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Windkämpfer

Windkämpfer

Titel: Windkämpfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Redick
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und dem Ufer hin und her fuhren. Auf dem hohen Felsen neben dem Lager am Ufer drehten mehrere Volpek an einer schweren Kurbel, die wie das Gangspill eines Schiffes aussah.
    Gerade holperte ein Käfig aufs Meer hinaus. Und im Inneren befanden sich, wie er mit neuem Schrecken feststellte, ein Dutzend Gefangene.
    »So also kommen wir zum Wrack«, sagte Neeps.
    »Ich will nach Hause!«, schluchzte der kleine Junge. Das tholjassanische Mädchen mit den großen Augen fasste ihn an den Schultern, beugte sich über ihn und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Der Junge hörte auf zu weinen und schniefte nur noch.
    Im Lager waren mindestens zehn schwer bewaffnete Volpek zugange. Neben den Männern an der Kurbel und am Ausguck drängten sich viele um einen Haufen, der auf den ersten Blick nur aus schleimbedeckten Felsen in undefinierbaren Farben zu bestehen schien. Die Männer machten sich mit Hacken und Meißeln oder mit den bloßen Händen über die Gebilde her, sie rissen Tangwedel ab, schlugen Korallenkrusten weg und befreiten sie von Seepocken. In den meisten Fällen fanden sie nur Steine. Doch manchmal kam unvermittelt die ursprüngliche Form zum Vorschein: eine Seekiste, eine zerbrochene Amphore oder die Büste irgendeines längst vergessenen Prinzen. Ein Vogelbad aus einer Riesenmuschel, ein Steinadler mit abgebrochenem Flügel, ein gebogener, goldbeschlagener Elefantenstoßzahn. Aber die Männer schoben diese Schätze beiseite, ohne sie groß zu beachten. Sie waren offensichtlich hinter etwas ganz anderem her.
    »Suchen sie nach dem Roten Wolf?«, fragte Pazel einen der Bewacher.
    »Natürlich! Und jetzt zurücktreten!«
    Ein weiterer Käfig näherte sich dem Ufer. Er war ebenfalls mit Fundstücken beladen. Als er sich über einem hohen Berg aus frisch aufgeworfenem Sand befand, rief eine Stimme: »Halt!«
    Der Mechanismus kam zum Stillstand; Männer mit Netzen und Stangen erklommen den Haufen. Einer zog an einem Riegel, und der Käfigboden klappte herunter wie eine Falltür. Das geborgene Gut fiel in die wartenden Netze. Ein Wachhauptmann sah sich um. Sein Blick fiel auf die Neuankömmlinge.
    »Zehn Taucher!«, rief er.
    Die Volpek schnappten sich wahllos zehn junge Leute, darunter Pazel und Neeps, das Mädchen mit den großen Augen und den kleinen Jungen. Alle wurden den Sandhaufen hinaufgetrieben und nacheinander hochgehoben.
    »Packt die Stangen. Klettert hinein!«, brüllten die Bewacher.
    Die jungen Leute konnten den schwankenden Käfig nur mit Mühe erreichen. Zitternd vor Angst zogen sie sich hinein und hielten sich mit Händen und Füßen an den Seiten fest. Als der letzte Junge oben war, verriegelten die Männer die Falltür von außen.
    »Kein Grund zur Aufregung!«, spotteten sie. »Gute Fahrt.«
    Noch ein Schrei, und der Käfig setzte sich meerwärts in Bewegung. Die Gefangenen umfassten krampfhaft die vom Salz glitschigen Stangen. Unter ihnen ging der Sand in Gischt über. Der Käfig fuhr langsam. Pazel hatte Zeit, um zurückzuschauen. Arunis’ Planwagen kam über die Dünen, aber er rollte nicht etwa, sondern wurde getragen.
    Dann rief Neeps: »Schau!«, und Pazel drehte sich noch rechtzeitig um, bevor die Messingkugel vom Kranarm verschwand – nein – geradewegs durch die Hauptluke der Barkasse stürzte. Ein fernes Wummern war zu hören, Wasser spritzte aus der Luke, dann rasselte eine dicke Kette vom Kran in die Tiefe. Und Pazel begriff, dass dort keine Luke war, sondern ein quadratisches Loch, das durch den ganzen Rumpf ging.
    Ein Tauchschacht. Natürlich.
    »Sie werden uns in das Ding stecken, nicht wahr?«, fragte Neeps.
    »Ja«, antwortete das Mädchen.
    »Du verstehst offenbar eine Menge vom Tauchen«, sagte Pazel. »Kannst du schätzen, wie tief da draußen das Wasser ist?«
    Sie betrachtete stirnrunzelnd die Wellen. »Zwölf Faden?«
    »Beim leibhaftigen Lord Rin!«, rief Neeps. Zwölf Faden waren mehr als siebzig Fuß. Wie konnte jemand so tief tauchen? Aber das Mädchen blieb ruhig. Pazel fand ihre Ruhe fast schon aufreizend. Nur das Gerede über Gespenster hatte sie etwas erschüttert.
    »Mit dem Wasser stimmt etwas nicht«, sagte sie und deutete auf das Zielgebiet. »Seht ihr, wie grün es ist? Ich glaube, das Wrack liegt in einem Tangwald.«
    Sie hatte Recht. Um die Stelle, wo die Bathysphäre eingetaucht war, schimmerte das Wasser fast überall grün.
    »Aber wird es dadurch nicht viel schwerer, etwas zu finden?«
    Das Mädchen nickte nur, ihr Gesicht blieb ausdruckslos. Ihr Name sei Marila,

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