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Wind (German Edition)

Wind (German Edition)

Titel: Wind (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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oder mit erhobener Schnauze nach Norden wittern.
    Er hatte nicht nur einen einzigen Bumbler, sondern gleich sechs davon genau das tun sehen.
    Tim setzte sich auf. Die Witwe hatte behauptet, dass das etwas ankündige – aber was? Einen Sturmwind? So ähnlich, aber nicht ganz …
    »Stoßwind«, sagte er. »Das war’s!«
    »Stoßwind«, sagte Daria, was ihn so erschreckte, dass er wieder hellwach wurde. »Ein schnell ziehender Sturm von gewaltiger Kraft. Zu seinen Eigenschaften gehören jähe Temperaturstürze im Verbund mit starken Böen. In zivilisierten Weltgegenden hat er häufig hohe Sach- und Personenschäden verursacht. In primitiven Gebieten sind ihm ganze Völkerstämme zum Opfer gefallen. Diese Definition von Stoßwind war eine Dienstleistung von North Central Positronics.«
    Tim streckte sich wieder auf seinem Lager aus, faltete die Hände unter dem Kopf und sah zu den über der Lichtung funkelnden Sternen auf. Eine Dienstleistung von North Central Positronics, wirklich? Na … kann ja sein. Er tippte eher auf eine Dienstleistung von Daria. Sie war eine erstaunlich hilfreiche Maschine (allerdings wusste er nicht recht, ob sie nur eine Maschine war), obwohl es offenbar Dinge gab, die sie ihm nicht sagen durfte. Irgendwie vermutete er, dass sie solche Dinge trotzdem andeutete. Um ihn irrezuführen, wie der Zöllner und die verräterische Armaneeta es getan hatten? Er musste zugeben, dass das möglich war, aber er glaubte es eigentlich nicht. Er dachte – womöglich weil er nur ein dummer kleiner Junge war, der alles zu glauben bereit war –, dass sie vielleicht lange mit niemand mehr hatte reden können und daher Gefallen an ihm gefunden hatte. Eines jedoch war ihm fraglos klar: Wenn wirklich ein schrecklicher Sturm heraufzog, täte er gut daran, seinen selbst gestellten Auftrag schnellstens zu erledigen und irgendwo Unterschlupf zu suchen. Aber wo würde er in Sicherheit sein?
    Seine Gedanken kehrten zum Stamm im Fagonard zurück. Die Sumpfbewohner waren kein bisschen in Sicherheit … was sie bestimmt wussten, wozu sonst hätten sie ihm das Verhalten der Bumbler vorspielen sollen. Er hatte sich damit abgefunden, den Sinn ihrer Pantomime zu erkennen, sobald die Umstände ihn offenlegten, und das war nun der Fall. Jetzt kam der Sturm, der Stoßwind . Das war den Sumpfbewohnern bewusst gewesen, wahrscheinlich aufgrund der Bumbler, und sie hatten sich damit abgefunden, darin umzukommen.
    Tim rechnete damit, nicht einschlafen zu können, solange ihm diese Gedanken im Kopf herumspukten, aber wenige Minuten später war er schon völlig weggetreten.
    Er träumte von Throcken, die im Mondschein tanzten.

Tim begann Daria als seine Gefährtin zu betrachten, obwohl sie nicht viel sprach – und wenn sie es tat, verstand Tim nicht immer, weshalb (oder worüber zum Na’ar sie redete). Einmal ging es um eine lange Ziffernfolge. Ein andermal sagte sie, sie sei jetzt »offline«, weil sie einen »Satelliten« suche, und schlug vor, er solle vorerst haltmachen. Als er das tat, wirkte die Scheibe eine Ewigkeit lang wie tot – kein Blinken, keine Stimme. Als er schon befürchtete, sie hätte tatsächlich das Zeitliche gesegnet, flammte das grüne Licht auf, der kleine Stab erschien, und Daria verkündete: »Satellitenverbindung hergestellt.«
    »Viel Spaß damit«, antwortete Tim.
    Sie bot ihm mehrmals an, eine Umgehung zu berechnen, was Tim aber jedes Mal ablehnte. Und einmal, am Ende des zweiten Tages nach Verlassen des Fagonards, sagte sie sogar einen Vers auf:
    Sieh des Adlers Blick ohn’ Zürnen
    Und Schwingen, die den Himmel stürmen!
    Land und Meer, die liebt er inniglich,
    Sogar ein kleines Kind wie mich.
    Selbst wenn er hundert Jahre alt werden würde (was Tim angesichts seines verrückten Unternehmens für wenig wahrscheinlich hielt), würde er die Dinge, die er in den drei Tagen sah, in denen Daria und er bei ständiger Hitze bergauf weiterzogen, bestimmt nie vergessen. Der anfangs nur schlecht erkennbare Pfad wurde hier ein breiter Weg, der mehrere Räder weit zwischen abbröckelnden Felswänden verlief. Einmal war der Himmel über diesem Korridor fast eine Stunde lang von Tausenden roter Riesenvögel angefüllt, die wie auf der Flucht nach Süden zogen. Aber bestimmt bleiben sie im Endlosen Wald, dachte Tim, denn in Tree waren solche Vögel noch nie gesichtet worden. Ein andermal querten vier kaum kniehohe, blaue Hirsche seinen Weg, ohne den Jungen zu beachten, der die zwergenhaften Muties sprachlos

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