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Wind (German Edition)

Wind (German Edition)

Titel: Wind (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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lange fort war, hing sein Alkoholdunst noch im Raum.
    Hinter mir fragte der andere Hilfssheriff: »Was glaubt Ihr, was Ihr tut, junger Sai?«
    »Lasst das meine Sorge sein«, sagte ich. »Geht ins Büro zurück, und bringt mir den Ring mit den Zellenschlüsseln. Und beeilt Euch gefälligst.«
    Auf den Feldbetten in den kleineren Zellen lagen keine Matratzen, deshalb führte ich Young Bill in die Ausnüchterungszelle, in der Jamie und ich die Nacht zuvor geschlafen hatten. Während ich zwei Strohsäcke aufeinanderlegte, damit der Junge es bequemer hatte – nach allem, was er durchgemacht hatte, verdiente er jeglichen Komfort, fand ich –, betrachtete Bill die mit Kreide gezeichnete Wandkarte.
    »Was ist das, Sai?«
    »Nichts, was dich zu kümmern braucht«, sagte ich. »Hör mir jetzt zu. Ich sperre dich ein, aber du musst keine Angst haben, denn du hast ja nichts verbrochen. Das geschieht nur zu deinem Schutz. Ich habe noch was zu erledigen, aber wenn ich damit fertig bin, komme ich zurück und bleibe bei dir.«
    »Und schließt uns beide ein«, sagte er. »Sperrt uns lieber beide ein. Für den Fall, dass es zurückkommt.«
    »Erinnerst du dich wieder?«
    »Nicht sehr gut«, sagte Bill und ließ den Kopf hängen. »Es war kein Mensch … dann war es doch einer. Es hat meinen Da’ umgebracht.« Er drückte die Handballen gegen die Augen. »Armer Da’!«
    Der Hilfssheriff mit dem schwarzen Hut brachte mir die Schlüssel. Sein Partner kam gleich hinter ihm. Beide begafften den Jungen wie eine Ziege mit zwei Köpfen in einer Kuriositätenschau.
    Ich nahm die Schlüssel. »Gut. Jetzt zurück ins Büro mit euch beiden.«
    »Ich glaube, Ihr nehmt Euch ein bisschen zu wichtig, junger Mann«, sagte Schwarzer Hut, und der andere – ein kleiner Mann mit fliehendem Kinn – nickte nachdrücklich.
    »Geht jetzt«, sagte ich. »Der Junge braucht Ruhe.«
    Sie musterten mich von oben bis unten, dann gingen sie wortlos. Was eine kluge Entscheidung war. Die einzig richtige. Ich war nämlich nicht gerade in bester Stimmung.
    Der Junge nahm die Handballen erst von den Augen, als ihre Schritte im Durchgang verhallten. »Werdet Ihr ihn fangen, Sai?«
    »Ja.«
    »Und werdet Ihr ihn erschießen?«
    » Willst du denn, dass ich ihn erschieße?«
    Er dachte darüber nach, dann nickte er. »Aye. Für das, was er meinem Da’ angetan hat … und Sai Jefferson und allen anderen. Sogar Elrod.«
    Ich schloss die Zellentür, suchte den richtigen Schlüssel und sperrte ab. Den Schlüsselring hängte ich mir übers Handgelenk, weil er für meine Taschen zu groß war. »Ich verspreche dir etwas, Young Bill«, sagte ich. »Etwas, worauf ich im Namen meines Vaters schwöre. Ich erschieße ihn nicht, aber du sollst dabei sein, wenn er gehenkt wird, und ich werde dir mit eigner Hand Brot reichen, das du unter ihm verstreuen kannst, wenn er baumelt.«
    Im Dienstzimmer betrachteten die beiden nicht so guten Hilfssheriffs mich ablehnend und misstrauisch. Aber das war mir einerlei. Ich hängte den Schlüsselring an seinen Haken neben dem Klingeling und sagte: »In einer Stunde, vielleicht etwas früher, bin ich wieder da. Bis dahin betritt niemand das Gefängnis. Und das gilt auch für euch beide.«
    »Ziemlich hochnäsig für ’nen Jungspund«, bemerkte Fliehendes Kinn.
    »Enttäuscht mich in dieser Sache nicht«, sagte ich. »Das wäre unklug. Habt ihr verstanden?«
    Schwarzer Hut nickte. »Aber der Sheriff kriegt zu hören, wie Ihr uns behandelt habt.«
    »Dann wollt ihr bei seiner Rückkehr noch einen Mund haben, mit dem ihr sprechen könnt«, sagte ich und ging hinaus.
    Der Wind war noch stürmischer geworden und blies Wolken aus körnigem, nach Salz schmeckendem braunem Staub zwischen den einfachen Häusern mit ihren prächtigen Fassaden hindurch. Bis auf ein paar angebundene Pferde, die ihre Kruppe dem Wind zukehrten und mit unglücklich gesenktem Kopf dastanden, hatte ich die Hauptstraße von Debaria für mich allein. Ich wollte mein Pferd nicht im Freien lassen – und auch Millie nicht, die den Jungen getragen hatte –, also führte ich beide zu dem Mietstall am Ende der Straße. Dort war der Stallbesitzer gern bereit, sie bei sich einzustellen, vor allem nachdem ich ihm ein Stück von einem der Goldstücke abbrach, die ich in der Geheimtasche im Wams bei mir trug.
    Nein, antwortete er auf meine erste Frage, in Debaria gebe es keinen Juwelier, habe es zu seiner Zeit nie einen gegeben. Meine zweite Frage beantwortete er mit yar und verwies mich

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