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Windkämpfer

Windkämpfer

Titel: Windkämpfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Redick
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    Es gab keine tiefe Fahrrinne, daher erging in einem Abstand von zwei Meilen der Befehl, die Segel zu reffen und die Anker zu werfen. Am Hauptmast protestierte eine Handvoll Männer in Öljacken mit lautem Gebrüll. Es waren Whisky- und Messinghändler, die es kaum erwarten konnten, möglichst viel Ware aufzunehmen, um sie im Westen weiterzuverkaufen. Der Anker hatte den Grund noch nicht erreicht, als sie Mr. Fiffengurt schon umdrängten. Wann konnte man die Boote zu Wasser lassen? Wie stark würde der Sturm werden? Wie viele Männer konnte er als Ruderer entbehren? Wie lange würden sie bleiben?
    »Zurücktreten, die Herren!«, grollte er. »Zuerst müssen wir ein Leben retten, falls es noch möglich ist.«
    Hercól wurde von Isiqs Ehrengarde hinausgetragen. Der Regen peitschte ihm ins Gesicht, und Tascha hielt weinend seine kalte Hand. Er sah aus, als wäre er schon tot. Zum ersten Mal war Fiffengurt von einem dieser hochgeborenen jungen Leute angetan. Die meisten waren Weichlinge, die weinten, wenn zu wenig Salz in der Suppe oder die Jacke nicht gebürstet war. Ein Tag Arbeit als Teerjunge bei Kombüsenkost könnte sie lehren, ihr Glück zu schätzen. Aber Lady Tascha war aus anderem Holz geschnitzt. Sie weinte, gewiss, aber leise, und sie beklagte sich nicht. Der Quartiermeister legte den Kopf schief, um sie besser sehen zu können.
    »Sie müssen jetzt tapfer sein, mein Fräulein«, sagte er. »Für Mr. Hercól wird alles getan, was möglich ist.«
    »So ist es«, sagte Sandor Ott.
    Das Boot wurde abgelassen, Ott und Fiffengurt saßen Seite an Seite im Bug, und die Männer ruderten an Land. Tascha überfiel plötzlich die Angst, Hercól nie mehr wiederzusehen, und sie wandte sich ab, um dieses weiße Totenantlitz nicht als letztes Bild von ihm in Erinnerung zu behalten. Hätte sie das nicht getan, dann wäre ihr vielleicht aufgefallen, dass einer der Gardisten mit dem rechten Arm nicht ruderte, sondern ihn nur steif, wie unter Schmerzen im Takt mitbewegte.
    Neben ihr suchten die Händler mit Drängeln und Rempeln Plätze im nächsten Boot zu ergattern. Einer prahlte: »Heute Abend kommen in Uturphe keine Krebse auf den Tisch – in keinem Haus! Ich habe sie alle gekauft. Auf Rukmast erlöse ich das Vierfache von dem, was ich diesen Bettlern bezahle. Einige wollten nicht verkaufen, aber der Herzog von Uturphe hat sie überredet – Fischerhütten brennen nämlich leicht –, und er hat nur zehn Prozent für seine Unterstützung verlangt.«
    »Sehr maßvoll«, sagte ein anderer.
    »Wahrhaftig! Aber wann lässt uns dieser Narr denn nun endlich an Land? Ich sage Ihnen doch, ich habe sie alle gekauft.«
    Tascha wandte sich angewidert ab – und wäre beinahe mit Pazel Pathkendle zusammengestoßen.
    Er wurde von zwei hünenhaften Soldaten nach achtern geführt. In den Armen hielt er ein nasses Bündel, am Leib trug er einen alten Mantel mit einem roten Flicken am Ellbogen. Weder Mütze noch Schuhe. Sein braunes Haar war klatschnass vom Regen und klebte ihm am Kopf.
    Er schenkte ihr ein müdes Lächeln. »Sie haben Ihr Halsband wieder.«
    Die Soldaten machten Anstalten, ihn für seinen vertraulichen Tonfall zu ohrfeigen, aber ein Blick auf Tascha belehrte sie eines Besseren.
    »Ich habe Papa angefleht, dich zu behalten«, sagte sie. »Aber er hat nicht auf mich gehört.«
    Pazel zuckte die Achseln. »Genau wie ich, nicht wahr? Wissen Sie, wo Neeps ist?«
    Tascha nickte. »Er steht an den Pumpen. Sechs Stunden – eine Strafe von Swellows. Vermutlich hat er sich geprügelt.«
    »Richten Sie ihm von mir aus, er soll das bleiben lassen«, bat Pazel kopfschüttelnd. Dann sah er sie an und wechselte ins Opaltik. »Vergiss nicht, was Ramachni sagte. Ein böser Magier ist an Bord, und ein anderer – noch schlimmerer – wird bald eintreffen. Sei vorsichtig, Tascha. Und denke manchmal an mich, ja?«
    Tascha hatte Mühe, ihr Schul-Opaltik zusammenzukratzen. Was ist denn los mit mir?, dachte sie überrascht.
    »Noch schlimmer, ja«, murmelte sie.
    »Mir tut das alles sehr leid, Tascha«, sagte er.
    »Dir tun leid?« Wütend auf ihre ungelenke Zunge schüttelte sie den Kopf. »Warum du solche Gefühle? Ich habe keine Ahnungen.«
    Pazel musste lachen, obwohl er durchnässt war und fröstelte. »Du hast sogar zu viele.«
    Die Soldaten stießen ihn weiter. Inzwischen hatten sich Händler und Matrosen in das zweite Boot gedrängt, aber eine Bank war noch frei.
    »Ich muss dir etwas sagen«, flüsterte Pazel. »Komm

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