Wind Die Chroniken von Hara 1
im Kopf eines Dämonenbeschwörers vor sich geht?«
»Der Bote hat sich also als Angehöriger des Purpurnen Ordens entpuppt?« Sie hob den unlängst erstandenen Rock an und befestigte am rechten Schenkel eine Scheide mit einer langen schmalen Klinge. »Du hattest Glück, dass er in deiner Nähe war.«
»Das gilt umgekehrt genauso.«
»Ich hätte viel dafür gegeben, das Gesicht der Verdammten zu sehen, als ihr klar wurde, wer ihr da gegenüberstand«, sagte Lahen kichernd. »Typhus dürfte kaum damit gerechnet haben, dass sie an einen Dämonenbeschwörer gerät! So einer kann eine ganze Menge gegen sie ausrichten. Es tut mir fast leid, dass Giss nicht mehr bei uns ist. Wo habt ihr euch getrennt?«
»In einer Schenke, zwei Tage von Alsgara entfernt. Ich habe mich mitten in der Nacht verdrückt, als er noch geschlafen hat. Mir behagen solche Weggefährten nicht, auch wenn ich grundsätzlich nichts gegen Dämonenbeschwörer habe. Trotzdem fühle ich mich ohne sie wohler.«
»Ist Shen bei ihm geblieben?«, erkundigte sie sich, während sie sich eine zweite Klinge in den Ärmel steckte.
»Der ist spurlos in der Dabber Glatze verschwunden, sodass wir ohne ihn weitergeritten sind. Ob er überlebt hat oder nicht, kann ich also nicht sagen.«
»Es würde mir leidtun, wenn der Heiler tot wäre«, bemerkte sie. »Letzten Endes hatte er keine schlechten Anlagen.«
»Vor allem nicht, wenn es um Unverschämtheit und Sturköpfigkeit ging.«
»Ohne diese Eigenschaften kommt er nicht weit«, sagte mein Augenstern. Sie hatte sich inzwischen vollständig angezogen. »Aber vielleicht hat die Welt nun einen neuen Skulptor verloren.«
»Sollen wir schon aufbrechen? Wäre es nicht besser zu warten, bis es dunkel ist? Heute Morgen musste ich schon einen Kopfgeldjäger ausschalten.«
Ich erzählte ihr von dem Vorfall in der Blauen Stadt.
»So schnell?«, fragte Lahen erstaunt. »Manchmal kann ich mich über deine Fähigkeit, in Schwierigkeiten zu geraten, nur wundern. Du bist noch nicht mal einen Tag hier – und schon hat man dich erkannt. Für wen hat er gearbeitet?«
»Er war sein eigener Herr. Bei Moltz stand er nur gelegentlich in Lohn und Brot«, antwortete ich. »Aber was ist jetzt? Sollten wir nicht doch besser auf den Einbruch der Nacht warten?«
»Bei Einbruch der Nacht gilt in Alsgara inzwischen Ausgangsverbot. Dann sollten wir uns also nicht mehr auf der Straße blicken lassen. Armeepatrouillen, die Stadtwache und die Gardisten des Statthalters achten zusammen mit Schreitenden und Glimmenden darauf, dass das Verbot eingehalten wird. Und Letzteren sollten wir nun wirklich nicht in die Arme laufen. Wenn wir zu Moltz wollen, müssten wir also jetzt los. Und ihm sollten wir auf jeden Fall einen Besuch abstatten, um ihm zu danken, dass er so liebenswürdig war, uns Knuth und seine Kumpane zu schicken, damit sie uns von Yokhs schändlichem Verhalten in Kenntnis setzen.«
»Wahrscheinlich hast du recht«, erwiderte ich. »Er brennt vermutlich schon darauf, uns zu sehen.«
Wir grinsten uns an.
»Hast du etwas über Yokh erfahren?«, fragte ich, während ich mich anzog.
»Bisher habe ich mich ja kaum rausgetraut. Meist waren Khtatakh und Yola meine Augen und Ohren. Nach dem, was sie gehört haben, wird es nicht gerade leicht sein, an ihn heranzukommen. Yokh hat sich regelrecht verschanzt.«
»Früher oder später müssen wir alle ins Reich der Tiefe«, entgegnete ich ruhig. »Im Übrigen bleibt uns nicht viel Zeit für diese Aufgabe. Spätestens Ende der Woche sollten wir ein Schiff nehmen.«
»Ich weiß. Ich habe gehört, dass der Linaer Moorpfad genommen ist. Bald wird es hier ganz schön brenzlig werden.«
»Was ist mit deiner Gabe?«, fragte ich und nahm das Beil an mich.
»Sie ist längst nicht in der Weise zurückgekehrt, wie ich gehofft hatte.«
»Und das heißt?«, hakte ich nach. »Kann ich auf deine Hilfe rechnen?«
»In dieser Hinsicht nicht. Zumindest noch nicht. Der Funke glüht, bislang jedoch sehr schwach. Einiges bekomme ich zustande, aber es ist wenig. «
Ich versuchte, meine Enttäuschung zu verbergen. Diese elende Verdammte! Das war allein ihre Schuld! Hätten wir sie nicht getroffen, wäre es wesentlich einfacher, mit Yokh abzurechnen.
»Mach dir keine Sorgen, mein Augenstern. Wir kommen auch so zurecht. Schließlich erledigen wir eine solche Sache nicht das erste Mal.«
»Gehen wir«, sagte sie. »Unterwegs zeige ich dir, wo wir heute Nacht schlafen.«
»Warte! Was ist mit dem Geld?«,
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