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Wind Die Chroniken von Hara 1

Wind Die Chroniken von Hara 1

Titel: Wind Die Chroniken von Hara 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexey Pehov
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verliert seine Wirkung nie.«
    »Ich weiß.« Ich schnitt der Kreatur ins Fleisch und hebelte mit der Dolchspitze eine Knochenplatte hoch, unter der ein praller, bläulich schimmernder Sack lag, der an eine Fischblase erinnerte.
    »Das dürfte reichen, um ein ganzes Regiment zu vergiften.« Luk spähte uns über die Schultern. »Wär nicht schlecht, wenn wir das den Nabatorern in ihren Kessel schütten könnten.«
    »Das würde nichts nützen. Von dem Zeug kannst du so viel trinken, wie du willst, ohne dass es dir schadet. Das Gift wirkt nur durchs Blut.«
    »Dann wird wohl nichts aus dem Plan«, sagte Luk und ging zu Lahen, die schon ungeduldig auf uns wartete.
    Ich schlitzte die Blase vorsichtig an und hielt die Flasche drunter, aus der ich zuvor alles Wasser gegossen hatte. Ein paar Tropfen des durchscheinenden Gifts fielen mir auf die Hand, aber darauf achtete ich nicht weiter. Die konnte ich mir abwaschen, wenn das wertvolle Gut umgefüllt war.
    »Du schießt nicht schlecht, Grauer.« Ga-nor beobachtete aufmerksam, was ich tat. »Und ziemlich schnell.«
    »Gibt schlechtere Schützen als mich.«
    »Hat dir das jemand aus unseren südlichen Nachbarländern beigebracht?«
    »Ich hätte nicht gedacht, dass du was von den verschiedenen Schulen des Bogenschießens verstehst.«
    »Ein wenig«, erwiderte er. »Die Soldaten aus dem Imperium handhaben den Bogen anders. Sie spannen ihn auch anders. Und von meinem Volk kannst du das Schießen auch nicht gelernt haben, denn dann hättest du einen anderen Bogen.«
    »Stimmt«, sagte ich. »Mich hat jemand aus dem Süden ausgebildet. Ein Sdisser, wenn du es genau wissen willst.«
    »Nichts anderes habe ich vermutet«, entgegnete er. Dann fragte er: »Du bist im Sandoner Wald dabei gewesen?«
    »Ist das zu merken?«
    »Ich weiß nur, dass damals auch ein paar Sdisser Bogenschützen an den Kämpfen teilgenommen haben. Die gehörten zu den Maiburger Schützen. Einer von denen könnte dir ein paar Stunden gegeben haben.«
    »Das ist Schnee von gestern.«
    »Ich hoffe, du erwartest jetzt nicht von mir, dass ich dir mein Schwert zurückgebe?«, wechselte er abrupt das Thema.
    »Du würdest dich weigern?«, fragte ich und sah ihn unverwandt an.
    »Ja.«
    »Dann trag es halt selbst«, meinte ich bloß. »Das macht es für Lahen leichter.«
    Er lachte fröhlich, drehte sich um und zog ab.
    »He, Rotschopf!«, rief ich ihm hinterher.
    »Ja?«
    »Danke, dass du meine Haut gerettet hast. Hast was gut bei mir.«
    Eine Weile sah er mich forschend und sehr ernst an, dann grinste er wieder, was ihn, dessen Visage ohnehin nicht sehr freundlich wirkte, wie einen waschechten Räuber aussehen ließ. »Du wirst schon noch Gelegenheit haben, dich zu revanchieren.«
    Wir kamen an zwei Dörfern vorbei, die so klein waren, dass es nicht mal eine Schenke gab, und folgten dann dem schilfbewachsenen Ufer eines trägen Flusses. Nachdem wir mit einer Fähre übergesetzt waren, fanden wir uns auf einem flacheren Hügel wieder. Von hier aus war die kleine Stadt mit dem dämlichen Namen Dabber Glatze bereits gut zu sehen. Die Straße führte bergab, vorbei an einem Friedhof, hinter dem gleich der Ort lag.
    Er war an einer Stelle entstanden, wo sich vier Straßen kreuzten: eine aus dem Osten, über die waren wir gekommen; eine aus dem Westen und damit aus Alsgara; die dritte aus Okny im Norden und die vierte aus dem Süden mit seinen Bergarbeiterdörfern in der Nähe der Buchsbaumberge. Aus diesen Dörfern stammten einst Eisen und Silbererz, die über die Dabber Glatze weiter ins Land gebracht wurden. Doch heute waren die Minen ausgebeutet, und die Straße lag verlassen da. Die Händler, um die Hauptquelle ihres Einkommens beraubt, unternahmen nur noch selten eine Reise in diese Gegend.
    Ich hatte erwartet, in der Dabber Glatze zahlreiche Menschen vorzufinden, obwohl die Feierlichkeiten anlässlich des Geburtstags unseres Imperators inzwischen vorbei und auch der große Markt im Sommer bereits abgehalten worden war. Aber nach einem einwöchigen Gelage kehren die Leute ja nur langsam wieder in ihre Dörfer zurück.
    »Was für eine Grabesstille«, bemerkte Luk, als wir die Straße hinunterstiefelten.
    »Dann sperr mal deine Augen auf und sieh dir an, woran wir gerade vorbeikommen«, blaffte ihn Shen mit der gleichen Stinklaune an wie immer. »In der Nähe eines Friedhofs dürftest selbst du nicht mit Radau rechnen.«
    »Da irrst du dich gewaltig«, widersprach Luk. »Lass den Toten die Zügel schießen, und die

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