Wind des Südens
dafür bezahlen, dass wir bei ihr bleiben. Anscheinend leben in dieser Gegend nicht viele Menschen englischer Herkunft, jedenfalls nur wenige mit Stil.«
»Vergiss nicht, dass wir ihren Freund Mr. Hillier aufsuchen sollen. Clive Hillier. Möchte wetten, er ist auch einer von uns.«
»Mir ist völlig gleich, ob er Engländer oder Inder ist. Er besitzt irgendwo ein Textilkaufhaus und will hier ein weiteres bauen. Jack sagt, der arme Kerl hätte sich reichlich übernommen, finanziell, meine ich. Das könnte eine gute Investition für uns sein, meine Liebe. Wer weiß, vielleicht benötigt er einen Partner. Ich schätze, Jack hat uns von ihm erzählt, weil er hofft, wir könnten unsere Hilfe anbieten.«
Der Wagen war gut gefedert, die Ledersitze waren weich. Während sie die dunstige Straße entlangfuhren, tauchte immer wieder die Sonne hinter den Baumwipfeln auf, als wollte sie das Paar verfolgen. Esme nickte ein, dankbar für die Verschnaufpause. In letzter Zeit war sie oftmals so erschöpft. Ihre Nächte waren turbulent, bei Tage spielte sie Theater, und hätte ihr armer toter Bruder Arthur ihr nicht Gesellschaft geleistet, wäre sie zusammengebrochen. Auch der Gedanke an Rache hielt sie aufrecht: Jeden Tag betete sie dafür, dass diese Schufte gefangen und bestraft wurden. Am besten gehängt. Sie konnte immer noch nicht fassen, derartig von Männern misshandelt worden zu sein. Und so schrecklich gedemütigt. Sie schluchzte, blinzelte und richtete sich.
»Du hast so schön geschlummert, meine Süße.« Neville lächelte. »Schön, einmal wieder allein unterwegs zu sein, nicht wahr? Was hältst du davon, wenn wir den alten Horwood in seinem Hotel besuchen? Er lädt uns bestimmt zum Essen ein.«
»Der doch nicht. Er ist viel zu geizig. Bei Mr. Lewis stehen die Chancen besser. Was meinst du, ob die Meuterer mittlerweile schon gefangen sind?«
»Vielleicht. Ich hoffe es. Die arme Mrs. Horwood. Gott allein weiß, was sie ihr angetan haben, nach allem, was du mit denen erlebt hast. Sie haben kein Erbarmen, überhaupt kein Erbarmen. Tiere sind das.«
Esme schauderte. »Ich will nicht darüber reden.«
Er drückte ihr Knie. »Ganz recht. Braves Mädchen. Das ist das Beste für dich.«
Schließlich war es dann Mrs. Plummer, die die Caporns zum Essen einlud, da Mr. Lewis nach Cooktown abgereist war, um bei der Suche nach Mrs. Horwood zu helfen.
Lyle Horwood, fahl und mutlos, freute sich so, sie zu sehen, dass er sie wie alte Freunde begrüßte, doch obwohl er mit ihnen an einem Tisch saß, machte er keine Anstalten, ihre Rechnung zu übernehmen. Neville lächelte Esme zu: Du hattest Recht.
Es war eine üppige Mahlzeit: Roastbeef mit allem Drum und Dran, und es schmeckte ihnen außerordentlich gut. Entsprechend herzlich bedankten sie sich bei Mrs. Plummer.
Nach dem Essen unternahmen sie mit Mrs. Plummer einen Spaziergang durch die Stadt. Sie zeigten Interesse an einer im Bau befindlichen Ladenzeile in einer Straße hinter der Promenade, und sie erfuhren, dass Clive Hillier, der Mann, den sie besuchen wollten, der Bauherr war.
Mrs. Plummer führte sie ein Stückchen aus der Stadt heraus, um ihnen große, bereits erschlossene Grundstücke zu zeigen.
»Ein Haus hier könnte mir gefallen«, sagte sie, »mit Blick auf diese bezaubernde Bucht.«
»Genau das habe ich auf dem Weg hierher auch zu Esme gesagt«, pflichtete Neville ihr bei. »Das da ist der richtige Platz für dein Stadthaus, meine Liebe. Etwas Besseres findest du nicht.«
Clive war erfreut, dieses liebenswerte englische Pärchen kennen zu lernen, und das umso mehr, als er von ihren Plänen hörte, sich vielleicht in dieser Gegend niederzulassen.
»Hier kann Ihnen nichts schief gehen«, sagte er. »In diesem Land schießen neue Städte wie Pilze aus dem Boden, dank des Goldfiebers. Nachdem jetzt landeinwärts von hier, im Hodgkinson River, noch mehr Gold gefunden wurde, wird dieser kleine Hafen in Windeseile zu einer Stadt anwachsen.«
»Erstaunlich«, sagte Mr. Caporn. »Obwohl wir uns noch nicht so recht vom Schock dieser scheußlichen Meuterei erholt haben, sind wir restlos fasziniert von diesem Land. Wir wissen kaum, wohin wir zuerst blicken sollen,
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