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Windbruch

Windbruch

Titel: Windbruch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Bergsma
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Tatsächlich. Nicht weit von ihm trieb ein Schäfer dutzende
der wollweißen Tiere auf den Deich. Aber, wie er mit einem zufriedenen Grunzen
feststellte, verlief zwischen ihm und der Herde ein Zaun, so dass er seinen
Platz nicht würde räumen müssen.
    Gerade, als Maarten beschlossen
hatte, ein kleines Nickerchen an der frischen Luft zu machen, fiel ein Schatten
auf sein Buch. Erstaunt drehte er sich um und schaute in ein bärtiges Gesicht.
Der Körper zu diesem Gesicht steckte in einer Polizeiuniform.
    „Moin, Maarten.“
    „M... Moin. Kennen wir uns?“
    „Das will ich meinen. Kannst dich
nich mehr an mich erinnern, oder was?“ Der Bärtige grinste breit. „Also, wenn
ich das mal sagen darf, du hast dich ja überhaupt nich verännert. Siehst noch
genauso aus wie damals inne Schule. Nur’n bischen älter. Aber wer von uns is
das nich, wa?“ Damit kramte der schlaksige Mann eine Schachtel Zigaretten aus
der Tasche und bot Maarten eine an. Der schüttelte den Kopf und überlegte immer
noch, wer da eigentlich vor ihm stand.
    „So, immer noch Nichtraucher, wa?
Hab dich hier so sitzen sehen und da dachte ich, sachst ma guten Tach.“ Er
steckte sich umständlich eine Zigarette an und zwinkerte Maarten zu. „Und,
drauf gekommen, wer ich bin?“
    Erneutes Kopfschütteln. „Tut mir
leid, keine Ahnung.“
    „Harry. Ich bin Harry, Harry
Veldkamp. Und? Klingelt’s?“
    „Harry? Du bist Harry?“ Maarten
schaute sein Gegenüber irritiert von oben bis unten an. Natürlich kannte er
Harry Veldkamp, aber in seiner Erinnerung war der klein und dick. Der Harry,
den er kannte, hatte immer eine Packung Prinzenrolle in der Hand gehabt. Egal,
wo er gerade war. Morgens, mittags, abends. Nie hatte er ihn ohne seine Prinzenrolle
gesehen. Deswegen – und natürlich wegen seiner kompakten Statur - wurde er ja
damals von allen auch nur Rolle genannt. „Du hast dich aber verändert, Rolle“,
stellte er dann nüchtern fest.
    Harry verzog das Gesicht. „Nee,
nee, mien Jung. Die Zeiten von Rolle sind vorbei. Schon lange. Ging ja nich
anners. Wollte ja unbedingt zur Polizei. Und die wollten keine Möpse. Also habe
ich meine letzte Prinzenrolle noch aufgegessen und dann – Fitnessstudio. Jeden
Tach. Und dann haben se mich genommen. Tja, und da bin ich heute noch.“
    „Glückwunsch, tolle Leistung!“
Maarten nickte anerkennend. „Willste dich nicht kurz zu mir setzen?“, bot er
Harry dann einen Platz auf seiner Picknickdecke an.
    „Jo, fünf Minuten geht wohl.“ Er
setzte sich, griff sich an den Rücken und verzog dabei das Gesicht.
„Bandscheibe. Man is ja keine dreißig mehr.“
    „Und was machst du hier am Deich
mitten im Dienst?“
    „Och, muss man ja immer mal
nach’m Rechten sehen, seit hier so viel los is. Meistens, wenn ich herkommen
muss, hat einer von den Dösbaddeln den annern eingeparkt, oder so.“ Harry
machte mit seinem Kopf eine Bewegung Richtung Leuchtturm, wo sich gerade
mindestens vier Dutzend Urlauber tummelten. Anscheinend war ein ganzer Bus
vorgefahren. Über ihnen machten ein paar Möwen ein ohrenbetäubendes Geschrei
und warteten auf die Leckerbissen, die hier zuhauf vom Reiseproviant abfielen.
„Tja, und da kümmer ich mich dann drum.“
    Na, das klang ja nun nicht
wirklich nach steiler Polizeikarriere, dachte Maarten. Aber Harry schien
zufrieden zu sein.
    „Und von da oben hast du mich
erkannt?“, fragte Maarten ungläubig. Bis zum Leuchtturm waren es mindestens dreihundert
Meter.
    „Ach wat. Nee, ich lauf denn
immer noch’n bischen rum, mal Beine vertreten, weißt du. Jo, und da hab ich
dich hier sitzen sehen und dachte, guck, den hast ja lange nich gesehn, sachst
ma guten Tach.“
    „Gute Idee.“
    „Jo. Seit wann bissn hier?“
    „Seit vorgestern.“
    „Ja, hab schon gehört, dass du zu
Wiebkes Hochzeit kommst. Wird ja auch mal Zeit, dass die heiraten. Sind so
lange schon zusammen, und dann die zwei Lütten.“
    „Gestern hab ich Hauke im
Krankenhaus besucht“, machte Maarten einen Themenwechsel.
    „Hauke. Jo. Böse Geschichte,
das.“
    „Ihm geht’s richtig schlecht.
Gestern hat er Blut gespuckt. Und dann immer diese Krämpfe. Und keiner weiß,
was er hat.“
    „Jo, tragisch. Und dann hat er ja
auch noch so Paranoia.“
    Maarten stutzte. Wieso, litt
Hauke etwa unter Verfolgungswahn? „Wie kommst du denn da drauf?“ fragte er.
    „Ja nu, seit er diese Krämpfe
hat, war er schon zweimal bei uns im Polizeirevier in Pewsum. Hat immer
behauptet, man würde ihn vergiften. Aber nu

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