Wind über den Schären: Liebesgeschichten aus Schweden (German Edition)
den Raum betreten hatte. Die beiden standen sich gegenüber, schauten sich tief in die Augen und bemerkten sie nicht einmal.
»Wie lange ist das her?«, hörte sie Harald leise fragen.
»Viel zu lange«, antwortete Kristina mit dunkler, rauchiger Stimme. Dabei hielt sie seine Hand, die er ihr vermutlich zur Begrüßung entgegengestreckt hatte, ganz fest.
Malin spürte, wie sich ihr Magen verkrampfte. Reiß dich zusammen, beschwor sie sich und trat entschlossen durch die Tür. »Der Kaffee ist fertig«, sagte sie betont munter, während sie das Tablett in Richtung der beiden balancierte.
Kristina ließ unmittelbar Haralds Hand los, und er trat einen Schritt zur Seite.
»Da kommt man nichtsahnend nach Hause, und die große Welt steht im Wohnzimmer«, sagte Harald mit einem Lachen, das reichlich gezwungen klang.
»Ja.« Malin lächelte ebenfalls und spürte sofort, dass es ebenso unaufrichtig wirkte wie Haralds Lächeln. »Ist das nicht eine wunderbare Überraschung? Du musst uns alles von deinem aufregenden Leben erzählen, Kristina.«
»Ja, unbedingt«, stimmte Harald zu. »Aber zuerst wollen wir wissen, welcher freundliche Wind dich ausgerechnet nach Söderholm geweht hat.«
Sie gingen nach draußen und setzten sich an den Tisch auf der großen Wiese. Malin stellte vorsichtig die Tassen und den Teller mit den Zimtschnecken, die sie am Morgen gebacken hatte, ab und hoffte inständig, dass der Nachmittag ganz schnell vorbeigehen möge und Kristina am besten heute noch wieder zurück nach Stockholm fuhr. Jeder Blick, den Harald ihrer einst besten Freundin zuwarf, traf sie bis ins Mark. Und auch Kristinas Blick, der Harald immer wieder suchte, verriet ihr deutlich, dass es immer noch nicht ganz vorbei war.
Das Hotel hatte etwas von einem Dornröschenschloss, mit den beiden runden Türmen rechts und links und den Rosen, die am Eingangsbereich emporwucherten und auch überall im Garten angepflanzt waren.
Es gefiel Lena, und auch das Zimmer war nett eingerichtet mit dem weißen Himmelbett und dem kleinen Schreibtisch schräg vor dem Fenster. Die Tapete zierten schwarze Blumenranken auf weißem Grund, das gleiche Muster fand sich auf den Vorhängen am Fenster und denen am Himmelbett wieder. Lena fühlte sich wohl in diesem gemütlichen Raum.
Sie machte sich frisch und zog sich um, bevor sie das Zimmer verließ. Ihre Nase kribbelte immer noch ein wenig, aber zu einem richtigen Allergieanfall war es bisher nicht gekommen. Lena wollte auch nicht darauf warten, sondern sich lieber vorbeugend etwas aus der Apotheke besorgen. Außerdem wollte sie sich in aller Ruhe den Ort ansehen.
Sie verließ das Hotel durch den Garten. Zwischen blühenden Rosen standen weiße Stühle und Bistrotische. Hier konnten die Gäste etwas trinken oder Kuchen und kleine Snacks zu sich nehmen.
Lena hörte ihren Magen knurren, aber sie wollte jetzt noch nichts essen. Mikael sah das offenbar anders. Wahrscheinlich hatte er hier unten gewartet, um sie abzufangen. Es schien fast sein Markenzeichen zu sein, plötzlich neben ihr aufzutauchen.
»Der Ort ist ganz nett«, sagte er. »Aber das Beste ist ein Fischlokal direkt am Wasser. Wir könnten da etwas essen.«
Lena schüttelte den Kopf. »Nicht vor dem Meeting.«
»Gut, dann trinken wir eben einen Kaffee«, blieb Mikael hartnäckig.
»Ich will mir erst noch den Ort ansehen. Ich muss doch nachher wissen, worüber wir überhaupt sprechen. Außerdem muss ich auch noch eine Apotheke finden.« Sie spürte, wie der Ärger in ihr wuchs, und wartete eine Antwort erst gar nicht ab, sondern ging einfach weiter. Irritiert bemerkte sie, dass Mikael ihr folgte, sie überholte und sich ihr schließlich in den Weg stellte.
»Ich bin dabei«, sagte er eifrig. »Vielleicht können wir ja danach …« Er ließ den Satz offen, schaute sie bittend an wie ein kleiner Junge.
Lena hatte nicht prinzipiell etwas gegen Mikael, aber seine Weigerung, endlich das zu akzeptieren, was sie ihm beinahe jeden zweiten Tag sagte, machte sie wütend. »Ich habe dir gesagt, dass ich das nicht will«, sagte sie genervt.
Mikael zog die Brauen zusammen und runzelte die Stirn. »Ach, Lena, jetzt mach dich mal ein bisschen locker.«
»Du weißt genau, dass ich das nicht will. Du bist der Sohn meiner Chefin. Wenn ich mit dir was anfange, bin ich nicht mehr locker und kann mich nicht mehr auf meine Arbeit konzentrieren.«
Ihr wurde klar, dass Mikael das nicht verstehen wollte, als er sagte: »Du musst dir doch mal ein bisschen
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