Wind des Südens
hatten.
»Vier Leute hier, nicht drei. Große Stiefel, da, die von der Familie tragen aber alle Riemenschuhe, wie heißen die gleich?«
»Sandalen«, sagte Carl. »Ja, sie tragen alle Sandalen.«
»Wer hatte dann die großen Stiefel an?«
»Ja, wer?«
»Dann sieh mal hier. Vorsichtig. Große Stiefel kommen vom Haus, rennen. Da, die seichten Abdrücke …«
Carl sah den Unterschied nicht wirklich, wusste aber, dass diese beiden Spurenleser einen geknickten Grashalm auf zwanzig Schritt Entfernung erkannten.
»Und dann geht er zurück zum Pferd, wartet hier. Das Pferd ist schon ganz wild. Hat sicher den Schuss gehört und Angst gekriegt. Sieh hier, Boss. Hat Hufe in den Boden gestemmt, ist rumgesprungen. Und vom Tor bis zu dem Pferd hier, das hier angebunden war, Blut an den Stiefeln. Ist diesmal nicht gerannt, aber schwer gegangen … so etwa.«
Der andere Fährtensucher nickte bekräftigend, als Deadeye den schweren Gang demonstrierte.
»Also glaubst du, der Fremde hat unseren Sergeant erschossen?«
Deadeye zuckte mit den Schultern. »Das ist dein Job, Boss.«
Stundenlang verhörten der Polizeivorsteher und ein höherer Beamter die Tussups, bis sie aufgaben und eingestanden, dass Dinny Delaney bei ihnen war, und das verschlimmerte ihre Situation, wie Ted es vorausgesehen hatte. Er hatte nicht damit gerechnet, dass man schwarze Fährtensucher einsetzen würde, wenn man der Polizei doch gesagt hatte, was passiert war. Doch jetzt waren sie des schweren Verbrechens schuldig, einen berüchtigten Kriminellen beherbergt zu haben.
»Dann war es Delaney, der Sergeant Hawthorne umgebracht hat?«, fuhr Muller ihn an.
»Nein!«, sagte Ted, und Jake schrie: »Ja!«
Die Frau, Mrs. Tussup, weinte und weinte. Sie stellten ihr die gleiche Frage. Um Klarheit zu bekommen. Sie verweigerte die Antwort.
Je heftiger sie die Familie auf ihre zornige, anklagende Art verhörten, desto verängstigter wurde Jake. Der Lärm, die Stimmen waren überall um ihn herum, schlossen ihn ein, und er hörte das verbitterte Gemurmel, den ständigen empörten Ausruf: »Schande!«
Ein Stein ließ das Fenster bersten, doch keiner der Gesetzeshüter im Hause schenkte dem Beachtung.
Jake blickte nach draußen und sah, dass sich eine Menschenmenge versammelt hatte, und immer noch mehr kamen den Hügel hinauf. Als sie ihn am Fenster sahen, beschimpften sie ihn, warfen Erdklumpen aufs Haus und veranstalteten einen derartigen Aufruhr, dass er erst nach einer Weile begriff, was sie verlangten: »Hängt ihn!«, brüllten sie. »Knüpft den Schweinehund auf«, und neben ihm, am Fenster, hörte er, wie zwei Polizisten zustimmten. Zustimmten!
Er hatte von Anfang an verstanden, dass sie von einem Unfall nichts wissen wollten, keiner von ihnen; sie wollten lediglich Rache. Doch seine Knie drohten nachzugeben, als ihm richtig klar wurde, dass sie ihn hängen würden. In dem großen Gefängnis waren auch früher schon Kerle gehängt worden, nachdem der Richter sich das schwarze Tuch über den Kopf gelegt hatte.
»Bringt ihn nach draußen«, sagte Muller, und ein Wachtmeister packte ihn am Arm, zerrte ihn zur Tür hinaus und stieß ihn in den Hof.
Jakes Beine waren wie aus Pudding. Er brach zusammen, doch niemand reichte ihm eine hilfreiche Hand. Er erhielt lediglich einen Tritt in die Rippen und musste sich aus eigener Kraft am Geländer wieder hochziehen.
Bald darauf trat Muller aus dem Haus, blieb an der Hintertür stehen und zündete sich seine Pfeife an. Er ließ sich Zeit, bevor er zu den anderen kam, um seine Pfeife zu paffen und Jake anzusehen, dass ihm angst und bange war. Jake spürte bereits den Ruck des Seils und hörte den Jubel der Schweinehunde vor dem Gefängnis, während er erstickte – der gleichen Leute, die jetzt wie böse Schreckgespenster auf der anderen Seite des Zauns standen und darauf warteten, ihn zerreißen zu können.
Eine Frau schrie, und Jake fuhr zusammen.
»Wer war das?«, fragte er Muller in spontaner Reaktion.
»Mrs. Hawthorne, würde ich sagen. Roys Witwe. Sie muss jetzt vier Kinder allein großziehen; kein Dad, der ihr dabei
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