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Wind (German Edition)

Wind (German Edition)

Titel: Wind (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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war Tim völlig erschöpft, obwohl er auf dem Boot lange geschlafen hatte. Erschwerend kam hinzu, dass die drückende, unnatürliche Hitze anhielt. Auch das Gewicht von Proviantkorb und Wasserschlauch zehrte an seinen Kräften. Also setzte er sich schließlich, legte die Metallscheibe neben sich, öffnete den Proviantkorb und mampfte einen der Popkins. Das Fleisch schmeckte köstlich. Er überlegte, ob er noch einen essen sollte, versagte es sich dann aber, weil er nicht wusste, wie lange sein Proviant vorhalten musste. Dann wurde ihm klar, dass das helle Licht, das die Scheibe abgab, für alle Lebewesen in weitem Umkreis sichtbar sein musste – und dass darunter auch nicht gerade friedlich gesinnte sein konnten.
    »Würdet Ihr bitte das Licht löschen, gute Frau?«
    Er war sich nicht sicher, ob sie reagieren würde – in den letzten vier, fünf Stunden hatte er mehrmals vergeblich versucht, mit ihr ins Gespräch zu kommen –, aber das Licht erlosch und ließ ihn in absoluter Dunkelheit zurück. Sofort schien Tim um sich herum alle möglichen Lebewesen zu spüren – Wildschweine, Waldwölfe, Vurts, möglicherweise sogar den einen oder anderen Pooky – und musste sich sehr beherrschen, nicht wieder um Licht zu bitten.
    Trotz der unnatürlichen Wärme schienen die Eisenholzbäume zu wissen, dass es Weite Erde war, und hatten wie immer gegen Jahresende massenhaft Nadeln auf die Blumen unter sich, aber auch darüber hinaus abgeworfen. Tim scharrte so viele davon zusammen, dass sie ein weiches Lager ergaben, und streckte sich darauf aus.
    Ich bin völlig jippa, dachte er – der unfreundliche Ausdruck, mit dem man in Tree Leute bezeichnete, die nicht ganz richtig im Kopf waren. Dabei fühlte er sich gar nicht jippa . Vielmehr fühlte er sich satt und zufrieden, auch wenn ihm die Fagonardbewohner fehlten und er sich Sorgen um sie machte.
    »Ich möchte schlafen«, sagte er. »Weckt Ihr mich, falls etwas kommt, Sai?«
    Sie antwortete, aber nicht etwa auf eine Weise, die Tim verstand: »Weisung neunzehn.«
    Das ist mehr als achtzehn und weniger als zwanzig, dachte Tim und schloss die Augen. Er döste sofort ein. Er überlegte, ob er die körperlose Frauenstimme noch etwas fragen sollte. Habt Ihr auch zu den Sumpfbewohnern gesprochen? Aber dann war er schon eingeschlafen.
    In tiefster Nacht belebte sich der Teil des Endlosen Waldes, in dem Tim Ross schlief, mit kleinen, huschenden Gestalten. Im Inneren des hoch entwickelten Geräts mit der Bezeichnung »North Central Positronics, Mobiles Navigationsmodul DARIA , NCP-1436345-AN « entdeckte der Geist in der Maschine die Annäherung dieser Lebewesen, schlug aber keinen Alarm, weil er keine Gefahr spürte. Tim schlief weiter.
    Die Throcken – es waren insgesamt sechs – bildeten einen lockeren Halbkreis um den schlafenden Jungen. Eine Zeit lang beobachteten sie ihn nur mit seltsam goldgeränderten Augen, aber dann wandten sie sich nach Norden und hoben die Schnauze wittertend in die Höhe.
    Über den nördlichsten Breiten von Mittwelt – dort, wo der Schnee niemals schmolz und Neue Erde niemals kam – bildeten sich Trichterwolken und sorgten dafür, dass die von Süden eingeströmte Luft, die auf unnatürliche Weise viel zu warm war, einen riesigen Wirbel bildete. Er atmete wie eine Lunge und saugte dabei Unmengen von eiskalter Luft aus Bodennähe an, drehte sich zusehends schneller und wurde schließlich zu einer Energiepumpe, die sich selbst erhielt. Schon bald erreichten die Ausläufer den Pfad des Balkens, den das Navigationsmodul DARIA elektronisch orten konnte, während er für Tim Ross nur ein schwach erkennbarer Waldpfad war.
    Der Balken kostete den Sturm, befand ihn für gut und saugte ihn ein. Der Stoßwind folgte dem Pfad des Balkens nach Süden. Erst langsam, dann immer schneller.

Tim erwachte bei Vogelgezwitscher, setzte sich auf und rieb sich die Augen. Er wusste nicht gleich, wo er sich befand, aber der Anblick des Proviantkorbs und die grünlichen Sonnenstrahlen, die durch die hohen Wipfel der Eisenholzbäume fielen, halfen ihm, sich zu orientieren. Er stand auf und wollte den Pfad verlassen, um sich zu erleichtern, blieb dann aber stehen. Um seinen Schlafplatz herum waren mehrere Kothäufchen zu sehen, sodass er sich fragte, wer ihn nachts wohl besucht haben mochte.
    Jedenfalls kleiner als Wölfe, dachte er. Gut so .
    Er knöpfte seinen Hosenlatz auf und machte sein Geschäft. Danach packte er den Proviantkorb neu (den die nächtlichen Besucher zu

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