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Windkämpfer

Windkämpfer

Titel: Windkämpfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Redick
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gerissen, als in der Tür zum Gästesalon ein Schlüssel umgedreht wurde. Tascha verließ ihre Kabine im gleichen Augenblick, in dem ihr Vater die äußere Tür öffnete.
    »Wie geht es ihm?«, fragte Isiq sofort.
    »Nicht gut.«
    Eberzam durchquerte den Raum, warf einen Blick auf Hercól und schüttelte den Kopf. Tascha schlug ihren Kragen hoch und hoffte, dass er das fehlende Halsband nicht bemerken würde.
    »Papa«, sagte sie, »wer ist für die Verfolgung des Angreifers zuständig?«
    »Das müsste Hauptmann Nagan sein«, sagte Isiq.
    »Der gute alte Nagan«, erwiderte sie. Es klang nicht ganz überzeugt. »Wo ist er eigentlich die ganze Zeit?«
    »Er ist vorausgefahren, um dafür zu sorgen, dass alles ruhig ist, wenn wir den nächsten Hafen anlaufen. Aber jetzt ist er wieder an Bord. Ein hervorragender Soldat, übrigens hat Syrarys mehrmals nach dir gefragt.«
    »Ach ja?«
    »Sie hält sich zurzeit gern im Damenbadezimmer auf. Sie sagt, nur dort können sich Frauen wirklich ungezwungen unterhalten, ohne von uns Männern gestört zu werden.« Er lächelte. »Vielleicht solltest du auch einmal einen Abend dort verbringen.«
    »Mache ich«, sagte Tascha. »Vielleicht ist es sogar am besten, ich gehe gleich hin, Papa.«
    »Braves Mädchen«, sagte er.
     
    *     *     *
     
    Natürlich waren Taschas Absichten nicht die eines ›braven‹ Mädchens im Sinne ihres Vaters. Sie hatte schon an zwei Abenden den Kopf ins Damenbadezimmer der Ersten Klasse gesteckt und Syrarys nicht angetroffen. Noch einmal, dachte sie, und ich werde sie fragen, wo sie nach dem Essen wirklich hingeht – natürlich in Gegenwart von Papa. Und wie wirst du dich da wohl herauswinden, du aufgetakelte Laus?
    Doch heute Abend war Syrarys zu ihrer Empörung tatsächlich da, wo sie es gesagt hatte. »Liebste!«, rief sie, als Tascha die Tür öffnete. »Hast du auch Lust auf ein Fußbad?«
    Tascha wurde von nassen Händen gepackt und ins Innere gezogen. Einige der Frauen aus der Ersten Klasse (sie drängten sich zu neunt in dem kleinen Raum zusammen) saßen vergnügt um eine Wanne mit fast kochend heißem Wasser herum, die sie sich hatten bringen lassen, und wärmten sich die dürren Beine. »Leider nur Salzwasser!«, klagte die Frau des Weizenhändlers aus Virabalm. »Trotzdem, genau das Richtige an einem so kalten Abend!«
    Syrarys hatte sich ein Handtuch um den Kopf gewickelt. »Unsere Tascha hat den Feind studiert – meine Güte, das stimmt ja gar nicht mehr –, ich meine natürlich unseren ehemaligen Feind. Sie kennt seine Geschichte und seine seltsamen, um nicht zu sagen erschreckenden Sitten und Gebräuche. Aber wir dürfen uns nicht länger fürchten, nicht wahr, Liebes? Von jetzt an heißt es leben und leben lassen. Besonders nach deiner Hochzeit! Komm, setz dich neben mich – und bring uns ein paar Worte auf Mzithrin bei.«
    Wieder einmal war Tascha ihrer Stiefmutter blind in die Falle gelaufen. Wie sollte sie ihr jetzt noch vorhalten, sie würde sich heimlich davonschleichen? »Mzithrin! Mzithrin!«, zwitscherten die Frauen entzückt. Und Uturphe kam mit jeder Minute näher.
    Tascha wählte einen Satz aus dem hinteren Teil von Händlers Polylex (›Lass die Finger von meinen Sachen!‹), die einzigen Worte, die sie zu ihrem Bräutigam sagen wollte, falls es jemals zu einer Hochzeit käme. Den Frauen erklärte sie, es handle sich um eine Grußformel unter Adeligen.
    Endlich konnte sie sich durch den Dampf nach draußen tasten und die Tür hinter den Abschiedsrufen schließen, um zum Oberdeck hinaufzusteigen. Doch bevor sie noch drei Schritte getan hatte, sah sie vor sich einen alten Soldaten aus dem Rauchsalon treten. Er war klein und hager und mit Narben aus vielen Schlachten übersät. Ein Veteran im roten Barett der Ehrengarde.
    »Guten Abend, Hauptmann Nagan«, sagte sie.
    Sandor Ott drehte sich um und lächelte. »Zu Diensten, Lady Tascha.«
    »Hauptmann, mein Vater sagt, Sie wären zuständig für die Jagd auf …«
    »Verzeihen Sie bitte, wenn ich unterbreche«, sage Ott, »aber wenn ich Erfolg haben soll, müssen Sie leiser sprechen.«
    Wie konnte sie nur so töricht sein! Fast hätte sie die Worte ›Hercóls Angreifer‹ so laut hinausposaunt, dass sie durch mehrere Kabinen zu hören waren. Genau diese Art von Leichtsinn war es, was ihrem Vater Sorgen machte.
    »Danke«, sagte sie leiser. »Hauptmann Nagan, darf ich Ihnen etwas mitteilen, was hilfreich sein könnte?«
    »Ich bitte darum«, sagte Ott.
    »Hercól hat

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