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Wind (German Edition)

Wind (German Edition)

Titel: Wind (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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gekommen war. Die Art und Weise, wie diese Geräusche sich veränderten, sich in das Knurren einer Raubkatze verwandelten. Einmal hatte sie gebrüllt, sagte Young Bill, und er hatte sich dabei in die Hose gemacht. Er hatte sich nicht beherrschen können. Weil er wusste, dass die Katze ihn am Urin wittern konnte, wartete er darauf, dass sie ihn aus seinem Versteck zerren würde, nur tat sie das nicht. Stattdessen herrschte Stille … Stille … bis weitere Schreie folgten.
    »Erst sind es Katzenschreie, dann werden sie zu Menschenschreien. Anfangs ganz hoch, als wär’s eine Frau, aber dann tiefer wie eine Männerstimme. Sie schreit und schreit. Ich hätte am liebsten mitgeschrien. Ich dachte …«
    »Denke«, sagte ich. »Du denkst, Bill, weil es jetzt passiert. Nur bin ich da, um dich zu beschützen. Ich habe meine Revolver gezogen.«
    »Ich denke, mir zerspringt gleich der Kopf. Dann hören die Schreie auf … Und es kommt rein.«
    »Es geht geradewegs zum anderen Tor, stimmt’s?«
    Er schüttelte den Kopf. »Nicht geht. Schlurft. Stolpert. Wie wenn’s verletzt wär. Er geht dicht an mir vorbei. Er. Jetzt ist es ein Er. Einmal sackt er zusammen, aber er bekommt das Gatter von einer Pferdebox zu fassen und bleibt auf den Beinen. Dann geht er weiter. Nun wieder etwas besser.«
    »Stärker?«
    »Aye.«
    »Siehst du sein Gesicht?« Die Antwort darauf glaubte ich bereits zu kennen.
    »Nein, nur die Füße, durch eine Lücke in dem Lederzeug. Der Mond scheint hell, und ich sehe sie sehr gut.«
    Das mochte stimmen, aber an seinen Füßen würden wir den Fellmann nicht erkennen, da war ich mir ziemlich sicher. Ich öffnete den Mund, um Bill allmählich aus der Trance zurückzuholen, als er überraschend weitersprach.
    »Um eine der Fesseln hat er ’nen Ring.«
    Ich beugte mich vor, als könnte er mich sehen … und wenn seine Trance tief genug war, konnte er das vielleicht sogar, selbst mit geschlossenen Augen. »Was für einen Ring? Aus Metall wie eine Fußfessel?«
    »Ich weiß nicht, was das ist.«
    »Wie ein Gebissring? Oder eine Kinnkette?«
    »Nein, nein. Wie auf Elrods Arm, aber das ist ein Bild von ’ner nackigen Frau, bloß dass sie kaum noch zu erkennen ist.«
    »Bill, redest du von einer Tätowierung?«
    Der Junge lächelte in seiner Trance. »Aye, das ist das Wort. Aber die Tätowierung hier ist kein Bild, nur ein blaues Band um seine Fessel. Ein blauer Ring in seiner Haut.«
    Wir haben dich!, dachte ich. Du weißt es noch nicht, aber wir haben dich, Sai Fellmann.
    »Mister, darf ich jetzt aufwachen? Ich möchte aufwachen.«
    »Gibt’s sonst noch was?«
    »Die weiße Narbe?« Offenkundig fragte er sich das selbst.
    »Welche weiße Narbe?«
    Er schüttelte langsam den Kopf, und ich beschloss, es gut sein zu lassen. Er hatte genug durchgemacht.
    »Komm zum Klang meiner Stimme. Während du kommst, lässt du alles zurück, was letzte Nacht geschehen ist, weil es vorbei ist. Komm, Bill, komm jetzt.«
    »Ich komme.« Die Augen hinter den geschlossenen Lidern bewegten sich.
    »Du bist in Sicherheit. Was auf der Ranch passiert ist, gehört zur Vergangenheit. In Ordnung?«
    »Aye …«
    »Wo sind wir?«
    »Auf der Landstraße nach Debaria. Wir reiten in die Stadt. Ich war erst einmal dort. Mein Da’ hat mir da Süßigkeiten gekauft.«
    »Ich kaufe dir auch welche«, sagte ich. »Du warst nämlich ziemlich gut, Young Bill von der Jefferson. Jetzt mach die Augen auf.«
    Das tat er, aber anfangs sah er nur durch mich hindurch. Dann wurde sein Blick klar, und er bedachte mich mit einem unsicheren Lächeln. »Ich bin eingeschlafen.«
    »Richtig, das bist du. Und jetzt sollten wir weiterreiten, bevor der Wind zu stark wird. Schaffst du das, Bill?«
    »Aye«, sagte er, und als er aufstand, fügte er hinzu: »Ich hab von Süßigkeiten geträumt.«
    Zwei der nicht so guten Hilfssheriffs waren im Dienstzimmer des Sheriffs, als wir dort ankamen. Einer der beiden – ein dicker Kerl mit einem breitkrempigen, schwarzen Hut, der mit einem protzigen Hutband aus Klapperschlangenleder geschmückt war – hatte es sich hinter Peavys Schreibtisch gemütlich gemacht. Er bemerkte die Revolver, die ich trug, und stand hastig auf.
    »Ihr seid der Revolvermann, stimmt’s?«, sagte er. »Willkommen, willkommen, das sagen wir beide. Wer ist der Junge?«
    Ich führte Young Bill durch den Durchgang ins Gefängnis, ohne zu antworten. Der Junge betrachtete die Zellen interessiert, aber nicht ängstlich. Obwohl der Säufer, Salty Sam, schon

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