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Windbruch

Windbruch

Titel: Windbruch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Bergsma
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ein
Polizeiaufgebot nicht dulden könne, schade es doch in höchstem Maße dem
exzellenten Image seines Unternehmens.
    Pech für ihn sei nur gewesen,
dass nicht nur Unmengen von Polizisten, sondern auch Massen von Journalisten
vor Ort gewesen seien, und man dieses Zitat von Rhein am nächsten Tag in jeder
noch so kleinen Postille würde lesen können. In Radio und Fernsehen habe man
die Szene bereits gebracht und seither sei Rhein abgetaucht und für niemanden
mehr zu sprechen. „Geschieht ihm recht“, murmelte Maarten, als er dieses
Gespräch mit Franziska später noch mal vor seinem inneren Auge Revue passieren
ließ.
    Was ihn aber doch mehr bedrückte,
als er sich zu diesem Zeitpunkt eingestehen wollte, war die Tatsache, dass er
Ostfriesland verlassen hatte, ohne sich von Tomke zu verabschieden. Natürlich
war es eine ganz bewusste Entscheidung gewesen. Aber im Nachhinein schalt er
sich dafür einen Trottel, einen Feigling, ein Arschloch und Schlimmeres.
Vermutlich würde sie ihm das nie verzeihen, und da hatte sie auch ganz recht.
Es gab Sachen, die waren durch nichts zu entschuldigen und wurden auch dadurch
nicht besser, dass man sie sich noch Stunden und Tage später versuchte schönzureden.
    Maarten fand auch in der
kommenden Nacht keinen Schlaf und starrte unentwegt auf sein Telefon. Keinen
Schritt tat er, ohne es mit sich zu führen, aber es schwieg. Erbarmungslos. Er
schaltete seinen Fernseher ein und wieder aus, blätterte die ihm nicht
nachgestellte Post der vergangenen Wochen durch und nahm schließlich ein Buch
zur Hand, um sich von seinen sich immerzu im Kreise drehenden Gedanken abzulenken.
Als er auf Seite dreißig war, wurde ihm allerdings bewusst, dass er sich auch
nicht an ein einziges Wort erinnern konnte, das er bis dahin gelesen hatte.
Also klappte er das Buch wieder zu und pfefferte es in die nächste Ecke.
    Als über der Skyline von
Manhatten glühendrot die Sonne aufging und einen klirrend kalten Wintertag
versprach, war Maarten gerade in einen unruhigen Schlaf gefallen und bekam von
dem beeindruckenden Naturschauspiel nichts mehr mit. Erst, als es gegen Mittag
ging und sein extra laut gestelltes Telefon wiederholt einen schrillen
Klingelton von sich gab, wachte er auf und rieb sich verdutzt die Augen. Doch
im nächsten Moment schon hatte er die Orientierung wiedergefunden, erkannte
Wiebkes Nummer und griff gehetzt zum Hörer.
    „Hallo“, meldete er sich und
spürte, wie ihm sein Herz gegen die Rippen hämmerte, als wolle es sie
durchbrechen.
    „Maarten, bist du es?“, rief ihm
Wiebkes Stimme entgegen.
    „Ja, klar. Gibt`s was Neues von
Tilman?“
    „Er ...“, Wiebkes Stimme brach in
einem Schluchzen.
    „Was? Was ist mit ihm, Wiebke?“,
schrie Maarten panisch. „Es ist ihm doch nichts passiert?“
    „N-nein. Er ... ist wieder da,
Maarten. Es ... geht ihm gut.“
    Maarten spürte, wie vor
Erleichterung seine Knie unter ihm nachgaben, und er ließ sich zurück aufs Sofa
fallen. Tilman war wieder da! Und es ging ihm gut! „Wer hat ... hat die Polizei
ihn gefunden?“
    „Nein. Ein älteres Ehepaar hat
ihn entdeckt. Er stand irgendwo in Groothusen an einem Weidezaum in der Nähe
eines Bauernhofes und hat versucht, ein paar Schafe mit dem spärlichen Gras zu
füttert, das noch irgendwo am Wegesrand stand.“
    „Er ist einfach ausgesetzt
worden?“, rief Maarten fassungslos.
    „Sieht ganz so aus. Aber wie
gesagt. Es geht ihm gut. Er hatte die Taschen voller Schokolade und ein ganz verschmiertes
Schokomäulchen. Wer auch immer ihn bei sich hatte, er wollte ihm auf keinen
Fall weh tun.“
    „Wie edel“, bemerkte Maarten
säuerlich. „Hat man irgendeine Ahnung, wer ihn entführt haben könnte?“
    „Nein. Es gibt nach wie vor
keinerlei Spur. Der Kleine wurde von oben bis unten auf fremde DNA-Spuren
untersucht. Aber es kann dauern, bis da die ersten Ergebnisse vorliegen.“
    „Und Sonja?“
    „Nun ja. Total erschöpft aber
überglücklich. Die Polizei hat sie mit ihren Kindern irgendwo hingefahren, wo
sie sich in Ruhe erholen können und wo sie vor allem vor den Journalisten in
Sicherheit sind. Keiner weiß, wo das ist, Aber das ist ja auch gut so.“
    Maarten atmete tief durch.
„H-hast du was von ... Tomke gehört?“, stotterte er in den Hörer.
    „Sie wird morgen aus dem
Krankenhaus entlassen.“
    „Dann geht’s ihr gut?“
    „Körperlich ja. Aber psychisch
ist sie ... nun ja, etwas angeschlagen. Aber das ist ja auch kein Wunder.
Irgendwie hatte sie von der Geschichte mit

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