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Windkämpfer

Windkämpfer

Titel: Windkämpfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Redick
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Sie werden alles vermeiden, was diese Hochzeit verhindern könnte.«
    »Woher weißt du das so genau?«, fragte Pazel.
    Diadrelu schlug die Augen nieder. Nach kurzem Schweigen sagte sie: »Steldak, der Gefangene, hat uns viel erzählt. Aber dieses Wissen wurde teuer erkauft.«
    »Mit dem Tod meines Vaters«, sagte Taliktrum. »Das war der Preis. Sniraga, die meuchlerische Bestie, hat ihn ins Jenseits befördert. Und ohne ihn sind wir verloren.«
    »Talag war auch mein Bruder«, sagte Dri. »Ja, wir sind verloren. Aber um seinetwillen dürfen wir nicht klein beigeben. Talag pflegte zu sagen, im Tod verliere alles an Wert außer der Wahrheit. Ich hatte das nie verstanden, aber ich denke, jetzt begreife ich es. Denn wenn wir die Toten in irgendeiner Weise als unaufrichtig im Gedächtnis behalten, sind sie doppelt für uns verloren – tatsächlich und in der Erinnerung. Vielleicht geht darauf der Brauch der Ixchel zurück, in der Nacht des Hinscheidens Briefe an die Verstorbenen zu schreiben – Briefe, die in Familienarchiven aufbewahrt werden, damit Kinder und Enkelkinder sie dereinst lesen können. Aber Talag hat uns schon vor langer Zeit das Versprechen abgenommen, das nicht zu tun – wir sollten keinerlei Todesrituale abhalten, bis wir …«
    »Tante Dri!«, rief Taliktrum empört.
    Dri blinzelte, als erwachte sie aus einem Traum. »Bis wir am Ende des Kampfes angekommen wären, dem er sein Leben geweiht hatte – mehr wollte ich nicht sagen. Aber es gibt noch mehr traurige Nachrichten. Als wir uns Ormael näherten, hat der Bootsmann Swellows einen von euch ermordet. Ihr müsst ihn gekannt haben: ein dunkelhaariger Teerjunge, der stotterte.«
    »Reyast!«, riefen die beiden entsetzt. Blitzartig sah Pazel das sanfte, oft so verwirrte Gesicht ihres Freundes vor sich, der so gern lachte, aber so oft verlacht wurde.
    »Swellows ist ein Ungeheuer!«, zischte er. »Warum?«
    »Um das zu begreifen«, sagte Diadrelu, »müsst ihr zuerst die wahre Mission der Chathrand erfahren.«
    Und dann erzählte sie vom Besuch auf der Gefängnisinsel, vom Schaggat Ness und von den Plänen, die der Kaiser mit ihm verfolgte. Die beiden erschauerten vor Entsetzen.
    »Die Rückkehr des Schaggat wird in einer Prophezeiung angekündigt«, erklärte sie, »die Sandor Ott sich ausdachte und von seinen Spionen auf Gurischal verbreiten ließ. Er wird wiederkehren, heißt es darin, wenn ein Mzithrin-Prinz die Tochter eines arqualischen Soldaten zur Frau nimmt.«
    »Tascha«, entfuhr es Pazel.
    »Natürlich«, sagte Taliktrum. »Aber die Prophezeiung ist außerhalb Gurischals kaum bekannt. Erst wenn die Ehe vollzogen ist, die Nachricht sich wie ein Lauffeuer durch die Lande verbreitet und die Anhänger des Schaggat sich erheben, erst dann werden die Mzithrin-Könige erkennen, wie sie genarrt wurden. Und sie werden eure Tascha Isiq natürlich auf der Stelle töten.«
    »So wie Swellows Reyast getötet hat«, sagte Dri. »Er hat ihn mit einem Laken erstickt, weil es dem Jungen gelungen war, sich mit den Augrongs anzufreunden – und weil ihnen der eine zeigte, was sie bewachen: die verborgene Zelle, in der der Schaggat gefangen gehalten wird.«
    »Swellows machte das Zeichen des Baumes über dem ermordeten Jungen«, fügte Taliktrum hinzu. »Dann steckte er ihm einen Hühnerknochen in den Hals, damit es so aussähe, als sei der Junge an gestohlenem Essen erstickt.«
    Wieder wurde es still. Pazel blinzelte sich die Tränen weg. Ihm war kalt, er hatte Angst, und er hatte sich in seinem ganzen Leben noch nie so hilflos gefühlt. Aber er musste handeln, er musste nachdenken … wenn er aufgab, würde Tascha sterben.
    »Augenblick mal«, sagte er. »Die Anhänger des Schaggat wurden nach Gurischal verbannt. Das liegt weit im Westen. Die Mizzis werden nicht zulassen, dass wir Tausende von Meilen durch ihre Gewässer fahren, nur um ihn dort abzusetzen.«
    »Ganz sicher nicht«, entgegnete Diadrelu. »Aber die Chathrand hat gar nicht vor, durch die Gewässer des Mzithrin zu fahren. Sie segelt außen herum.«
    »Außen herum?«, riefen die beiden Jungen. »Durch die Herrschersee?«
    »Wohin ihr niemand folgen kann und wo niemand sie vermutet«, nickte Dri. »Deshalb musste Rose gefunden und dazu gebracht werden, noch einmal das Steuer des Großen Schiffs zu übernehmen. Kein anderer Kapitän hat sich auf die Nelluroq gewagt und überlebt.«
    »Was geschieht, wenn der Plan gelingt?«, flüsterte Pazel.
    »Bürgerkrieg im Mzithrin«, sagte Taliktrum.

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