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Windkämpfer

Windkämpfer

Titel: Windkämpfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Redick
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Wildkatzen und Schwefelhunde, deshalb wurden in Uturphe die Nahrungsmittel in Regenwassertanks gezüchtet: Wasserpfeffer, Sumpfrettich und Schnecken. Sollte er sich heute Abend an Schnecken satt essen?
    Seufzend trat er in den Regen hinaus. Doch die Tür hatte sich hinter ihm noch nicht geschlossen, als er ein Gesicht erkannte, das ihm keine Freude bereitete: Unter dem Dachvorsprung stand Mr. Swellows und wartete auf ihn. Der Bootsmann roch wie immer schon von weitem nach Alkohol.
    »Da bist du ja, Pathkendle!«, sagte er. »Jetzt heißt es wohl ein neues Leben anfangen?«
    »Wo ist Mr. Fiffengurt?«, fragte Pazel, ohne das Lächeln des Bootsmanns zu erwidern. Er hatte keine Ahnung, warum Swellows hier war, aber es hatte sicherlich nichts Gutes zu bedeuten.
    Der Bootsmann deutete mit dem Daumen die Allee entlang. »Noch mit dem armen Mr. Hercól und Hauptmann Nagan im Spital.«
    »Dann sollte ich wohl zusehen, dass ich nachkomme«, sagte Pazel. »Leben Sie wohl, Mr. Swellows.«
    »Moment noch!« Swellows legte ihm seine feuchte Hand auf die Schulter. »Hör zu! Ich weiß, ich hab dich nicht grade mit Samthandschuhen angefasst. Aber das war nicht böse gemeint. Hab schließlich selbst mal als Teerjunge angefangen.«
    »Ach ja?«, sagte Pazel und versuchte, die Hand des Bootsmannes abzuschütteln.
    »Du wirst Geld brauchen, um dich über Wasser zu halten, bis du Arbeit findest.«
    »Meine Kumpel haben für mich gesammelt«, sagte Pazel. »Sie haben mir acht Goldmuscheln gegeben.«
    »Acht Muscheln!«, dröhnte Swellows. Es klang fast empört. Dann senkte er die Stimme und sagte: »Warum nicht – auch wenn es nur für einen Ormalier ist? Hier hast du noch einmal so viel.«
    Er zog seine Börse, zählte acht Goldmuscheln ab, zögerte kurz und ließ sie dann in Pazels Hand fallen. Der starrte die Münzen an. Acht Muscheln, das war eine erkleckliche Summe – davon konnte jemand wie Pazel eine Woche lang sorgenfrei leben.
    »Warum, Sir?«, fragte er endlich.
    Der Bootsmann betrachtete ihn lange mit ernster Miene. Endlich sagte er: »Als ich in deinem Alter war, hat mir jemand so geholfen wie ich jetzt dir. Damals hab ich geschworen, es nie zu vergessen.«
    Er reichte Pazel die Hand, und der nahm sie – immer noch widerstrebend.
    »Verschwende das Geld nicht«, mahnte Swellows. »Achte es. Hüte es!«
    »Aber ich weiß noch nicht einmal, wo ich schlafen werde«, gestand Pazel.
    »Oh, das ist schwierig«, sagte Swellows. »Uturphe ist eine Stadt der Diebe. Der einzig ehrliche Ort ist das Wirtshaus am Schwarzbrunnen. Da bist du richtig.«
    »Schwarzbrunnen«, wiederholte Pazel.
    »Sag ihnen, ich hätte dich geschickt. Und jetzt muss ich aufs Schiff zurück. Vergiss mich nicht, Pathkendle!«
    »Bestimmt nicht, Sir. Und vielen Dank.«
    Swellows torkelte hoch erhobenen Hauptes in den Regen hinein, als wäre er stolz auf seine gute Tat. Pazel schüttelte staunend den Kopf. Doch jetzt hatte er keine Zeit mehr zu verlieren. Er rannte die Straße hinauf, die ihm Swellows gezeigt hatte. Er wollte Fiffengurt unbedingt noch im Spital erwischen. Außerhalb des Schiffes fände er vielleicht Gelegenheit, dem Quartiermeister von der Verschwörung zu erzählen – nach Möglichkeit, ohne Ramachni oder die Ixchel zu erwähnen.
    Er überquerte Brücken und sprang über Rinnsteine. Er würde einen Weg finden. Swellows’ Geschenk hatte ihm Mut gemacht. Wenn dieser Mann zur Güte fähig war, dann war alles möglich. Und mit sechzehn Muscheln konnte er eine Passage Dritter Klasse bezahlen und Uturphe verlassen. Vielleicht sogar nach Ormael zurückkehren! Schließlich war er seiner Heimat hier so nahe wie noch nie.
     
    *     *     *
     
    Aber Hercól war nicht im Spital.
    Die Pflegerin am Empfang erklärte Pazel in forschem Ton, ein Mr. Hercól aus Tholjassa sei nicht eingeliefert worden. Von der Chathrand habe überhaupt niemand das Spital aufgesucht. »Gibt es noch ein anderes Spital?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Nicht in Uturphe.«
    »Das kann nicht sein«, sagte Pazel. »Mr. Fiffengurt und Hauptmann Nagan wollten ihn hierherbringen – ein älterer Mann mit einem komischen Auge und ein ziemlich kleiner Mann mit vielen Narben.«
    »Keiner von beiden war hier«, sagte die Pflegerin.
    »Aber ich bin doch mit ihnen an Land gegangen!«
    Die Frau sah ihn so unbeteiligt an wie einen Sack Mehl. »Manchmal ist es eben so. Aber Sie haben Glück, junger Mann. Zur Leichenhalle brauchen Sie nur die Straße zu überqueren.«
    Pazel hatte noch

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