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Windbruch

Windbruch

Titel: Windbruch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Bergsma
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Moment fuhr ein so scharfer Schmerz in ihre Handgelenke, dass
sie einen lauten Schrei von sich gab. „Hilfe!“, rief sie verzweifelt, „Hilfe,
bitte, lasst mich hier raus!“ Es musste ein Traum sein, da war sie sich sicher.
Schon die ganzen letzten Wochen hatte sie immer wieder Alpträume gehabt. Aber
keiner war so klar gewesen wie dieser. Mit aller Macht versuchte sie
aufzuwachen, aber es gelang ihr nicht. Und der Schmerz in ihren Handgelenken
war so real, dass sie beinahe glaubte, gar nicht zu schlafen, sondern wach zu
sein. Aber das war doch nicht möglich. Sie war doch wieder zuhause in ihrer
Wohnung und ... las Zeitung?
    „Oh, mein Gott“, murmelte sie
leise, und plötzlich war alles wieder da. Georg Hufschmidt war bei ihr zu
Besuch gewesen und hatte sich so seltsam benommen. Zunächst hatte sie gedacht,
er wolle sich für sein schäbiges Verhalten im Krankenhaus entschuldigen, als er
versucht hatte ihr einzureden, dass sie Steffen Rautschek auf dem Gewissen
habe. Aber dann war er plötzlich zudringlich geworden, hatte irgendwas von
Liebe gefaselt und einem gemeinsamen Leben. Sie hatte ihn angeschrieen, er
solle sofort ihr Haus verlassen. Aber er hatte sich nicht beirren lassen, hatte
sie immer wieder angefasst. Sie hatte einen Stuhl nach ihm geworfen, dann eine
Vase. Aber beides hatte ihn um Längen verfehlt und er hatte laut gelacht. Er
liebe es, wenn sie so wild würde und wüsste genau, dass sie eigentlich etwas
ganz anderes wolle. Aber gut, wenn sie auf dieses Spiel stehe, dann würde er
sich dem gerne hingeben. Und plötzlich hatte er sich wie eine Raubkatze auf sie
gestürzt, hatte sie zu Boden geworfen und dann ... nichts mehr.
    Tomke zitterte am ganzen Leib.
Dies war kein Traum! Dies war bittere Realität! Georg Hufschmidt hatte sie
entführt! Er war wahnsinnig, er ... Sie hatte den Gedanken noch nicht zu Ende
geführt, als sie plötzlich alles wieder vor sich sah. Sie saß in einem Büro auf
der Plattform. Und auch da hatte er auf einmal in der Tür gestanden und sie mit
diesem seltsamen Blick angesehen. Auch da hatte er irgendwas von Liebe
gestammelt, ihr ein Päckchen entgegengehalten und sie in eine Ecke gedrängt,
bis sie nicht mehr ausweichen konnte. Sie hatte ihm einen Schlag versetzt, er
war zu Boden gegangen, hatte sie aber zu fassen gekriegt und sich auf sie geschmissen.
Sie hatte keine Luft mehr bekommen. Und dann war da plötzlich dieser laute
Knall gewesen.
    Hier riss ihre Erinnerung abrupt
ab. Aber das bisschen, was sie jetzt vor sich gesehen hatte, reichte aus, um
sie in nackte Panik zu versetzen. Georg Hufschmidt war irre und bildete sich
ein sie zu lieben! Nein, schlimmer noch: Er bildete sich ein, sie würde ihn
lieben. Womöglich bildete er sich sogar ein, sie sei freiwillig hier. „Hilfe!“,
schrie sie wieder aus vollem Hals, „bitte, helft mir, ich muss hier raus!“ Im
nächsten Moment hörte sie wieder das leise, gequälte Stöhnen, aber sie konnte
immer noch nicht einordnen, woher genau es kam. Hier musste noch jemand sein,
jemand, der offensichtlich Schmerzen hatte. „Hallo“, sagte sie leise, „hallo,
ist hier wer?“ Aber sie bekam keine Antwort. Und plötzlich wurde sie von einem
Lichtstrahl geblendet. Irgendjemand kam zur Tür herein. „Na, meine Prinzessin,
bist du endlich aufgewacht“, hörte sie eine ölige Stimme sagen und spürte in
demselben Moment, wie ihr das Blut in den Adern gefror.
    Georg Hufschmidt schaltete das
Licht ein, und Tomke blickte mit zusammengekniffenen Augen in einen riesigen
Kronleuchter, der in der Mitte des großen Raumes von der Decke baumelte.
Langsam gewöhnte sie sich an das grelle Licht und sah sich mit schreckenstarrem
Blick im Zimmer um. Sie lag in einem ausladenden Himmelbett mit bordeauxrotem
Baldachin. Die Kissen und Decken, die sie mit ihrem Blick erfassen konnten,
waren aus altrosa Seide. Die Wände waren mit kitschig gemusterten Tapeten
verkleidet, ebenfalls in Rot- und Rosatönen. Zur Tür hin sah sie den Ausschnitt
eines dunkelroten, flauschigen Teppichs, mehr konnte sie vom Bett aus nicht
erkennen. An der gegenüberliegenden Wand war ein riesiger Spiegel angebracht,
davor lagen diverse rot gemusterte Kissen herum. Kurz gesagt: der ganze Raum
war eine Hölle in Rot.
    „Na, meine kleine Tomke, gefällt
dir dein neues Zuhause?“, fragte Hufschmidt und trat mit einem irren Lächeln
auf dem Gesicht zu ihr ans Bett. Voller Panik riss Tomke wieder an den
Stricken, die, wie sie mit zurückgelehntem Kopf feststellte, mit

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