Wind über den Schären: Liebesgeschichten aus Schweden (German Edition)
Angestellten nicht zu dicht beieinandersaßen, aber jederzeit mit den Kollegen kommunizieren konnten. Werbearbeit bedeutet immer auch Teamarbeit, pflegte Kristina Asmussen zu sagen, wobei sie für sich selbst allerdings ein eigenes Büro eine Etage höher in Anspruch nahm.
Lena hatte nichts dagegen, ein Büro mit den Kollegen zu teilen. Immerhin hatte der Raum die Ausmaße einer Lagerhalle und war modern eingerichtet, mit allem, was das Arbeitnehmerherz erfreute. Die Kollegen untereinander verstanden sich sehr gut. Es herrschte ein angenehmes Betriebsklima, auch wenn Kristina es immer wieder verstand, Hektik zu verbreiten. So wie jetzt. Ein Telefonat mit dem Naturschutzbund hielt sie nicht davon ab, mit Hörer am Ohr von Schreibtisch zu Schreibtisch zu gehen und Akten zu verteilen oder mit einem Finger auf Dokumente zu deuten, die sie haben wollte.
Lena beobachtete sie aus den Augenwinkeln. Kristina war schön wie immer. Das lange dunkle Haar fiel über ihre Schultern, das weiße Kostüm unterstrich ihre zierliche Figur.
Die Kollegen zogen Lena manchmal damit auf, Kristinas Kopie zu sein. Diese Neckereien störten Lena nicht, im Gegenteil: Sie wollte ja gerne so sein wie Kristina. Ihre Chefin war ihr großes Vorbild.
Und sie hatten nicht ganz unrecht. Lena hatte ungefähr die gleiche Größe wie Kristina und war ebenfalls schlank, auch ihre Haare waren lang und dunkel. Im Gegensatz zu Kristina, die immer großen Wert darauf legte, ihre Weiblichkeit zu betonen und Kleider und Röcke bevorzugte, trug Lena allerdings gerne sportliche Hosen oder Jeans, die sie im Büro aber immer mit eleganten Blusen und Blazern kombinierte. Auch ihre Haare trug sie oft im Zopf, so wie heute.
»Morgen Nachmittag«, sagte Kristina in ihr Handy, während sie die Mappe mit der neuesten Version der Präsentation auf Lenas Schreibtisch legte. »Natürlich, warum nicht? Das Konzept steht. Wir können es Ihnen morgen vorstellen.« Kristina hielt kurz inne, ein Lächeln glitt über ihr Gesicht. »Wissen Sie was, wir kommen einfach nach Söderholm, das ist überhaupt kein Problem für uns.«
Lena, überrascht von Kristinas Vorschlag, das Konzept an Ort und Stelle zu präsentieren, stand auf und folgte ihrer Chefin, die gerade ein Formular auf den Kopierer legte. Sie lächelte Lena zu, ohne allerdings das Gespräch zu unterbrechen.
»Es ist kein Problem für uns, nach Söderholm zu kommen«, versicherte sie erneut. »Wir sehen uns morgen um siebzehn Uhr im Strandhotel.«
»Was war das denn?«, erkundigte sich Lena, nachdem Kristina das Gespräch beendet hatte. »Wieso musst du dorthin fahren?«
»Weil das bei dem Kunden gut ankommt«, erwiderte Kristina lächelnd. »Die Präsentation findet morgen Nachmittag um siebzehn Uhr vor dem Naturschutzbund in Söderholm statt.«
»Okay, ich kümmere mich um alles.« Lena stellte sich sofort darauf ein. Wenn Kristina etwas festlegte, hatte es ohnehin keinen Sinn zu widersprechen. »Gibt es da überhaupt einen Flughafen?«, wollte sie wissen.
Kristina lachte herzhaft. »Die können sich glücklich schätzen, wenn sie überhaupt eine Bushaltestelle haben«, sagte sie lachend. »Wenn man es genau nimmt, liegt Söderholm gleich hinter dem Mond«, fügte sie fröhlich hinzu. Ihr Blick glitt an Lena vorbei, ein verträumtes Lächeln umspielte ihre Lippen. »Man sollte es nicht glauben, aber ich habe da einmal gelebt. In einer anderen Zeit.« Kristina hielt kurz inne und fügte dann leise hinzu: »In einem anderen Leben.«
Lena beobachtete Kristina fasziniert. So hatte sie ihre Chefin noch nie gesehen. Bisher war sie davon überzeugt gewesen, dass Kristina eine echte Großstadtpflanze war wie sie selbst. Aufgewachsen in Stockholm, ohne Bezug zum Landleben.
»Du kommst vom Land?«, fragte sie entsprechend nach. »Das hast du noch nie erzählt.«
Kristina stellte sich ganz dicht neben sie und sagte leise: »Weil es nicht wichtig ist, wo man herkommt, sondern nur, wo man hingeht.«
Lena registrierte überrascht den melancholischen Unterton. Bevor sie jedoch nachhaken konnte, wechselte Kristina das Thema. »Du fährst«, sagte sie.
»Ich soll mit?«, fragte Lena entsetzt. Sie hatte keine Lust auf eine Landtour, und so interessant fand sie die Kampagne des Naturschutzbundes auch nicht, dass sie unbedingt dabei sein wollte. Sie wies auf ihren Schreibtisch. »Kristina, das kann jetzt nicht dein Ernst sein. Ich habe hier jede Menge Arbeit.«
Kristina schüttelte leicht den Kopf, in ihren Augen glomm
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