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Wind des Südens

Titel: Wind des Südens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Shaw
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Frühstückszimmer. »Wo ist die Zeitung, Lavinia?«
            »Ich wollte sie dir gerade bringen. Schau dir das an; ich traue meinen Augen nicht. Hast du das veranlasst?«
            Raymond blickte über ihre Schulter und las die wenigen Zeilen unten auf der Seite: »Der Courier entschuldigt sich bei Mr. Jake Tussup dafür, dass er ihn irrtümlich als Mörder bezeichnet hat. Der Autor des Artikels war falsch informiert. Mr. Tussup ist unschuldig.«
            »Nein, das war ich nicht! Offenbar hat Tussup die Redaktion unter Druck gesetzt. Und jetzt ist der Mistkerl mir entwischt, obwohl Polizeichef Salter mich ausdrücklich gebeten hat, dafür zu sorgen, dass er die Stadt nicht verlässt.«
            »Warum sollte er das tun? Du hast doch alles im Griff.«
            Raymond reichte ihr den Brief.
            »Ach, du meine Güte!« Lavinia schnalzte mit der Zunge. »Um Himmels willen. Glaubst du wirklich, dass Mr. Willoughby so auf Rache versessen ist?«
            »Ich muss zugeben, dass ich mir deswegen Sorgen gemacht habe.«
            »Und Tussup inzwischen anscheinend auch. Er hat es sicher mit der Angst zu tun bekommen. Sonst wäre er nicht geflohen, obwohl du so nah vor einer Lösung des Problems stehst. Und was ist mit Constance? Sagtest du nicht, du wolltest ihn zu ihr bringen? Es ist ihr doch so wichtig, ihn zu sehen.«
            Raymond griff nach der silbernen Kaffeekanne auf der Anrichte und schenkte sich eine Tasse ein.
            »Der ist bestimmt schon kalt«, meinte seine Schwester. »Soll ich frischen kochen?«
            »Danke, geht schon … Ich hatte vor, ihm heute von ihr zu erzählen. Offenbar ahnt er nicht, dass sie einen Nervenzusammenbruch hatte. Aber das haben ja nur wenige Leute mitbekommen. Ich habe keine Lust mehr, mich mit Tussup herumzuärgern. Der kommt schon allein zurecht. Allerdings bedauere ich es sehr, Constance enttäuschen zu müssen. Wenn ich Tussup erzählt hätte, dass sie unbedingt mit ihm sprechen will, wäre er vielleicht noch geblieben.«
            »Das glaube ich nicht, Raymond. Auf mich macht er den Eindruck eines ganz und gar verantwortungslosen Menschen. Der Himmel weiß, wie er es bis zum Offizier gebracht hat.«
            »Er ist intelligent und hat die richtige Ausstrahlung. Und ich stimme dir zu. Der Bursche hat sich von Anfang an vor seinen Pflichten gedrückt.« Raymond stürzte den kalten Kaffee hinunter. »Wahrscheinlich gehe ich jetzt am besten in die Stadt, besuche Jasper und hole mir für all meine Bemühungen auch noch eine Gardinenpredigt ab.«
            Lavinia nahm die Zeitung. »An deiner Stelle würde ich mir zuerst anhören, was Jasper zu sagen hat, bevor du mit der schlechten Nachricht herausrückst.«
            »Dass Tussup um sein Leben gelaufen ist? Nicht wegen der Polizei, sondern wegen Willoughby? Damit würde ich ein neues Problem aufs Tapet bringen. Der Dreckskerl ist einfach abgehauen, ohne mir eine Erklärung für sein Verhalten zu geben. Seine Rechnung soll er haben. Eigentlich wollte ich ja nichts verlangen, aber jetzt präsentiere ich ihm eine Honorarforderung, die sich gewaschen hat. Wahrscheinlich ist es das Beste, wenn ich ihn schriftlich über die Situation auf dem Laufenden halte und fordere, dass er zurückkommt, wenn es nötig wird.«
            Er marschierte zurück in sein Arbeitszimmer und starrte aus dem Fenster auf die pastellfarbenen Blüten des Magnolienbaums. »Sydney, was?«, murmelte er. »Wir wollen wohl nach Hause?«
            Zu Beginn der Ermittlungen in Cairns hatte sich die Polizei nach der Herkunft der Mannschaftsmitglieder der China Belle erkundigt, und Kapitän Loveridge hatte ihr bereitwillig die nötigen Informationen geliefert. Wie Raymond sich erinnerte, hatte er gesagt, Tussup stamme aus Neusüdwales, und zwar aus Goulburn. »Wenn ich das gehört habe«, überlegte Raymond weiter, »hat Mal es sicher auch aufgeschnappt. Er war ebenfalls im Raum. Aber erinnerte er sich noch an dieses Gespräch?«
            Raymond plante seinen Tag. Zuerst wollte er Jasper aufsuchen und anschließend zum Mittagessen nach Hause kommen. Für den Nachmittag hatten Lavinia und er einen neuerlichen Besuch bei Constance vorgesehen. Lavinia wollte sie zu sich nach Hause holen, da sie offenbar nicht erfreut von der Vorstellung war, zu Lyle zurückzukehren. Sie verstand nicht, warum Constance die Anstalt nicht verlassen

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