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Windkämpfer

Windkämpfer

Titel: Windkämpfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Redick
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gepackt. Zwei hünenhafte Volpek, nur mit Lendentüchern bekleidet und mit Messern bewaffnet, zogen ihn in die metallische Finsternis. Es war feucht und kalt. Jeder Laut wurde durch starke Echos verzerrt. An den Wänden waren Netze und Klettergriffe angebracht.
    Ganz oben befanden sich Bänke. Am Scheitelpunkt der Kugel hingen verschiedene Rollen und aufgewickelte Seile.
    Bald hatten alle Gefangenen in der Kugel Platz genommen. Jeder bekam wie versprochen ein Tauende mit Sack, Ring und Haken gereicht. Die Säcke hatten kleine Löcher, damit das Wasser abfließen konnte, und waren mit Zugschnüren zu verschließen. Pazel sah, wie Marila eine Hand durch ihren Ring steckte und ihn bis zum Ellbogen hochschob. Sie zog seinen Blick auf sich.
    »Auf diese Weise … nicht fallen lassen«, glaubte er zu hören (das Echo war verwirrend). »Dein Seil verlierst … nie mehr zurück … die vielen Wedel.«
    »STILL JETZT!« , brüllten die Wärter. Sie machten sich allein durch ihre Lautstärke verständlich. »HALTET EUCH AN DEN GRIFFEN FEST!«
    Ein Ruck ging durch die Kugel, als hätte jemand an der Schnur einer Marionette gezogen. Und dann fielen sie. Das Meer schien ihnen entgegenzuspringen. Es gab einen ohrenbetäubenden Knall, und das Wasser sprudelte bis zu ihren Knöcheln hoch, bevor es von der eingeschlossenen Luft aufgehalten wurde. Durch die Fenster sahen sie die Wände der Tauchöffnung, dann den Boden der Meeresbarkasse und schließlich die dunklen, blaugrünen Weiten unter sich. Schlagartig wurde es still. Die Gefangenen umklammerten die Klettergriffe mit zitternden Fingern. Das Wasser in der Kugel stieg.
    »Schlucken!«, sagte Marila. »Immer und immer wieder! Und sperrt den Mund weit auf, sonst sprengt es euch die Ohren!«
    Sie machte es vor. Pazel ahmte sie nach und sah, dass Neeps und die anderen es ebenso hielten. Die Luft wurde tatsächlich immer dichter, und Pazel spürte den Druck in den Ohren, in der Nase und in der Brust. Das Wasser stieg ihnen über die Schienbeine.
    Neep runzelte angestrengt die Stirn. Alle konzentrierten sich. Sogar Mintu hatte eingesehen, dass ihm Tränen nichts nützten. Wieder schaute Pazel durch die Fenster nach draußen. Nichts als blaues Wasser – und dann, wie grüne Flammen auf allen Seiten, der Tang.
    Der Name Flügeltang passte genau. Die dicken, flachen Wedel ragten schnurgerade nach oben, dazwischen war nur ein Abstand von wenigen Zoll. Pazel sah erstaunt, wie zart die Pflanzen waren und wie schön. Sie leuchteten in der Mittagssonne, aber weil sie so aufrecht standen, stießen deren Strahlen wie lange Lichtspeere durch die schmalen Zwischenräume, überall schossen kleine Fische und winzige durchsichtige Krebse umher. Meter um Meter lief gemächlich vor seinen Augen ab.
    Plötzlich wurde es kalt. Das Wasser hatte seine Hüften erreicht.
    »SCHWIMMT HINAUF ZU DEN BÄNKEN!«, brüllten die Volpek. »ABER LASST DIE GREIMIGEN TAUE NICHT LOS!«
    Als sich die Kugel mehr als zur Hälfte mit Wasser gefüllt hatte und alle Jugendlichen auf den Bänken kauerten, kam sie zum Stillstand. Pazel schaute durch die Öffnung nach unten. Da, dreißig bis vierzig Fuß unter ihnen, war das Sand?
    Er hatte wenig Zeit, darüber nachzudenken. Schon schrien die Volpek wieder. »BLEIBT DICHT BEI EUREN KAMERADEN, ABER NICHT ZU NAHE. WENN SICH DIE LEINEN VERHEDDERN, ERTRINKT IHR ALLE.«
    Mit diesen Worten reichte ein Volpek dem kleinen Mintu einen schwarzen Stein. Er war schwerer, als der Junge gedacht hatte, sodass er ihn beinahe fallen ließ. Pazel begriff, dass es sich um ein Bleigewicht handelte. Dann packte der Volpek den Kleinen am Arm, zerrte ihn von der Bank und stieß ihn in die Tiefe. Sein Seil hinter sich herziehend, die Augen fest auf seine Schwester gerichtet, verschwand er durch das Loch.
    Marila wartete nicht, bis die Reihe an ihr war. Sie holte sich selbst ein Gewicht und stieß sich von ihrer Bank ab. Sekunden später war auch sie nicht mehr zu sehen. Neeps sah Pazel in die Augen.
    »Nun denn«, sagte er und tastete über sich nach einem Gewicht. »Bringen wir es hinter uns.« Und dann sprang auch er.
    Pazel hatte schon die ganze Zeit so etwas wie Angst zu spüren geglaubt, doch jetzt wurde ihm klar, dass das noch nicht einmal der Anfang gewesen war. Sein Herz raste. Konnte er nicht einfach still hier sitzen bleiben? Noch waren sechs Taucher in der Kugel. Vielleicht wählte man ihn als Letzten. Vielleicht fand einer von ihnen den Wolf so schnell, dass er gar nicht zu tauchen

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