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Windkämpfer

Windkämpfer

Titel: Windkämpfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Redick
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in Sümpfen hausen. Sie locken die Menschen in den Treibsand und nähren sich von ihren Seelen, wenn sie zugrunde gehen. Ich wusste bisher nicht, dass man sie zähmen kann.«
    Im gespenstischen Schein dieser Kugeln sah Pazel, dass die beiden ersten Fuhrwerke mit Arbeitsgerät beladen waren: Seilen und Rollen, Sägen und Eisenhaken. Der nächste Wagen sah aus wie ein Käfig auf Rädern. Mit solchen Gefährten wurden gewöhnlich Gefangene befördert. Pazel sah entsetzt, dass dieser Käfig voll war mit jungen Burschen, und auch einige Mädchengesichter schauten in die Nacht hinaus. Sie wirkten verängstigt und schicksalsergeben zugleich, als hätten sie nach so vielen Schrecken nicht mehr die Kraft, sich um die Zukunft zu sorgen.
    Der dritte Wagen war prächtiger als alle anderen und hatte ein bogenförmiges Planendach. Was sich darunter befand, konnte Pazel nicht sehen, nur ein weißes Hündchen lugte immer wieder unter dem Dach hervor und wedelte mit seinem Ringelschwanz – der einzige Fahrgast, der Freude an der Reise hatte. Der letzte Wagen war mit Leinwandsäcken und anderen Bündeln beladen.
    Hin und wieder war aus dem dritten Wagen ein raues Krächzen zu hören. Für Pazel klang es wie das Räuspern eines Menschen.
    »Verdammt!«, flüsterte Neeps. »Den Hund habe ich schon irgendwo gesehen!«
    Die vier waren hinter ihrem Grasbüschel sicher versteckt. Dennoch hielten die Jungen den Atem an, als die seltsame Prozession vorüberzog. Einige der Männer hielten schwere Armbrüste in den Händen. Keiner sprach ein Wort.
    Dann hielt der vorderste Wagen an. Die Riedlichter schwebten surrend im Kreis, dann schossen sie nach vorne, und Pazel sah quer über der Straße einen dicken Baumstamm liegen.
    »Seltsam!«, flüsterte Diadrelu. »Arunis’ Männer fahren auf diesem Weg schon seit Tagen. Der Baum muss innerhalb der letzten ein bis zwei Stunden umgestürzt sein.«
    Immer noch wortlos stiegen die Volpek ab und begannen, an dem Stamm zu zerren und darauf einzuhacken. Dabei schauten sie immer wieder ängstlich zu dem Planwagen zurück. Dann zischten die beiden Ixchel überrascht durch die Zähne.
    »Was ist?«, flüsterte Pazel.
    »Seht ihr denn gar nichts?«, fragte Taliktrum. »Im letzten Fuhrwerk versteckt sich jemand unter den Waren.«
    Das letzte Fuhrwerk war vorübergehend verlassen, seine Fahrer beteiligten sich am Kampf mit dem Baum. Doch dann sah es auch Pazel: Unter den aufgestapelten Säcken bewegte sich etwas. Ein schlanker Arm machte den Weg frei, dann erschien ein Kopf und sah sich verwirrt um.
    »Tascha!«, rief Pazel.
    Kaum zu glauben, sie war es tatsächlich. Das goldene Haar und den trotzigen Blick hätte er überall wiedererkannt. Er fühlte sich plötzlich erleichtert, gestärkt – und dann brach die Erschütterung über den Anblick über ihn herein.
    »Dieser Schwachkopf!«, sagte er. »Was in Rins Namen hat sie vor? Wo will sie hin?«
    »In einen schnellen Tod, wenn sie entdeckt wird«, sagte Diadrelu. »Arunis wird sie nicht schonen.«
    »Dummheiten!«, fauchte Taliktrum. »Warum verschwenden wir unsere Zeit mit diesen Kindern?«
    Doch schon sprang Pazel auf und stürmte auf den Wagen zu. »Pazel, nein!«, zischte Neeps, aber sein Freund beachtete ihn nicht, sondern kämpfte sich durch Schlamm und Wasserpfützen, bis er den Damm und damit festen Boden erreichte.
    Nur der fahle Schein des Mondes fiel auf den Wagen. Die Riedlichter umschwebten die Volpek, die am vorderen Ende des Zuges an der Arbeit waren. Niemand schaute nach hinten.
    Pazel mochte über Taschas Anblick erstaunt gewesen sein, doch sie fiel fast in Ohnmacht, als er plötzlich aus dem Moor auftauchte. Ungläubigkeit und Freude sprachen aus ihrem Blick. »P-Pazel? Wie …«
    »Lass den Kopf unten!«, flehte er und zog ihr einen leeren Sack über die goldenen Locken. »Was machst du denn hier?«
    »Und du?«
    »Raus aus diesem Fuhrwerk!«, befahl er. »Steig herunter! Schnell!«
    Tascha schüttelte entschieden den Kopf. »Nein.«
    »Du greimiger Dummkopf!«, zischte er und zerrte an ihrem Arm. »Du bist in Lebensgefahr! Nun komm schon!«
    Tascha sträubte sich noch immer. »Neeps hatte Recht. Für dich ist es gefährlich, mit mir zusammen zu sein. Und dies ist meine letzte Chance zur Flucht.«
    »Aber wieso mit ihm?«
    »Weil er mir eine Fahrgelegenheit bietet, kannst du dir das nicht denken? Als wir nach Ormael kamen, hörte ich, wie Ket dem Tierhändler Latzlo erzählte, er wolle von Bord gehen und nach Norden fahren – ›um einen

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