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Wind Die Chroniken von Hara 1

Wind Die Chroniken von Hara 1

Titel: Wind Die Chroniken von Hara 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexey Pehov
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seinen Befürchtungen sprang jedoch nichts und niemand sie an. Ungehindert gelangten sie zu einer Lichtung. Und erst hier witterte Luk das, was die feine Nase Ga-nors schon längst aufgeschnappt hatte: den Geruch verwesender Leichen.
    Die Toten stanken fürchterlich. Selbst wenn Pork auf die Idee gekommen wäre, sich ein ganzes Jahr lang nicht zu waschen (was sein Vater selbstverständlich niemals zuließe), würde er nicht derart ekelhaft miefen. Der Dorftrottel nahm nun schon den dritten Anlauf, die Leichen zu fleddern. Ihm war speiübel, in seinem Kopf drehte sich alles, sein Magen rebellierte. Bei den ersten beiden Versuchen hatte er sich stets übergeben, das letzte Mal sogar aufs Hemd.
    Das brachte ihm einen Haufen Arbeit ein, denn er musste das Hemd waschen. Würde er sich in dem verdreckten Ding zu Hause blicken lassen, bezöge er derart Prügel, dass er einen Monat lang nicht auf seinen vier Buchstaben sitzen könnte. Daran würde seinen Vater auch die Tatsache nicht hindern, dass er, Pork, sowohl mit den Nabatorern wie auch mit dem Onkel Nekromant gut Freund war. Der Nekromant hatte ihm diese Toten sogar geschenkt! Und alles, was er bei den Leichen fand, gehörte ihm. Kein Nabatorer Soldat würde es ihm wegnehmen. Und wenn doch, dann würde er, Pork, zum Nekromanten gehen, und der würde den gemeinen Kerl in vergammeltes Fleisch verwandeln. Dann würden alle wissen, was mit dem geschieht, der Pork ärgert! Jawoll! Er, Pork, hatte jetzt nämlich Freunde, da sollten sich die anderen lieber in Acht nehmen.
    Tausende von Fliegen schwirrten über den Leichen und surrten ekelhaft. Immer wieder flog ihm eine in den Mund. Der Trottel spuckte ständig aus und fuchtelte mit der Hand, aber das half wenig. Dazu schwitzte er bei dieser Hitze viel zu stark, und der Schweiß sowie das bekotzte Hemd zogen die Biester unwiderstehlich an.
    Mittlerweile war Pork bereits stolzer Besitzer von zwei Paar gewaltig stinkenden Stiefeln, wobei das eine ihm vorzüglich passte und damit sofort einen würdigeren Besitzer fand. Auch eine goldene Kette, drei Beutel mit etlichen kleinen Münzen, ein Messer mit einem schönen Griff aus Hirschhorn, ein sehr scharfes Schwert und vieles, vieles mehr nannte er inzwischen sein Eigen. Binnen einer Stunde war er, Pork, zu einem reichen Mann geworden.
    Damit trennte ihn nur noch ein Fingerbreit von seinem Traum: Erst würde er sich Unmengen von Süßigkeiten kaufen und dann Ritter werden. Die würden ihn jetzt ganz bestimmt mit Kusshand nehmen. Und wenn nicht, würde er eben Zauberer werden. Die trugen neben dem weißen Umhang und dem Stab schließlich auch ein Krummschwert. Außerdem hatten vor dem Nekromanten alle noch viel mehr Angst als vor den Rittern. Warum sonst sprachen denn die Leute im Dorf von Porks bestem Freund stets im Flüsterton? Und nur bei Tageslicht. Selbst der Hauptmann Nay, der kühnste Nabatorer im ganzen Dorf, gab sich gegenüber dem Zauberer immer sehr höflich und stritt nie mit ihm.
    Nur auf den Zimmermann Pars war Pork etwas neidisch. Ob der ein noch besserer Freund von dem Nekromanten war als er selber? Immerhin hatte der Zauberer ihn zu Hause besucht und dann fünf Untote dort zurückgelassen. Magere Gestalten, fast wie Gerippe, und mit Schwertern. Denen fehlte die Nase, und die Augen waren grün-gelb, genau wie beim Kater der alten Rosa, diesem fetten Tier. Als Pork im letzten Monat endlich die Frage klären wollte, ob das Viech überhaupt schwimmen konnte, hatte sich der Liebling der alten Schachtel so verzweifelt gewehrt und ihm beide Arme zerkratzt, dass er ihn nicht bis zum Fluss hatte tragen können. Dafür hatte er ihn genau in einer Pfütze abgesetzt.
    Und diese Untoten waren noch viel schlimmere Schreckensgestalten. Als Pork sie gesehen hatte, wäre er vor Angst fast gestorben. Sie standen da, ohne sich zu rühren. Nur ihre Augen funkelten in alle Richtungen. Und sie ließen niemanden in Pars’ Haus. Zu dem wollte aber sowieso niemand. Die Leute hatten Angst, auch nur die Straße langzugehen …
    Mist! Warum gab diese blöde Leiche den Stiefel nicht her?! Pork verpasste dem Toten einen wütenden Tritt, der die Fliegen aufschreckte. Keuchend zerrte er weiter an dem Schuh – aber nichts. Dabei waren das gute Stiefel, bisher die besten von allen. Aus Leder und mit golddurchwirkten Schnüren. Wenn er die trüge, würden ihm sämtliche Mädchen nachlaufen. Dann bräuchte er sie nicht mal selbst zu erobern. Wenn die ihm bloß passten! Dass sie stanken, war halb so

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