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Windkämpfer

Windkämpfer

Titel: Windkämpfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Redick
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Storch, der die Goldsucher davon abzubringen sucht, seinen See zu vergiften. Und selbst in den Gassen von Etherhorde will man mehrere sprechende Katzen angetroffen haben. Im Meeresboten stand ein Artikel darüber.«
    Sniraga strich ihnen schnurrend um die Beine. Rose starrte aus dem Fenster. Ein Unfall, dachte er. Es gibt so viele Arten von Unfällen …
    Sie hatten den Hafen fast erreicht: Er hörte ein dumpfes Tosen, das musste das Anmustern der Besatzung sein. Wieder hielt die Kutsche an. Der Schlag wurde geöffnet, und Ignus Chadfallow stand vor ihm.
    Diesmal war Rose wenigstens vorbereitet, wenn auch nicht erfreut; der Arzt war Sondergesandter des Erhabenen und reiste sozusagen als lebendes Siegel auf bestimmte Zusagen des Kaisers in der ganzen Welt herum. Wo Chadfallow erschien, wurde Magads Wort gehalten. Rose hätte sich denken können, dass der Arzt mit von der Partie sein würde.
    Chadfallow schien dagegen wie vom Donner gerührt. Er erbleichte, betrachtete den Kapitän mit starrem Blick und machte keine Anstalten, in die Kutsche zu steigen.
    »Rose«, sagte er.
    Der Kutscher, der wieder den Schlag offen hielt, begann zu zittern. Oggosk lachte unter ihrer Kapuze.
    »Nur herein mit Ihnen, Doktor«, forderte Rose ihn auf. Und fügte mit einem Blick auf Bolutu hinzu: »Wenn die Gesellschaft Sie nicht stört.«
    Chadfallow regte sich nicht.
    »Natürlich müssen Sie diesmal auf den Gästesalon verzichten«, fuhr Rose fort. »Der ist Isiq und seiner Familie vorbehalten.«
    »Aber das muss ein Irrtum sein«, sagte Chadfallow. »Sie waren doch auf den Pelluriden.«
    »Richtig«, sagte Rose. »Aber das geht Sie nichts an.«
    »Es kann nicht sein, dass man Ihnen die Chathrand gegeben hat.«
    Roses Gesicht verzerrte sich vor Wut, und er beugte sich vor. Oggosk legte ihm die Hand auf den Arm. Der Kapitän fuhr zu ihr herum, hielt inne und lehnte sich wieder zurück. Dann deutete er mit spitzem Finger auf Chadfallow.
    »Noch sind wir an Land, Doktor, und hier können Sie sagen, was Sie wollen. Aber morgen laufen wir aus. Vergessen Sie das nicht. Denn ich bin der Kapitän des Großen Schiffes. Und wenn Sie an Bord gehen wollen, dann seien Sie gewarnt: Auch wenn Sie der Abgesandter des Erhabenen sind – auf dem Wasser gilt nur mein Gesetz. Das Gesetz von Nilus Rotheby Rose. In diesem Namen stecken ein Dorn, ein Bienenstachel und eine Klinge: meine Eltern wussten, was sie wollten, als sie mich ›Nilus‹ – Dolch – nannten. Steigen Sie ein!«
    »Nein.« Chadfallow schüttelte langsam den Kopf. »Ich werde nicht mit auf Ihrem Schiff fahren.«
    Ihre Blicke trafen sich. Rose schwankte zwischen Genugtuung und Verärgerung.
    »Nun«, sagte er endlich, »das müssen Sie mit dem Kaiser abmachen. Erwarten Sie nicht, dass ich Sie anflehe. Kutscher!«
    Dem Kutscher wurden die Knie weich, und er schrumpfte auf einen Schlag um drei Zoll.
    »Hör auf zu gaffen, du vertrottelter, räudiger Köter, und fahr endlich weiter.«
    Wenig später verschwand die Kutsche um die nächste Straßenecke. Chadfallow stand da wie angewurzelt, er konnte sich nicht erinnern, schon einmal so erschüttert gewesen zu sein. Als die Träger mit seiner Seekiste die Schenke erreichten, wusste er nicht, was er ihnen sagen sollte.

5
     
    Z UM G ELEHRTEN GEBOREN
     
     
    Vaqrin 941
    6.40 h
     
    Nachdem die Eniel hinter der Landspitze verschwunden war, trieb sich Pazel eine Stunde lang verzweifelt an der Mole herum. Die Fischer bemühten sich zunächst um ihn und beteuerten, an Land sei er hier besser aufgehoben als im weitläufigen Etherhorde, wo kleine Jungen am helllichten Tag von den Flikkern eingefangen und in den Tuchfabriken an die Webstühle gekettet würden. Ein alter Mann lud ihn sogar zum Frühstück ein. Doch bevor Pazel annehmen konnte, schallte der Schrei »Kriechlinge! Kriechlinge!« über den ganzen Kai, und die Männer stürmten in Scharen ans Ufer. Pazel blieb fröstelnd sitzen, löste alte Nägel aus dem Steg und warf sie in die Bucht, während er im Stillen den Namen Ignus Chadfallow verfluchte.
    Der Mann war ein Lügner und hatte ihn sein Leben lang an der Nase herumgeführt. Als Pazel noch mit Mutter und Schwester in Ormael in einem Steinhaus über der Stadt wohnte, hatte er Chadfallow für einen großartigen und gütigen Menschen gehalten. Sein eigener Vater, Kapitän von Beruf, hatte den Arzt zum ersten Mal mit nach Hause gebracht, als Pazel sechs Jahre alt war und ihn der Familie als ›unseren berühmten Freund aus Etherhorde, der

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