Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wind Die Chroniken von Hara 1

Wind Die Chroniken von Hara 1

Titel: Wind Die Chroniken von Hara 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexey Pehov
Vom Netzwerk:
ein feiner Regen ging nieder, der immer wieder zuzunehmen drohte, sodass meine Kapuze erst recht niemanden stutzig machte. Heute Abend sollten die Kämpfe stattfinden. Yokh musste auf seinem Weg zur Arena hier vorbeikommen. Er durfte mich unter keinen Umständen erkennen, deshalb die Verkleidung. Während ich hier den rechtschaffenen Menschen aus Alsgara ein paar Münzen aus den Rippen leierte, begab sich Lahen in die Zweite Stadt, um herauszufinden, wie es mit der Bewachung von Yokhs Nest aussah.
    Die gelbgesichtige Fratze Dreifingers hatte ich nicht mehr zu Gesicht bekommen, seit ich ihm zwei Finger der rechten Hand abgeschlagen hatte. Seit jenem denkwürdigen Tag mochte mich der Kerl noch weniger und hatte wiederholt versucht, meiner auf die eine oder andere Weise habhaft zu werden. Stets erfolglos. Denn damals war er noch nicht stark genug, um von der Gilde meine Auslieferung zu verlangen. Irgendwann ließ er deshalb von mir ab. Aber er vergaß mich nicht. Jetzt fühlte er sich unangreifbar und wollte sein Glück erneut wagen. Und vieles sprach für ihn: Er zählte den Statthalter, den er schmierte, zu seinen Freunden, war seine graue Eminenz, organisierte Empfänge und Bälle für ihn und den Hochadel, richtete Feiertage und andere Festivitäten aus. Außerdem kümmerte er sich um das Glücksspiel, die Kämpfe, die Huren und kleinen Diebe. Er hatte ganz unten angefangen und sich nach oben gearbeitet. Der beste Freund des Statthalters – konnte es eine nachdrücklichere Empfehlung geben? Bei einem solchen Freund würde ihm niemand auch nur ein Härchen krümmen. Selbst die Gilde nicht. Denn der gehörten auch nur Menschen an – und die konnten getrost auf Schwierigkeiten mit den Machthabern verzichten, vor allem mit den Schreitenden.
    Moltz hielt sein eigenes Süppchen am Köcheln, indem er dem Stadtrat einige unliebsame Gestalten vom Hals schaffte. Im Gegenzug sah der über die anderen Morde hinweg, zumal auch diese oft genug von einflussreichen Persönlichkeiten in Auftrag gegeben wurden. Obendrein wanderte ein Teil der Soren in die Taschen des Stadtrats, der Befehlshaber der Stadtwache und anderer Beamter. Sollte Moltz jedoch einmal über die Stränge schlagen, würde ihn das den Hals kosten. Was ein gewichtiger Grund war, Yokh nicht zu beseitigen, auch wenn dieser sein Auge bereits seit einiger Zeit begehrlich auf die Gilde gerichtet hatte.
    Was also lag für Moltz näher, als auf Lahen und mich zu verfallen? Käme es hart auf hart, könnte er sich bequem zurücklehnen und uns als Sündenbock präsentieren. Andererseits war niemand geeigneter als wir, dafür zu sorgen, dass Yokh die Würmer fütterte, die Gilde aber mit sauberen Händen dastand. Denn wir hatten keine andere Wahl. Bliesen wir Dreifinger nicht das Licht aus, fänden wir bis ans Ende unserer Tage keine Ruhe mehr. Nicht bei zehntausend Soren. Für diese Summe hätte ich mich in vergangenen Zeiten selbst in die Glücklichen Gärten befördert – was sollte ich da also von anderen erwarten?
    Jetzt kam der Zug dieses Wurms in Sicht. Ich zog die Kapuze noch tiefer ins Gesicht und drückte mich in eine Ecke. Seine Hoheit Yokh Dreifinger ließ sich dazu herab, die Vorbereitungen für die Kämpfe am Abend höchstselbst zu beaufsichtigen.
    Der Prozession voran ritten vier Männer mit leichten Armbrüsten, die sie schussbereit hielten. Dann wartete eine höchst unangenehme Überraschung auf mich: Bei Yokhs Leibwache handelte es sich um Angehörige aus Ga-nors Klan. Die wilden rothaarigen Krieger mit den finsteren, bärtigen Gesichtern ließen an Raubtiere denken. Ein Dutzend Irbiskinder bildeten einen geschlossenen Ring um die Kutsche, drei weitere ritten am Ende. Sie alle trugen Kurzbögen.
    Dann die Kutsche! Fensterlos, wie sie war, nahm sie mir jede Möglichkeit, einen Pfeil in ihr Inneres zu schicken. Die Türen dürften mit ziemlicher Sicherheit von innen verriegelt sein. Bevor ich mich zu der wertvollen Fracht vorgekämpft hätte, wäre ich also bereits mit Pfeilen gespickt. Oder hätte mir einen Armbrustbolzen von dem Schützen eingefangen, der neben dem Kutscher thronte.
    Nachdem die Kutsche an mir vorbeigefahren und im Labyrinth der Gassen des Gemüsegärtnerviertels verschwunden war, blieb ich noch kurz sitzen. Schließlich stand ich auf, sammelte mein Kleingeld ein und machte mich davon. Alles, was ich wissen musste, hatte ich in Erfahrung gebracht.
    Gerade als ich mich in einer einsamen Gasse umzog, setzte ein starker Regenschauer

Weitere Kostenlose Bücher