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Windkämpfer

Windkämpfer

Titel: Windkämpfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Redick
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zeige ich an dir, wie es geht«, nachdem Pazel ein Schluchzen gehört und begriffen hatte, dass man Neeps gezwungen hatte, ihm diese Strafe zu verabreichen, nachdem ihm die Tränen über die Wangen und das Blut bis zu den Kniehosen liefen – erst nach alledem wurde ihm klar, was die schlimmste Folge seines Ausbruchs war.
    Er würde Tascha niemals wiedersehen.
    Dabei war das doch wohl das geringste Problem! Mädchen hatten ihn noch nie gekümmert. Jedermann wusste, dass sie einem Seemann nur Unglück brachten. Mädchen sind wie Koralleninseln, sagte ein Sprichwort. Von ferne hübsch anzusehen, aber von Riffen umgeben.
    Eigentlich sollte es ihm gleichgültig sein. Er kannte sie nicht einmal, und was er über sie wusste – sie war die Tochter des Mannes, der Ormael niedergebrannt hatte, sie war verwöhnt, aufbrausend und indiskret –, gefiel ihm nicht besonders. Oder doch?
    Feuer und Rauch, Pazel. Sie gefällt dir.
    Es war ein letzter Schlag, auf den er nicht gefasst war. Vielleicht hätte er in ihr eine Freundin gefunden – nach so vielen Jahren! –, aber das würde er jetzt nie mehr erfahren. Und Neeps, sein zweiter Freund, würde sich ebenfalls in Luft auflösen, ebenso wie der leutselige Mr. Fiffengurt und – beim Himmel! – die Aussicht, seine Eltern und Neda wiederzufinden! Wenn Doktor Chadfallow ihn tatsächlich zu ihnen hatte zurückbringen wollen, so hatte Pazel diese Chance soeben vertan.
    Plötzlich wünschte er sich sehnlich, der Kaiserliche Leibarzt würde ihn wieder unter seine Fittiche nehmen. Was sollte aus ihm werden? Wen kümmerte es, wenn er starb?
    Doktor Rain wusch ihm die Striemen mit Eukalyptusöl aus und schickte ihn dann in seine Hängematte. Da er nicht darin liegen konnte, legte er sich bäuchlings auf den schmutzigen Fußboden, wagte aber kaum zu schlafen, aus Angst, die anderen Jungen könnten im Dunkeln auf ihn treten. Irgendwann in dieser Unglücksnacht musste er doch eingenickt sein, denn unvermittelt riss ihn eine schreckliche Erkenntnis aus dem Schlaf. Jetzt habe ich niemanden mehr auf der Welt.
    Doch bevor er den Gedanken zu Ende geführt hatte, kam Neeps von der Nachtschicht zurück, tastete sich zu Pazel vor und fasste ihn am Arm. Pazel setzte sich unter Schmerzen auf, und Neeps reichte ihm einen Beutel.
    »Was ist das?«
    Neeps schwieg. Pazel öffnete den Beutel und versuchte, den Inhalt zu erfühlen. Sechs oder acht Münzen. Ihr Gewicht verriet ihm, dass sie aus Gold waren.
    »Woher hast du die, Kumpel?«
    Neeps sagte immer noch kein Wort, aber er drückte Pazel noch einen Gegenstand in die Hand. Ein Klappmesser.
    »Neeps! Ist das nicht das Messer meines Vaters? Das ist es doch, nicht wahr?«
    Neeps kramte weiter in seinen Taschen und förderte endlich ein letztes Geschenk zutage: den Elfenbeinwal.
    »Musstest du dich deshalb mit Jervik prügeln?«, flüsterte Pazel.
    Neeps schniefte. Pazel merkte erst jetzt, dass er vor Wut und Scham weinte.
    »Bei den Gebeinen meiner Großmutter auf Sollochstol«, sagte er mit seiner piepsigen Stimme. »Sie werden dafür bezahlen, dass ich dir das antun musste.«

21
     
    A US DEM GEHEIMEN T AGEBUCH DES Q UARTIERMEISTERS G. S TARLING F IFFENGURT
     
    Dienstag, 13. Ilqrin. Die See ist ruhig, das Schiff nervös. Rose ist ein Tyrann & Uskins ein Sadist, aber beide haben sich in den letzten zwei Tagen seit der Auspeitschung von Pazel Pathkendle zurückgehalten, als ob sie durch diese Untat ihre Gelüste befriedigt hätten. Für Mr. P. P. gibt es natürlich keine Zukunft – man wird ihn in Uturphe mit einer Tasche voller Pferdefleisch vor dem Schandmal in seinen Papieren an Land setzen. Uskins, dieses Schwein, wollte ihm die Handgelenke brandmarken – U für unverschämt auf der einen & R für rücksichtslos auf der anderen Seite. Er hatte Pathkendle schon in die Schmiede gebracht & war dabei, ein Brandeisen zu erhitzen, als ich dazukam & dazwischenging. Und ich war nicht zimperlich: Ich sagte ihm, dass dieses Eisen einen neuen & für ihn recht unangenehmen Verwendungszweck finden würde, falls er versuchen sollte, einen von meinen Jungen damit zu traktieren. Uskins verhöhnte mich, weil ich den ›Muketsch‹ verteidigte – diesen seltsamen Spitznamen haben die Jungen Pathkendle verpasst. Hat offenbar etwas mit Krabben zu tun.
    Dabei hat Uskins schon genug Schaden angerichtet, als er Neeps Undrabust, den besten Freund des Jungen, dazu bestimmte, ihm die Peitschenhiebe zu verabreichen. Jetzt läuft Mr. Undrabust herum & macht ein Gesicht,

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