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Windkämpfer

Windkämpfer

Titel: Windkämpfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Redick
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Wir sind mindestens achtzig Seemeilen von unserem Weg abgekommen. Wozu?, wollen die Männer wissen & ich habe keine Antwort.
    Noch eine Besonderheit – ich hätte sie fast vergessen. In Etherhorde nahm mir Rose das Anwerben von Seeleuten zur Vervollständigung der Besatzung ab, obwohl dies gewöhnlich Aufgabe des Quartiermeisters ist. Ich war froh darüber, verschaffte es mir doch einige letzte kostbare Stunden mit Annabel. Mr. Swellows erledigte das Anmustern & er ist stets darauf bedacht, Roses Befehle buchstabengetreu zu befolgen. Aber wie konnte es dann geschehen, dass er so viele Männer aus Plapp’s Pier an Bord nahm? Es sind fähige Seeleute, gewiss. Aber jeder Narr weiß, dass das Große Schiff seit Generationen mit Burschen aus Burnscove bemannt wird. Zugegeben, etliche von unseren Burnscovern sind in Sorrophran geflüchtet, vielleicht weil sie sich (wie Mr. Frix meint) an die erste Fahrt unter Führung von Kapitän Rose erinnerten & lieber sterben wollten, als noch einmal unter ihm zu dienen. Aber weit über hundert sind noch an Bord.
    Ich achtete darauf, Plapper & Burnscover für unterschiedliche Wachen einzuteilen & sie mit Männern zu mischen, die zu keiner der beiden Gruppen gehören. Bisher gab es keine Schlägereien – aber das kommt so sicher, wie ich diese Worte niederschreibe. Tascha Isiq & ihr Prinz mögen sich vermählen, Arqual & das Mzithrin mögen abrüsten, aber der heilige Krieg zwischen Plapp & Burnscove wird wüten, solange es Fischkisten gibt, um die man kämpfen kann.
     
    Sonntag, 1. Modoli. Wir haben anscheinend einen tobenden Irren an Bord. Gestern Nacht wurde Botschafter Isiqs Kammerdiener Hercól an der Luke Nr. 3 überfallen & der Angreifer hätte es fast geschafft, den Mann zu töten. Hercól bekam einen schweren Schlag auf den Kopf und war für kurze Zeit ohne Besinnung. Als er wieder zu sich kam, war der Angreifer gerade im Begriff, ihn über die Reling zu werfen. Im letzten Moment ächzte & stolperte er jedoch & anstatt Hercól weit hinaus in die Wellen zu schleudern, wälzte er ihn nur über die Seite, wo der Kammerdiener mit dem Knöchel in den Wantenspannern des Kreuzmasts hängen blieb. Dann zog der Irre ein Messer & stach ihn dreimal ins Bein. Doch der Kammerdiener trat dem Angreifer, eine außergewöhnliche Leistung, mit dem freien Fuß das Messer aus der Hand – obwohl er kopfüber vom Rumpf hing, an Kopf & am Bein blutete & immer wieder gegen die Planken schlug wie ein gestrandeter Fisch.
    Der Held des Abends ist, welche Überraschung, kein anderer als Mr. Ket, Liripus Ket, der beleibte Kaufmann, der seit Sorrophran an Bord ist. Dieser bescheidene Mann, der mit opaltinischer Seife handelt, kam an Deck, während der Messerkampf in vollem Gang war, ging mit einer Spillspake auf den Irren los & vertrimmte ihn so, das er durch die Luke flüchtete. Mr. Kets Geschrei rief etliche Matrosen herbei, aber sie waren nicht schnell genug, um den Täter zu fassen. Er ist immer noch auf freiem Fuß. Noch beunruhigender ist, dass er maskiert war. Weder Ket noch Hercól konnten sein Gesicht erkennen.
    Ket ist ein komischer Vogel (wenn er sich räuspert, klingt es wie berstendes Holz & er fummelt unentwegt an seinem zerschlissenen Halstuch herum), aber an Mut mangelt es ihm offensichtlich nicht. Wir nahmen ihm das Versprechen ab, kein Wort von dieser Geschichte verlauten zu lassen. »Ich würde … hhrrrhmmm! … im Traum nicht daran denken, meine Herren.« Das ist auch gut so. Die Männer tuscheln bereits, dass womöglich nachgeholfen wurde, als Aken über Bord ging & Mr. Swellows wird von finsteren Blicken verfolgt. Wir Deckoffiziere versuchen schon den ganzen Tag, die Gerüchte mit Bitten & Drohungen zum Schweigen zu bringen. Angst unter den Passagieren ist das Letzte, was wir gebrauchen können.
    Im Moment durchsuchen Sergeant Drellareks Soldaten möglichst unauffällig das Schiff. Aber woran sollen wir den Schurken erkennen? Ket beschreibt einen Mann ›von durchschnittlicher Größe‹, womit die Augrongs & Mr. Neeps ausgeschlossen wären. Eine gründliche Suche unter den vierhundert Fahrgästen der Dritten Klasse würde einen lodernden Brand von Gerüchten entfachen, der nie wieder zu löschen wäre. Außerdem waren diese elenden Seelen während der Nacht alle unter Deck eingeschlossen.
    Wer sollte einen Diener ermorden? Ich verabscheue Mr. Swellows, aber ich traue der alten Kröte nicht genügend Mut zu, um einen Menschen zu töten. Isiq sagt über Hercól nur, er sei ein

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