Windbruch
gab einen unterdrückten
Laut von sich, der sich wie ein missbilligendes Grunzen anhörte. „Das werden
die dann schon selber machen wollen.“
„Ach was, das krieg ich schon
hin.“
„Und dann?“
„Du wartest draußen und ich lasse
dich rein, wenn es keiner sieht.“
„Klingt abenteuerlich.“
„Kann aber funktionieren.“
„Hm. Und wenn sie das Haus
beobachten?“
„Warum sollten sie das tun?“
„Falls der Entführer
zurückkommt.“
„Um saubere Unterwäsche zu holen,
oder was?“
„Hm.“
„Tomke wohnt alleine, Maarten, da
wird sich in ihrem Haus ganz bestimmt keiner mehr sehen oder hören lassen. Die
haben die Hütte versiegelt und damit ist gut.“
„Dein Wort in Gottes Ohr.“
„Wenn das nicht klappt, denken
wir uns was anderes aus. Oder hast du einen bessere Idee?“
„Nein, nicht wirklich.“
„Also, dann lass es uns
versuchen.“
Es kam, wie es kommen musste. Die
Polizei wollte sich auf das von Franziska vorgeschlagene Vorgehen nicht
einlassen. Wenn es irgendwelche Tagebücher gäbe, hatte der freundliche Beamte
verkündet, dann hätten die Kollegen sie mit Sicherheit schon gefunden, denn man
habe in dem Haus von Frau Coordes selbst unter der letzten Bodendiele nachgesehen.
Die Spurensicherung sei da sehr gründlich.
Franziska hatte auf alle mögliche
Weise versucht, ihn noch umzustimmen, er aber hatte sich nicht erweichen
lassen. Enttäuscht hatte Franziska das Revier daraufhin wieder verlassen.
„Hab ich dir ja gleich gesagt“,
maulte Maarten, als sie kopfschüttelnd wieder zu ihm ins Auto stieg.
„Klugscheißer.“
„Und jetzt?“
„Lass dir was einfallen.“
„Hab ich schon. Deine
abenteuerliche Idee hat mir von Anfang an nicht gefallen, und da habe ich einen
Plan B entwickelt.“
„Da bin ich aber gespannt.
„Ich habe mit Keno gesprochen.“
„Mit welchem Kino?“
„Keno, nicht Kino. Keno Coordes.
Er ist Tomkes jüngster Bruder.“
„Und was kann der beitragen?“
„Einen Haustürschlüssel.“
Franziska sah Maarten mit
hochgezogenen Augenbrauen an. „Du willst da einfach so mit einem Schlüssel
reinmarschieren?“, fragte sie perplex.
„Ja, geht ja nicht anders.“
„Und die Siegel?“
„Am besten nehmen wir die
Kellertür. Da merken sie es vielleicht nicht so schnell.“
Franziska dachte für einen Moment
darüber nach und kam zu dem Ergebnis, dass ihnen gar nichts anderes übrig
blieb. Schließlich zählte jede Sekunde. Denn wer wusste schon, was Tomke in
diesen Stunden und Minuten bei ihrem Peiniger gerade durchmachte? „O. k.“,
sagte sie so heftig nickend, als müsse sie sich selber Mut machen, „ich bin
dabei. Schließlich haben wir ja schon mal einen Einbruch gemeinsam mit Bravour
gemeistert.“ Als Maarten sie fragend ansah ergänzte sie: „Der Einbruch in der
Firma, um die Pläne zu stehlen, du erinnerst dich?“
„Ja, nur da war Tomke die
treibende Kraft“, sagte er lahm.
„Nun, dann dürftest du ja viel
bei ihr gelernt haben. Also, wann geht’s weiter mit unserer kriminellen
Karriere?“
„Am besten noch bei Tageslicht.
Dann müssen wir kein Licht machen und es fällt nicht so auf, wenn wir im Haus
sind.“
„Gut. Dann müssen wir uns aber
beeilen. Um diese Jahreszeit hat man ja kaum den Sonnenaufgang registriert,
dann ist es auch schon wieder dunkel. Wie sieht’s mit ... ähm ... Keno aus?“
„Ich ruf ihn sofort an, dann
können wir los. Er sagt, er steht jederzeit zur Verfügung. Die Familie kann ihr
Unglück wohl gar nicht fassen. Gerade erst hatten sie ihre Tochter und
Schwester wieder ...“ Maarten spürte, wie Tränen in seine Augen traten und
schluckte. „Lass uns einfach hinfahren, o. k.? Ich telefoniere derweil mit
Keno.“
66
Mit weit aufgerissenen Augen
starrte Tomke in die Dunkelheit und versuchte sich zu orientieren. Wo, verdammt
noch mal, war sie hier? Und warum? Seit geraumer Zeit schon versuchte sie, ihre
Arme zu bewegen, aber sie mussten irgendwo festgebunden sein. Je mehr sie zog
und zerrte, desto mehr schnitten ihr die Taue, oder was auch immer es war, in
die Handgelenke. Voller Panik versuchte sie sich zu erinnern, was passiert war,
aber ihr Gehirn arbeitete nicht richtig. Es kam ihr vor, als wären ihre
Gedanken in Watte gehüllt, alles war so dumpf und zäh. Von irgendwo her vernahm
sie ein leises Stöhnen und Wimmern, doch sie konnte es nicht einordnen. Kam es
aus demselben Raum? Oder drang es durch eine Wand zu ihr herüber?
Wieder zerrte sie an ihren Armen,
aber im nächsten
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