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Windbruch

Windbruch

Titel: Windbruch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Bergsma
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Kopf, aus der in einem
kleinen Rinnsal das Blut floss. Sie wälzte sich stöhnend hin und her und schien
nicht wirklich bei Bewusstsein zu sein. In die hintere Ecke des Büros gekauert
saß Nicolas, die Knie angezogen und die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen.
Er wimmerte und sah Maarten aus angsterfüllten Augen an.
    „Wo ist Tilman?“, flüsterte
Maarten, als er den kleinen Jungen nirgends entdecken konnte. Er musste
weggelaufen sein. Er eilte zu Nicolas hinüber, ging langsam in die Hocke und hob
seinen kleinen Kopf am Kinn an. „Wo ist dein Bruder, Nicolas? Ist er
weggelaufen?“
    Nicolas schluchzte laut auf und
warf sich Maarten in die Arme. „Er ... er hat ihn mitgenommen“, schluchzte er
verzweifelt und Maarten spürte die Zuckungen, die durch seinen kleinen Körper
gingen.
    Maarten glaubte, sein Herz würde
aufhören zu schlagen. Ihm wurde schwarz vor Augen und es gelang ihm kaum, einen
klaren Gedanken zu fassen. „Wer, Nicolas, wer hat Tilman mitgenommen?“ Er
bemühte sich, seine Stimme nicht zu nervös klingen zu lassen und drückte den
Jungen fest an sich.
    „Ein Mann.“
    „Wie sah dieser Mann aus?“
    „Gr-groß.“
    „Und wie noch?“
    „Gr-groß.“
    „Was ist denn hier los?“, hörte
Maarten im nächsten Moment die erschrockene Stimme von Franziska.
    „Wir ... brauchen einen Krankenwagen.
Und die Polizei. Schnell, Franziska“, keuchte Maarten.

53
    Minuten später wimmelte es bei
der N.S.OffshorePower Ltd. von Polizisten. Sie durchkämmten alle Hallen
und Gebäude vom Dach bis zum Keller, setzten dabei ihre Spürhunde ein. Ohne
Erfolg. Der kleine Tilman blieb wie vom Erdboden verschluckt.
    „Hexerei“, murmelte Maarten vor
sich hin, „es kann nur Hexerei sein.“ Er war doch nur wenige Minuten weg gewesen.
Wie um alles in der Welt hatte der Kerl es in dieser kurzen Zeit geschafft,
Inka niederzuschlagen, sich den Jungen zu schnappen und ihn dann noch am helllichten
Tag unbemerkt aus dem Gebäude zu schaffen? Das war doch völlig unmöglich! Er
warf einen Blick auf seine Kollegin Inka, die sterbensbleich in einem Sessel
saß und gerade vom Notarzt einen Kopfverband angelegt bekam. „Wie geht es
ihr?“, fragte er leise.
    „Es ist Gott sei Dank nur eine
Platzwunde“, sagte der Arzt, „und vermutlich eine leichte Gehirnerschütterung.
Sie wird bald wieder o. k. sein. Irgendwas muss ihr über den Kopf gezogen worden
sein. Geht es so, Frau Henzler?“, wandte sich der Arzt dann an Inka. Sie
nickte, sagte aber kein Wort. Sie stand ganz offensichtlich unter Schock.
    Von der Tür her war ein lautes
Prusten und Stöhnen zu vernehmen. Irritiert warf Maarten, der immer noch den
kleinen Nicolas an sich drückte, einen Blick über die Schulter. Hatte es etwa
noch ein Opfer gegeben, das sie bisher übersehen hatten? Aber als sein Blick
auf den Türrahmen fiel, sah er unter diesem Hauptkommissar Büttner stehen, der
sich die Hand aufs Herz gelegt hatte und wie ein Fisch auf dem Trocknen und mit
hochrotem Kopf nach Luft schnappte. „Alles klar mit Ihnen, Herr Kommissar?“,
fragte Maarten besorgt. Das hätte ihm gerade noch gefehlt, dass der ermittelnde
Beamte jetzt auch noch einen Herzanfall bekam!
    „Geht schon“, schnaufte Büttner,
„die Kollegen von der Spurensicherung haben die Fahrstühle blockiert und
pinseln darin herum. Haben mich nicht reingelassen. Musste die Treppen nehmen.“
Er schaute Maarten mit finsterem Blick an. „Schleppen Sie mal mein Gewicht drei
Stockwerke hoch. Das ist kein Spaß, kann ich Ihnen versichern.“ Nur gut, dass
er die spöttischen Gesten seines Assistenten Sebastian Hasenkrug nicht sehen
konnte, der hinter seinem Chef stehen geblieben war und sich nun mit
theatralischem Gesichtsausdruck scheinbar den Schweiß von der Stirn wischte und
sich dann ans Herz griff und strauchelte.
    Zu jedem anderen Zeitpunkt hätte
Maarten sicherlich darüber geschmunzelt, aber in diesem Moment war er fest davon
überzeugt, nie wieder in seinem Leben auch nur ein Lächeln über die Lippen zu
bringen. Er schaute zu Franziska, die an seinem Schreibtisch saß, auf ihren
Fingernägeln kaute und einen nach dem anderen mit beinahe hektischem Blick
musterte, als könne sie unter den Anwesenden Hinweise auf den Aufenthaltsort
von Tilman finden. Die quirlige Franziska, die immer für jedes Problem sofort
eine Lösung fand, haderte offenbar mit dieser Situation der völligen
Machtlosigkeit. Aber wer tat das nicht.
    „Ich will zu meinem Kind!“, hörte
Maarten plötzlich eine

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