferde zu packen und sich aus dem Staub zu machen. Aber er brachte die Kraft dazu nicht auf. Und dabei wurde er hier nicht wirklich gebraucht. Die Menschen würden es auch ohne ihn schaffen, ganz gleich, wie viele Prüfungen das Schicksal ihnen auch auferlegte. Vielleicht, dachte er, lag es nur an dem trüben, bewölkten Himmel nach dem Wirbelsturm, der dafür sorgte, dass alles sich dahinschleppte.
            »Ich fühle mich wie gelähmt«, murmelte er vor sich hin. »Und wenn ich mich nicht bald auf den Weg mache, verliere ich noch Tussups Spur.«
            »Nein, das darfst du nicht«, protestierte eine innere Stimme. »Du musst das Schwein fassen.«
            Und dann? Mal wollte lieber nicht darüber nachdenken, was er anschließend tun sollte. Alles zu seiner Zeit.
            Aber er brachte es einfach nicht über sich, am Krankenhaus vorbeizugehen, ohne nach Emilie zu sehen. Jesse Field hatte ihm erzählt, was ihr zugestoßen war. Er meinte, Mal hätte es so oder so erfahren. Schließlich waren Krankenhäuser in einer kleinen Stadt wie dieser häufig eine wichtige Nachrichtenquelle – oder eine Gerüchteküche. Doch eigentlich war es unwichtig, wie man es bezeichnete. Allerdings hatte Jesse die Bedingung daran geknüpft, dass Mal nicht gleich loszog, um es Clive mit gleicher Münze heimzuzahlen.
            Mal war immer noch entsetzt. Er konnte sich nicht vorstellen, dass Clive Emilie schlug. Seine Emilie. Bestimmt war er betrunken gewesen. Oder nicht ganz bei Verstand.
            Mal hatte Emilie geliebt – inzwischen schien es eine Ewigkeit her zu sein –, und zwar wegen ihrer reizenden Art und ihrer Sanftheit. Die kultivierte zierliche Engländerin hatte sein Herz im Sturm erobert. Er erinnerte sich an ihre abweisende Reaktion, als er sie in Brisbane auf der Straße angesprochen hatte. Sie hatte ihm unmissverständlich mitgeteilt, dass sie nichts von Unterhaltungen mit fremden Männern hielt – selbst wenn dieser Fremde sie nur davor warnen wollte, weiterzugehen, weil weiter vorn ein Aufruhr tobte.
            Doch offenbar hatte die Vorsehung ihre Hand im Spiel gehabt, denn auch das zweite Mal war er ihr wieder auf der Straße begegnet – in Maryborough. Seine Emilie, der einzige Mensch, der an ihn glaubte, als man ihm den Diebstahl des Goldes und den Mord an den Wächtern in die Schuhe schieben wollte. Als Mal an diesen Albtraum dachte, erschauderte er.
            Emilie hatte bewiesen, dass sie sich nicht so leicht unterkriegen ließ, und einen Anwalt damit beauftragt, ihn zu verteidigen. Zum Glück war es ein guter Anwalt gewesen, der zu ihm gehalten hatte, bis die Polizei endlich aufgewacht und dahintergekommen war, dass der Goldbeauftragte selbst gemeinsam mit einem Komplizen das Verbrechen geplant hatte. Schließlich wurden die beiden Täter gehängt, doch die Polizei fand das Gold nie.
             
            Emilie erkannte die tiefe, tragende Stimme mit dem leicht nasalen Akzent sofort. Als sie zur Tür blickte, sah sie sein zerzaustes blondes Haar, sein gebräuntes Gesicht und sein Lächeln, mit dem er sie nun, in dem offensichtlichen Versuch, sie aufzumuntern, anstrahlte. Mal war früher ein wenig schüchtern gewesen, und man merkte es ihm immer noch an, als er, seinen Hut in den Händen, vor ihrem Krankenbett stand.
            »Wie geht es dir, Emilie?«, fragte er verlegen.
            »Inzwischen recht gut. Danke, Mal.«
            »Warum bist du dann immer noch im Krankenhaus?«
            »Um mich auszuruhen.«
            »Aha, ausruhen. Es heißt, ein Haus wäre über dir zusammengebrochen. Das muss ein ordentlicher Schock gewesen

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