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Windkämpfer

Windkämpfer

Titel: Windkämpfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Redick
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durch Sandflächen voneinander getrennt waren. Die Riedlichter drückten sich jetzt scheu an die Fuhrwerke, als fürchteten sie, vom Salzwind fortgeweht zu werden.
    »Wir stecken schon wieder fest!«, sagte jemand. »Eine Nacht voller Spuk und Gespenster, jede Meile ein umgestürzter Baum, und jetzt diese greimigen Erdlöcher! Ob das ein Fluch ist?«
    Das erste Fuhrwerk war tatsächlich in ein Loch gefahren – eine nasse Grube im Sand, fast sechs Fuß tief und offenbar getarnt. Neeps und Pazel wechselten einen Blick. Das war kein Zufall mehr. Jemand versuchte ganz gezielt, sie aufzuhalten.
    Arunis zischte scharf. Die Riedlichter schossen wie Hunde, die man von der Leine gelassen hatte, in die Schatten des Moores zurück.
    »Geht mit den Tauchern zu Fuß voraus«, sagte er. »Aber gebt ihnen vorher etwas zu essen.«
    Pazel umklammerte die Käfigstangen. Zwei Volpek waren schon auf dem Weg zu den Proviantsäcken in Taschas Wagen. Lauf!, wollte er schreien, doch dann fiel ihm Arunis’ Befehl wieder ein. Die Männer mussten tödliche Schüsse abgeben. Es war zu spät, jetzt würde man sie entdecken. Und die Braut des Mzithrin-Prinzen würde ›Mr. Ket‹ natürlich sofort erkennen.
    Die Männer lösten die Plane und schlugen sie zurück. Im Wagen war niemand. Pazel und Neeps lehnten sich aufatmend zurück. Wenigstens war Tascha nicht dumm. Sie hatte sich im Dunkeln aus dem Staub gemacht.
    Man öffnete den Käfig und hieß die Gefangenen aussteigen. Jeder bekam einen Zwieback, ein Trinkschlauch mit Wasser ging von Hand zu Hand. Das Wasser war nicht frisch, aber Pazel hatte seinen Durst nicht nur geträumt. Nachdem er getrunken hatte, fühlte er sich schlagartig besser.
    Eine Viertelmeile hinter einem Bach endete das Gestrüpp an einer Dünenwand. Das Wellenrauschen klang jetzt ganz nahe. Ein Pfad schlängelte sich durch gelben Strandhafer die Dünen hinauf, und Pazel sah an einer Kuhle im Sand, dass hier vor nicht allzu langer Zeit ein großer, glatter und schwerer Gegenstand zum Meer geschleppt worden war.
    Es versprach ein heißer Tag zu werden. Sie stapften die Düne hinauf. Sandgrillen so hellgelb wie der Strandhafer knackten unter ihren Füßen. Dann ging es auf der anderen Seite hinunter und abermals auf und ab, und jetzt brannte der Sand bereits ein wenig unter ihren Füßen.
    Neeps schaute über die Schulter. »Wo mögen unsere kleinen Freunde jetzt sein?«, fragte er leise.
    »Wer weiß?«, gab Pazel zurück. »Aber sie werden wiederkommen. Sie haben den weiten Weg gemacht, um in Erfahrung zu bringen, was Arunis plant, und sie werden jetzt nicht aufgeben. Um Tascha mache ich mir mehr Sorgen. Mit ihrem drei Fuß langen Goldhaar kann sie sich nicht als Schwammtaucherin ausgeben.«
    »Vielleicht ist sie einfach auf dem Weg nach Norden, weg von Simja und ihrem Blutsäuferprinzen.«
    Pazel schüttelte den Kopf. »Nichts wäre mir lieber. Aber sie würde uns in dieser Lage niemals allein lassen.«
    Sie näherten sich jetzt dem Kamm der bisher höchsten Düne. Pazel sah, dass die Jungen vor ihnen stehen geblieben waren und wortlos nach unten schauten. Er kletterte die letzten Meter hinauf und hielt ebenfalls jäh an. Zu seinen Füßen lag die Geisterküste.
    So etwas hatte er noch nie gesehen. Ein heller Strand, zwei Meilen breit, erstreckte sich nach Süden bis Kap Córistel und nach Norden, so weit das Auge reichte, überall ragten schwarze Felszacken aus dem Sand, einige nicht größer als ein Karren, andere so hoch wie Türme und mit Nebelfetzen behangen. Inseln so lang und schmal wie Finger, mit dichtem Gestrüpp bewachsen, streckten helle Sandhügel über den Gischt, während sich unter Wasser ein großes schwarzes Oval ausbreitete wie ein versunkener Wald. Die Nebelfetzen waren außergewöhnlich dicht, sie hingen tief und glitten wie Wattebäusche zwischen den Felsen dahin. Doch dazwischen war die Luft klar und die Sonne schien so hell, dass Pazel meilenweit sehen konnte. Und überall an dieser schrecklichen Küste lagen die Wracks untergegangener Schiffe.
    Sie lagen auf dem Trockenen, in der Brandung und im tieferen Wasser. Ihnen am Nächsten lag ein Schiffsskelett, etwa achtzig Fuß lang, das mit seinen salzverkrusteten Rippen jede Welle strähnte wie das Haar einer Frau. Ein Stück dahinter war ein uralter Kauffahrer zwischen Felsen eingeklemmt und durch die unablässig anbrandenden Brecher in der Mitte geborsten. Am Horizont türmten sich schwarze Ungetüme wie gestrandete Wale. Meilenweit vor der Küste

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