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Wind des Südens

Titel: Wind des Südens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Shaw
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hilft.«
            Das wusste Jake. Er kannte Charlie Hawthorne, ein Jahr älter als er, ungleich schwerer und kräftiger, ein verdammter Rüpel, der jeden zusammenschlug, der ihm in die Quere kam. Jake hatte schon immer Angst vor ihm gehabt. Zitternd platzte er heraus: »Sie können mir nicht die Schuld gegen. Ich war’s nicht.«
            Breit hinter Muller stehend, in die Sonne blinzelnd, sah er den Chef der Polizisten, der sich an den Wachtmeister wandte und nickte.
            »Jetzt geht’s endlich voran.« Muller drehte sich zu Jake um. »Ich habe nie geglaubt, dass du es warst. Es kommt auf das Gewehr an, verstehst du? Es war nicht dein Gewehr, sondern das deines Vaters, mit dem geschossen wurde. Stimmt’s?«
            »Ja.« Jake senkte den Blick auf seine staubigen Stiefel.
            »Hatte Delaney ein Gewehr? Aber ja, natürlich. Das haben wir ja schon durchgekaut. Aber du hast selbst gesagt, du hättest nicht gewusst, was es war, weil es im Sattelholster steckte und er es gar nicht herausgenommen hat.«
            »Hat er gesagt«, bestätigte der Wachtmeister. »Ich habe es selbst gehört. Neugierige Gören sehen alles, aber er hätte sich nie getraut, sich an Delaneys Büchse zu vergreifen. Oder?«
            »Nein.« Jake war eifrig darauf bedacht, allem zuzustimmen, und Mullers Kopf nickte unablässig.
            »Und deine eigene alte Büchse, die war die ganze Zeit in der Waschküche, wo wir sie dann ja gefunden haben, und daraus wurde nie geschossen, stimmt’s, Jake?«
            »Ja.«
            »Bleibt also nur das Gewehr, das Sergeant Roy Hawthorne getötet hat, einen feinen aufrechten Burschen, der nur gekommen war, um zu sehen, wen Ted Tussup zu Besuch hatte. Und weil er misstrauisch war, hatte er seine Pistole gezückt, aber bevor er noch ein Wort sagen konnte, traf ihn eine Kugel aus dem Gewehr deines Vaters, stimmt’s? Stimmt das, Jake? Wir haben jetzt genug von deinen Lügen. Wir müssen die Sache zu Ende bringen, bevor die Meute da draußen noch wütender wird und Farm niederbrennt.«
            »Ja.«
            Mullers Kopf fuhr ruckartig zum Wachtmeister herum. »Siehst du, ich hatte von Anfang an Recht.«
            »Sieht so aus. Die Schweine haben den ganzen Tag versucht, uns Lügenmärchen zu erzählen, und ihre Geschichte immer wieder verdreht.«
            »Na, jetzt ist es vorbei. Wir nehmen Tussup mit, und du, Junge, du reißt dich zusammen und bleibst bei der Wahrheit, oder wir lochen dich auch ein. Ich sollte dich sowieso verhaften, weil du mit einem Gesetzlosen gemeinsame Sache machst, aber warten wir erst mal ab, wie du dich benimmst …«
             
            Als er vor Gericht aussagen und seinen Vater bezichtigen musste, traf seine Mutter der Schlag. Sie musste ins Krankenhaus gebracht werden und starb einen Monat später.
            Ted widersprach seinem Sohn mit keiner Silbe und versuchte auch nicht, sich selbst zu verteidigen.
            »Ich hätte Delaney niemals in mein Haus lassen dürfen«, sagte er matt zu seinem Anwalt. »Damit fing alles an.«
            Der Anwalt, der für seinen Klienten tat, was er konnte, schaffte es, Delaney eine Botschaft mit der Bitte um Informationen zukommen zu lassen, weil einige Leute immer noch behaupteten, der Sohn hätte Hawthorne erschossen, nicht der Vater.
            Er erhielt auch tatsächlich eine Antwort von dem Buschklepper, allerdings nur mündlich, bestehend aus der schlichten Bemerkung: »Das ist eine Familienangelegenheit der Tussups.«
            Diese Antwort gab dem Anwalt ein Gefühl des Unbehagens, doch Ted wiederholte sein Geständnis, und das war’s dann.
            Zwei Monate später wurde er im Gefängnis von Goulburn gehängt, doch da war Jake schon längst über alle Berge. Als seine Mutter starb, machte er sich lieber aus dem Staub, statt sich den voraussagbaren Ergebnissen der letzten Verhandlungstage zu stellen.
            Irgendwann las er über die Hinrichtung, als er flüchtig in der Bibliothek von Sydney in der Zeitung blätterte, dann ging er zum Hafen und heuerte als Leichtmatrose auf der Seattle Star an, einem amerikanischen Klipper.
            Jake Tussup gestattete sich nie wieder einen Gedanken an diese Vorfälle. Eine Zeit lang focht er in seinen Albträumen Kämpfe mit seinem Gewissen aus, aber am Ende siegte er stets. Die Geschichte verblasste

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