Wind Die Chroniken von Hara 1
empfangen.
»Das ist der einzige Ausweg«,
hörte ich da Lahens Stimme in meinem Kopf.
»Ist das dein Ernst?«
»
Ich spüre, dass sich
diese Person
nähert. Wir müssen es wagen, sonst war die ganze Flucht umsonst. Hilfst du mir?«
Da zögerte ich keine Sekunde mehr. »Was muss ich tun?«
»Anscheinend sitzen unsere neuen Freunde in der Klemme«, bemerkte Ga-nor.
Luk nickte ihm zu, begriff dann aber, dass der Irbissohn ihn nicht ansah, sondern zum Fenster hinausschaute, und schickte deshalb ein »Mhm« hinterher. Er selbst zitterte schon beim Anblick der Ascheseelen. Im Vergleich zu diesen Geschöpfen waren wiederbelebte Tote ja direkt harmlos. Obendrein entkam man ihnen noch schwerer.
»Willst du denen etwa helfen?«, fragte Luk nun, da er mit einer gewissen Verzögerung begriff, was Ga-nors Worte bedeuten könnten.
Der Irbissohn sah Luk in die Augen. Nach einer Weile schüttelte er den Kopf. »Nein, natürlich nicht. Das wäre Selbstmord.«
»Wenn wir hierbleiben, haben wir bald einen ganzen Haufen Nabatorer auf dem Hals. Und so viele Bolzen und Pfeile, um die alle zu erledigen, könnten wir gar nicht haben.«
Das stimmte. Die Nabatorer würden bald zur Unterstützung der Ascheseelen anrücken. Und dann würden wir den Wald nie mehr erreichen. Dann würde unser Weg bereits auf dem hiesigen Friedhof enden.
»Ich bringe noch drei, vier Zauber zustande«, flüsterte Lahen. »Und die Zeit drängt.«
»Bist du bereit?«, fragte ich sie.
»Ja. Auf drei. Eins! Zwei!«
»Was habt ihr vor?«, fragte Shen misstrauisch.
»Drei!«, sagte Lahen.
Da ich ihrer Meisterschaft vorbehaltlos vertraute, schoss ich aus unserem Schlupfwinkel hervor auf die Straße. Sofort löste sich vom Hilss ein Zauber, der neben mir im Sand einschlug. Ein Schild aus Staub erhob sich in der Luft, in dem die Pfeile der Ascheseelen zitternd stecken blieben. Hätte Lahen auch nur eine Sekunde gezögert, wäre ich nun ein toter Mann.
So hingegen schützte mich der magische Schild zuverlässig gegen die Pfeile. Haken schlagend wie ein Hase rannte ich über die Straße. Während die Ascheseelen Jagd auf mich machten, würde Lahen ihren Zauber schon wirken.
Thia sah die Frau in dem Moment, als sie auf die Straße trat und den Hilss hochriss. Die Shej-sa’nen hatten jedoch nur Augen für den blonden Mann, der über die Straße lief und auf den sie Pfeil um Pfeil abschossen. Diese Narren! Begriffen die denn wirklich nicht, dass sie gegen die Aureole Erhobenen Staubs nichts auszurichten vermochten?
Aber dieses Weibsbild war schlau. Wenn sie, Thia, diese Bäuerin erst mal in ihrer Gewalt hatte, würde sie schon aus ihr herausbringen, wer sie ausgebildet hatte. Denn was sie gerade einsetzte, war die Magie des Todes – und von der hatten Schreitende keinen blassen Schimmer. Den Blick fest auf die Frau gerichtet, begann die Verdammte Typhus einen Fesselzauber zu wirken. Der würde die Unbekannte von ihrer Gabe abtrennen und ihr an Händen und Füßen magische Schließen anlegen.
Doch als ihr Zauber nur noch darauf wartete, sich von ihren Fingern zu lösen, spürte sie eine gewaltige Freisetzung von Kraft. Magie ließ die Luft knistern. In den Haaren der Verdammten glommen blaue Funken auf, die jedoch sofort wieder erloschen. Dann gab es einen derart gewaltigen Donner, dass sie sich sogar auf die Zunge biss.
An der Stelle, an der sich eben noch die Shej-sa’nen befunden hatten, erhob sich nun eine blau-schwarze Windhose. Sha-kho und sein Bruder wirbelten durch die Luft und wurden noch im selben Augenblick in unzählige Teilchen zerfetzt.
Diese Närrin! Einen dermaßen starken Zauber einzusetzen und so viel Kraft dafür zu verschwenden, nur um zwei Ascheseelen zu töten! Ging die etwa auch mit einem Streithammer auf Flöhe los?! Wie hirnlos! Wie leichtsinnig! Diese Autodidaktin!
Thia verengte die Augen zu Schlitzen, und der Zauber löste sich von ihren Fingern.
Der Donner, der da am helllichten Tag erdröhnte, ließ Luk aufschreien. Weil er seinen Augen nicht traute, rieb er sie kräftig, doch der Anblick, der sich ihm bot, blieb unverändert. Zwischen den Häusern tobte weiter die Windhose.
»Das ist der Nekromant!«, hauchte er.
»O nein.« Ga-nor hatte genauer beobachtet, was geschehen war. »Das war diese Frau.«
»Dann ist das eine Verdammte!«
»Oder eine Schreitende. Aber so oder so, in ihrer Nähe haben wir nichts verloren. Komm!«
»Willst du etwa
jetzt
aus der Mühle raus?«, fragte Luk wie betäubt, stand aber trotzdem
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