Windbruch
umzuziehen, das könnt ihr mir glauben. Hm,
irgendwann mutiert sie bestimmt zum absoluten Messi, wenn sie so weiter macht.“
„Na, dann kommt sie wenigstens
mal ins Fernsehen, in eine dieser furchtbaren Reality-Shows“, knurrte Maarten.
„Na toll“, entgegnete Franziska
und schürzte die Lippen, „dann werden wir aber alle mächtig stolz auf sie sein,
wenn wir Chips fressend vor dem Flachbildschirm hocken und zuschauen, wie die
fleißigen Helfer tonnenweise Zeug aus den Fenstern in Container der Megaklasse
werfen und ...“
„Auf geht’s“, rief Keno
dazwischen und klatschte in die Hände, „wir haben nicht ewig Zeit!“ Damit
schnappte er sich den ersten Aktenordner und fing an zu blättern.
Konzentriert arbeiteten sich die
drei durch die Papiere, wobei die darauf achteten, bei den aktuellen Vorgängen
anzufangen. Aber im Laufe der Zeit wurden ihre Gesichter immer länger. Die Suche
ergab nichts. Absolut nichts. Als sie etwas mehr als die Hälfte durchwühlt
hatten, setzte draußen bereits die Dämmerung ein.
„Wir sollten jetzt aufhören“,
seufzte Franziska und rieb sich die Augen, „ich kann sowieso schon fast nichts
mehr sehen. Ich fürchte, diese Aktion war ein Griff in die Tonne.“
„Nicht ganz“, antwortete Maarten
und hielt einen Ordner hoch, auf dessen Rücken das Wort Manuskripte stand. „Habt ihr gewusst, dass Tomke Kinderbücher schreibt?“
„Kinderbücher?“, fragten
Franziska und Keno wie aus einem Mund.
„Ja, hier sind zwei Manuskripte
drin. Zumindest gehe ich davon aus, dass sie von Tomke sind“, sagte Maarten und
reichte den Ordner an Franziska weiter.
Sofort vertiefte sie sich in die
erste Geschichte und schien vergessen zu haben, dass es ihr zum Lesen
eigentlich schon zu dunkel war. Auch Keno nahm sich eine Geschichte vor, und ab
und zu sah man ein Lächeln über sein Gesicht huschen, während er las.
„Die sind ja total schön
geschrieben“, schwärmte Franziska, als sie den Ordner wieder beiseite legte und
Kenos Manuskript, das er ihr gereicht hatte, wieder abheftete. „Da hat Tomke ja
ein Talent, von dem bisher keiner was geahnt hat. Oder wusstet ihr davon?“,
wandte sie sich an Keno.
„Keine Spur. Davon hat sie nie
was gesagt. Zumindest mir nicht. Aber ich gehe davon aus, dass auch meine
Eltern und Brüder nichts davon wissen. Meine Mutter hätte vor lauter Stolz
sonst gar nicht die Klappe halten können.“
„Ob Tomke sie schon einem Verlag
angeboten hat?“, sinnierte Franziska.
„Wenn nicht, sollten wir sie
schnell dazu überreden ... ich meine, wenn sie wieder da ist“, sagte Maarten
und seine Stirn umwölkte sich. Für einen Moment hatte er ganz vergessen, warum
sie hier eigentlich in Tomkes Sachen wühlten. Er klopfte sich auf seine Beine
und stand auf. „Ich schätze, hier kommen wir erstmal nicht weiter. Wir müssen
jetzt sehen, was wir noch unternehmen können. Womöglich würden wir in ihrem
Büro in der Firma was finden, was meint ihr?“
„Vergiss es“, antwortete
Franziska, „die Polizei hat schon alles beschlagnahmt, was nicht irgendwo
festgedübelt war. Nee, da ist ganz bestimmt nichts mehr zu holen. Außerdem“,
gab sie zu bedenken, „hat Hayo Rhein uns ja vor die Tür gesetzt und uns mit
sofortiger Wirkung Hausverbot erteilt. Wir dürfen in den nächsten Tagen nur
noch in Begleitung des Sicherheitsdienstes unsere Sachen einsammeln und raustragen.“
„Arschloch!“, sagte Maarten
knapp. „Aber das sieht ihm ja ähnlich, dass der da jetzt den King Louis gibt,
nachdem sie Naumann hops genommen haben.“ Er wollte noch etwas hinzufügen, doch
in diesem Moment fing sein Handy an, die Titelmelodie von Magnum zu
dudeln. „Esther“, rief er erstaunt, nachdem er sich gemeldet hatte, „was führt
dich zu mir? ... aha ... na, du machst es aber spannend ... ja, sicher ... ich
würde sagen, wir treffen uns in zehn Minuten in Emden im Bistro am Markt, wie
heißt es noch gleich ... ja, richtig ... o. k., bis gleich dann.“
„Dein Klingelton hat ja echt
Symbolik“, bemerkte Franziska süffisant, als er das Gespräch beendet hatte.
„In diesem Fall wäre es mir
lieber, er hätte keine“, gab Maarten mit gerunzelter Stirn zurück und ließ sein
Handy in die Hosentasche gleiten.
„Was wollte Esther?“
„Sie sagt, sie hätte eine
wichtige Info für uns. Sie klang ganz aufgeregt.“
„Wer ist Esther?“, fragte Keno.
„Ach, sorry. Esther ist die
Freundin von der Praktikantin, die auf der Plattform ums Leben gekommen ist.
Sie
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