Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Windkämpfer

Windkämpfer

Titel: Windkämpfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Redick
Vom Netzwerk:
hatte nichts anderes zu tun, als Botschaften von Drellarek zu den Offizieren der Chathrand zu bringen und Buch zu führen über die Schicht- und Diensteinteilung, die Beschwerden, Fieberanfälle und Verdauungsstörungen der hundert Seesoldaten unter Drellareks Befehl.
    Der Schreiber entfernte sich nie von seinem Posten, außer wenn er Botengänge machte. Ansonsten schickte ihn Drellarek bei jedem Wachwechsel für fünf Minuten fort, um die Berichte der Wachhabenden und des Segelmeisters einzuholen. Nur zu diesen Zeiten (und auch dann nur, wenn niemand sonst im Gang war) konnten die Ixchel ihren Beobachtungsstand erreichen oder verlassen. Jetzt war ein solcher Zeitpunkt gekommen, und Dri und Talag stiegen eilends hinab.
    Gleichzeitig schlüpfte Midryl, ihre Wachablösung, aus dem Ablaufrohr und kletterte ihnen rasch entgegen. Als er die beiden erreicht hatte, hielt er inne und wartete auf Anweisungen.
    »Achte besonders auf die neuen Fahrgäste, die heute an Bord kommen«, sagte Talag. »Und merke dir, wer mit dem Kapitän spricht, falls er sich blicken lässt.«
    »Ja, Lord Talag.«
    »Vielleicht geht auch der Botschafter an Land«, fügte Dri hinzu. »Pass gut auf, wer mit ihm das Schiff verlässt und wer wieder zurückkommt.«
    »Natürlich, Lady Diadrelu.«
    »Unten ist der Weg frei?«, fragte Talag.
    »Es droht keine Gefahr, Lord Talag. Auf dem Batteriedeck humpelte eine Ratte vorbei, das war alles. Mein Bruder Malyd ist auf Wache.«
    »Dann mach schnell.«
    Midryl neigte den Kopf und verschwand durch die Ritze nach oben. Dri und Talag erreichten den Boden und eilten zum Ablaufrohr. Vom Oberdeck waren die Stimmen der Riesen, das Prasseln des Regens und das traurige Kreischen der durchnässten Möwen zu hören. Aber der Deckel des Rohrs ließ sich nicht öffnen. Normalerweise schwang er auf den leisesten Druck auf, aber jetzt gab er keinen Zollbreit nach, obwohl sich Dri und Talag mit aller Kraft dagegenstemmten.
    »Dieser Tölpel!«, wütete Talag. »Er hat innen das Scharnier abgebrochen.«
    Sie warfen sich gemeinsam gegen den Metalldeckel, doch es war vergeblich.
    »Wir sitzen fest!«, sagte Dri. »Aber was ist passiert? So etwas geschieht doch nicht zufällig?«
    »Es war auch kein Zufall, Lady Dri«, ertönte eine Stimme aus dem Rohr.
    »Wer ist das, verdammt – eine Ratte?«, fauchte Talag ungläubig.
    »Nein, Lord Talag«, sagte die Stimme. »Ich bin Feltrup Stragraven, und ich habe Ihnen eine bedeutende – nein, eine sehr wichtige – nein, eine unentbehrliche Lektion zu verdanken!
    Ich bin nämlich keine Ratte. Dabei litt ich so lange unter dem Glauben, eine zu sein. Wie eine Ratte zu denken, zu schwatzen, im Tang zu ertrinken …«
    »Ungeziefer!«, schrie Talag. »Schafft eure räudigen Kadaver aus unserem Rohr!«
    »Ich bin ganz allein, Lord Talag. Ich habe die Klappe mit einer Holzschraube festgekeilt.«
    »Dann entferne sie«, sagte Diadrelu ruhig. »Wir sind hier in Gefahr.«
    »Das bedauere ich, Lady«, sagte Feltrup. »Aber Sie werden doch begreifen, dass auch meine Lage verzweifelt ist? Nachdem mir Lord Talag erklärt hatte, ich sei keine Ratte, erkannte ich, dass es Wahnsinn war – im wahrsten Sinne des Wortes –, wenn ich mich weiterhin als solche ausgab. Der Bau ist kein sicherer Ort, wenn man das Misstrauen von Meister Mugstur erregt, in irgendeiner Form verkrüppelt ist oder eine Schwäche zeigt, wie es bei mir der Fall ist. Ist Ihnen klar, wie sehr Sie mich gezeichnet haben, Lord Talag?«
    Dri sah ihren Bruder scharf an. »Du hast mit diesem Wesen schon einmal gesprochen?«
    »Bei den brennenden Seelen!«, rief Talag. »Das kann nicht dieselbe sein! Bist du wirklich die geschwätzige Ratte, die wir beim Herumschnüffeln im Nachtdorf ertappt haben?«
    »Die Ratte in höchster Not«, verbesserte die Stimme, »die nach Ihnen suchte. Der arme, verängstigte Feltrup, ständig am Ertrinken, ständig am Rand der Verzweiflung. Aber keine Ratte, Lord. Haben Sie vergessen, was Sie damals sagten? ›Ratten denken nicht; es sieht nur so aus.‹ Aber ich denke unermüdlich – tiefe, wahre Gedanken, Intrigen, erbauliche Überlegungen, sprühende Raketen des Geistes! Folglich kann ich keine Ratte sein, auch wenn ich so aussehe. Denke ich.«
    »Davon hast du mir nichts erzählt«, sagte Dri zu Talag.
    »Dass ich eine Ratte getötet habe? Wozu auch? Es floss nicht einmal Blut. Wir sperrten sie in einem Bilgenrohr ein und ließen sie ersticken.«
    »Aber wie Sie sehen, habe ich ihm den Gefallen nicht

Weitere Kostenlose Bücher